40. Kapitel

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Die Hand, die eben noch zum Teil in ihr drin gewesen ist, greift nun an ihr Kinn. Er beugt sich zu ihr vor, berührt mit seiner Nase die ihre. „Wer war das? Wer war der Erste? Sag es mir, damit ich ihn dafür bestrafen kann."

So wütend hat Lou ihn noch nie gesehen. Sofort fühlt sie sich unbehaglich und beginnt zu zittern. Sie erinnert sich an das, was er ihr schon alles in seiner Wut angetan hat.
Was würde er John antun, wenn sie ihn verrät?

Lou schluckt. Das wird sie nicht zulassen können. Zwar ist John für kurze Zeit ihr Freund gewesen und die beiden haben heute auch keinerlei Gefühle mehr zueinander, aber sie kann da nicht noch eine unschuldige Person mit reinziehen und ihn sterben lassen.

So wie Malfoy aussieht, würde er vor einem Mord nicht zurückschrecken. John tot zu sehen... Ein Schauder läuft ihr über den Körper. Nein, sie kann das nicht zulassen. Egal was er mit ihr tun wird.

„SAG ES!", brüllt er sie an. Spucke von ihm landet auf ihren Lippen. Lou versucht irgendwie die Ruhe zu bewahren, obwohl sie schon wieder Todesangst hat.

Lucius' Griff um ihr Kinn wird immer fester. Sie fürchtet, ihre Kiefer könnten brechen, wenn er so weiter macht.

Selbst wenn sie antworten wollen würde, dann könnte sie es nur kaum, weil er es so stark zusammenpresst.

Sie sieht, wie sein Körper zu beben beginnt. Vor Wut. „Ich kann das so nicht stehen lassen.", sagt er, seine Zähne sind selbst zusammengebissen. „Ich werde es nie vergessen. Er verdient seine gerechte Strafe. Und du solltest sie eigentlich auch bekommen."

Seine freie Hand ballt sich zur Faust, er ist wie sie vollkommen angespannt. „Ich beanspruche dich als das Meinige. Du gehörst mir. Das habe ich dir schon mehrmals gesagt. Ich kann nicht akzeptieren, dass jemand anderes dich beschmutzt hat, dich besessen hat. Selbst wenn es nur für kurze Zeit gewesen ist. Niemand wird dich jemals wieder anfassen! Vertraue darauf, dafür werde ich sorgen!"

Seine Stimme wird immer lauter, immer bedrohlicher. Sein Brustkorb hebt und senkt sich.

„Sag mir, wer es ist. Ich muss es wissen."

Als Lou nicht einmal Anzeichen macht, etwas zu sagen, schreit er schmerzerfüllt auf. Er muss zutiefst verletzt sein.

„Wieso nur?", fragt er frustriert.

Lou nimmt all ihre Kraft und Mut zusammen und spricht kaum verständlich: „Das war vor unserer Zeit... ich bin erwachsen und konnte ja nicht ahnen, dass...", indem er sie ein paar Meter weit zu Boden wirft, unterbricht er sie.

Er lässt sie los und sie muss sich schmerzhaft mit den Händen abstützen, um sich beim Aufprall nicht wehzutun.

Glücklicherweise sind dort keine Scherben mehr. Dafür tritt Malfoy ihr mit dem Fuß in die Seite.

Sie stöhnt vor Schmerz auf, dreht sich um und krampft sich zusammen. Es tut höllisch weh, obwohl er gar nicht mal so fest getreten hat. Sie liegt mir ihrem Rücken auf dem Boden, was zusätzlich unangenehm ist.

Malfoy steht über ihr, ist in seiner ganzen Größe aufgerichtet. Lou kneift die Augen vor Schmerz zusammen. Sie ist sich nicht sicher, ob Malfoy sie nicht doch umbringen würde.

Er wirkt so aufgebracht... Aber woher hätte sie denn wissen sollen, dass so jemand wie Malfoy sie unbedingt mal besitzen will? Es ist doch nicht ihre Schuld! Warum finden es Männer schlimm, wenn sie nicht die Ersten sind? Er ist viel zu besitzergreifend. Vielleicht liegt es daran.

„Du...", in seiner Stimme liegt eindeutig eine Drohung. „Steh auf."

Lou, die sich noch am Boden krümmt und nach Luft schnappt, sucht irgendetwas, an dem sie sich hochziehen könnte. Sie findet nichts in ihrer näheren Umgebung. Außerdem schmerzen ihre Handgelenke. Das Letzte was sie jetzt will ist, seinen Befehlen nicht zu befolgen und ihn zusätzlich zu provozieren.

Mit allergrößter Anstrengung setzt sie sich auf und hält eine Hand auf die Trittstelle. Es ist nichts gebrochen oder so, aber es tut sehr weh. Es fühlt sich so an, als sei alles eingedrückt worden.

Mit einem schmerzhaften Zischen, welches sie nicht unterdrücken kann, rafft sie sich hoch.

Dabei steht sie sehr schief und unsicher da und schaut weiterhin auf den Boden. Sie kann ihm nicht in die Augen sehen. Verdammt, sie muss durchhalten! Hier geht es um mehr als nur um sie.

„Ich gebe dir noch eine Chance, es zu sagen. Wenn du es jetzt sagst, dann wird dir nicht passieren und du wirst keine Konsequenten davon tragen."

Der Kompromiss ist verlockend. Aber sie kann darauf nicht eingehen. Sie darf nicht. Lou könnte es sich nie verzeihen.

„Wirst du ihn töten?", fragt sie zögerlich, kann dabei nicht anders, als zu schlucken. Einerseits wegen ihrer Seite, anderseits wegen der Angst vor der Antwort.

Ein kaltes, freudloses Lachen erschallt im ganzen Raum. Alleine das wäre schon Grund genug dafür, die Flucht zu ergreifen. „Du willst wissen, was ich mit ihm machen werden, ob ich ihn umbringen werde?", fragt er mit einer verzerrten Fratze. „Ich werde dir seinen abgetrennten Kopf vor die Füße werfen. Ist dir das Antwort genug?"

Lou schaut geschockt zu ihm auf. Warum müssen ihre Befürchtungen nur immer wahr werden? Sie ist erst seit so kurzer Zeit bei ihm und schon möchte er über Leichen gehen! Wenn das so weiter geht, tötet er die gesamte Zaubergesellschaft!

„Bitte tue das nicht, ich..."

„Schweig, wenn du mir nichts Vernünftiges zu sagen hast!", herrscht er sie an. Seine Mimik zeigt wieder keinerlei Emotionen. Wie kann das möglich sein?

Mit schnellen Schritten kommt er näher zu ihr, drängt sie zurück an die Wand.

Sie muss zurückgehen, auch wenn sie das nicht will und kaum kann. Er nimmt keine Rücksicht auf sie. „Bitte... ich gebe mir doch für dich Mühe! Das ist vergangen. Du hast doch gesehen, was das hier mit mir macht.", haucht sie voller Angst, im Versuch ihn irgendwie zu besänftigen.

„ICH HABE GESAGT, DASS DU DEINE FRESSE HALTEN SOLLST! Denkst du ernsthaft, diese Ausreden machen es besser? Es ist mir vollkommen egal! Mich damit erpressen, dich umzubringen, bringt dir nichts. Denn es wird dir nicht mehr möglich sein."

Mit diesen Worten drängt er sie endgültig an die Wand, hebt seine Hand und greift damit blitzschnell an ihre Kehle. Er drückt sie zurück und dann zu. Sein Griff ist fest und unnachgiebig, vollkommen erbarmungslos.

Lous Augen weiten sich, sie kann nichts tun, außer ihn flehend anzusehen.

Ihre Luft wird immer knapper. Malfoy hat das schon viel zu oft getan. Irgendwann wird sie dabei wirklich drauf gehen. Selbst wenn es so wäre: Es wäre ihr egal.

Gegen das Zappeln ihres Körper, das nach etwa einer Minute einsetzt, kann sie nichts tun. Sie kann allgemein nichts tun. Wieder einmal ist sie seiner Gnade ausgeliefert. Es zählt nur, was er will. Ihr Wohlbefinden spielt absolut keine Rolle. Und das Schlimmste: Lou ist das bewusst.

„Sag es mir! Ich werde nicht aufhören, bis du es mir sagst. Hebe die Hand, wenn du endlich aufgibst. Dann werde ich sofort hiermit aufhören. Aber wage es nicht, mich betrügen zu wollen. Ich lasse das nicht mit mir machen.", knurrt er noch immer schier unaufhaltsam.

Lous Augen schließen sich, sie kann sie nicht mehr offen halten. Sie braucht Luft! Sofort! Sie versucht welche in ihre Lunge zu bekommen. Jedoch ist es nur so wenig, dass es zum Atmen nicht reicht. Sie röchelt, gibt ungute Geräusche von sich. Ihr Kopf läuft rot an und schmerzt.

Er will einfach nicht loslassen!

Besitz, Liebe, Schmerz, Zweifel - Lucius MalfoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt