13. Kapitel

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Lou wagt es nicht mehr, ihm in die Augen zu sehen. Sie wagt gar nichts mehr, steht einfach nur noch starr da. So als sei sie eine Staue, ein Dekorationsmittel und mehr nicht.

Es würde sie auch nicht wundern, wenn Malfoy sie als solches ansehen würde. Malfoy... Sie soll ihn Lucius nennen. Die ganze Sache auf eine persönlichere Ebene bringen. Aber das will sie nicht, sie will ihn nicht kennen lernen. Lou fürchtet, Schreckliches zu entdecken. Immer schlimmere Dinge über ihn zu erfahren. Sie weiß bereits, dass er ein Todesser gewesen ist und nur wegen seines Geldes und dem Selbstmord seiner Frau freikommen konnte. Malfoy birgt Geheimnisse, ist ein gefährlicher Mann.

Aber keine Sorge, ich habe Zeit und werde mich ausgiebig um dich kümmern. Bei diesen Worten, die sie für sich selbst in Gedanken wiederholt, wird ihr ganz anders. Es ist der einzige Gedanke, den sie dauerhaft vor ihrem inneren Auge sieht, schließlich ist sie benebelt von seinem Griff.

„Hast du mich verstanden?", sagt er leise wie immer und haucht es in ihr Ohr.

Lou bekommt die Frage kaum mit, ist viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Sie bekommt Panik, fürchtet zu ersticken. Er hält sie schon viel zu lange, sie kann nicht mehr. Das Maß ist überschritten, ihre Augen schließlich sich immer mehr. Sie beginnt zu zappeln, aus Panik. Wirft all die Warnungen über Bord und vergisst, dass sie eigentlich ruhig sein sollte. Es spielt keine Rolle mehr, das Einzige was sie braucht, ist Luft. Sie ist überrascht, es überhaupt so lange durchhalten zu können, Menschen können wohl länger die Luft anhalten als gedacht.

Ihr Hals schmerzt, alles schmerzt. Malfoy zerquetscht sie förmlich.

Die Augen schließlich sich.

Als das passiert, spürt sie, dass er locker lässt. Er nimmt die Hand zwar nicht weg und ist noch immer alles andere vorsichtig, aber die Luft kann wieder ihre Lunge erreichen und erfüllt ihre Atemwege.

Es schmerzt.

Den Druck auf ihrem Hals spürt sie noch immer, es fühlt sich fast so an, als würde Malfoy ihn noch immer zerdrücken. Der Druck in ihrem Kopf verlässt sie nur langsam, sie schnappt nach Luft, öffnet und schließt den Mund, um möglichst viel Sauerstoff aufzunehmen.

Ihr Kopf tut zwar noch weh, aber immerhin beruhigt sie sich. Der Puls schlägt sehr schnell und sie hat immer noch Angst, da seine Hand auf ihrem Hals locker ruhen bleibt, aber immerhin bekommt sie Luft und röchelt leicht.

Am liebsten würde sie auf den Boden sinken und sich hinlegen, ausruhen und möglichst viel Luft aufnehmen.

Malfoy lässt endlich von ihrem Ohr ab und dreht den Kopf ganz langsam nah an ihrem, sodass sie seinen Atem die ganze Zeit spürt.

„Ob du mich verstanden hast?", fragt er gefährlich nahe an ihrem Ohr, sodass sie zu zittern beginnt.

Zu nicken traut sie sich nicht, zu groß die Angst wieder von seiner Hand zerquetscht zu werden bei der kleinsten Bewegung. Andersherum wäre es zwar wahrscheinlicher, dass er wieder zudrückt wenn sie kein Zeichen gibt, doch im Moment ist sie einfach nicht dazu in der Lage, abstrakt zu denken.

„J-ja.", krächzt sie deshalb, kaum hörbar.

Auf Malfoys Visage, auf die perfekt der Handabdruck von Lou passen würde, breitet sich ein breites Grinsen aus. „Sehr schön... dass man immer erst so brutal werden muss...", murmelt er gehässig und lässt schließlich von ihr ab, entfernt sich einen Schritt, löst sich so vollkommen von ihr und mustert sie. „Jetzt ist dein Hals rot... naja, wird wieder."

Lou versucht ihn mit Blicken zu erdolchen, ihre Atmung geht noch immer unkontrolliert, sie ist so zerbrechlich und kann sich nicht auf den Beinen halten. Ihr Gleichgewichtssinn ist gleich null und sie sinkt gezwungenermaßen auf den Boden, die Hände an ihrem Hals. Sie streicht ungläubig darüber, verkneift sich mit aller Mühe die Tränen. Sie fühlt sich so elend.

So schaut er auch auf sie hinab. Auf dieses kleine, zusammengekauerte, elende Bündel und lächelt noch immer erhoben. Das Kinn wieder arrogant nach oben gestreckt, mustert er sie haargenau.

Lou wagt es noch immer nicht zu sprechen, bleibt einfach sitzen und beruhigt sich immer mehr.

„Ich hoffe du machst jetzt auch nicht mehr den Fehler mich Malfoy zu nennen. Denn so heiße ich für dich nicht.", gibt er von sich, geht wieder zu dem Sessel und lässt sich darauf nieder, lehnt sich zurück und spielt mit seinem Gehstock. Dass Malfoy diesen nicht mal bei sich zu Hause weglässt... unglaublich, schließlich benötigt er ihn nicht zum Abstützen.

Mit seinen Augen, die jetzt funkeln, mustert er sie. „Na komm schon", sagt er ruhig, so als wäre nie etwas passiert.

Arschloch, der meint, jeder müsse nach seiner Nase tanzen.

Vielleicht stimmt das auch, zumindest in dem Moment.

Lou will etwas sagen, oder eher krächzen. Sie braucht etwas zu trinken, längere Gespräche kann sie in dem Zustand wohl eher kaum mitmachen.

Als sie sich nicht erhebt und auch keine Anstalten dazu macht, hebt er abwartend die Braue. „Soll ich dir etwa helfen?"

Durch Lous Lippen kommt kein einziges Geräusch, doch seine Worte zeigen Wirkung. Sofort erhebt sie sich, geht schwankend auf ihn zu. Die blauen, sich bewegenden Flecken vor ihren Augen, die eine nahende Ohnmacht ankündigen, ignoriert sie. Das heißt: Sie ignoriert sie nicht, sie kann nur nicht darauf Rücksicht nehmen. Wer weiß was Malfoy sonst noch mit ihr macht.

Ihre Beine sind zittrig wegen Malfoys Taten und der Angst, die sie vor ihm hat.

Sie schleppt sich vor ihn und er schaut zu ihr hoch. Diesmal ist sie diejenige in einer höheren Postion.

Anders als erwartet hält er glücklicherweise den Mund und macht nur eine Handbewegung zum schwarzen, sehr edlen Sofa. Würde Lou schätzen, würde sie sogar annehmen, dass es schon antik ist, dafür aber in einer sehr guten Verfassung. Alles hier schreit nach Geld. Es ist so protzig eingerichtet und damit leider schon wieder nicht schön. Zumindest nicht in ihren Augen, denn sie ist so etwas nicht gewohnt.

Mit einer weiteren Handbewegung ruft er wohl einen Hauselfen herbei, der auch direkt neben ihn appariert. Es ist ein Anderer als der, den sie in der Schneiderei gesehen hat.

„Bring unserem Gast ein Glas Wasser.", sagt er in einem abfälligen Ton, mit dem er Lou bisher noch nicht angesprochen hat. Natürlich spricht er mit ihr auch arrogant und selbstgefällig, absolut von sich überzeugt. Aber abfällig in dem Sinn wie mit den Hauselfen hat er noch nie mit ihr gesprochen.

„Oder willst du lieber etwas Anderes, Liebes?", fragt er sie nun und lässt sie nicht aus den Augen. Kein Hauch von Verachtung ist mehr in seiner Stimme, sie ist ganz ruhig. Zu ruhig für ihren Geschmack.

Ehrlich gesagt ist ihr auch der Durst vergangen.

Liebes

Dass er es wagt, sie so zu nennen. Ihre Hand ballt sich zur Faust und sie ist sich zu 100 Prozent sicher: Er will was von ihr, vermutlich auf sexueller Ebene. Es beunruhigt sie sehr. Von diesem Mann begehrt zu werden... Seine Hände auf ihren Körper, an ihrem Hals zu spüren... und seine Lippen und die Zunge...

Lou kneift die Augen zusammen und bricht den Gedanken ab.

Es ist einfach widerlich und von einem Zauberer in seinem Stand hat sie so etwas nicht erwartet. Eine einzige Frechheit und Belästigung ist es.

Sie weiß nicht, ob sie den Satz noch bereuen wird, der sich in ihr bildet. Lou weiß auch nicht, ob sie es wirklich wissen will. So betrachtet weiß sie es ja schon, aber sie will sicher gehen. Mit der winzigen Hoffnung, falsch zu liegen.

„Was wollen Sie von mir?", fragt sie schließlich und atmet tief aus. Es könnte für sie die wichtigste Frage bezogen auf ihn sein, die sie seit der ersten Begegnung beschäftigt.

Besitz, Liebe, Schmerz, Zweifel - Lucius MalfoyWhere stories live. Discover now