97. Kapitel

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„Was?", fragt Lou und stemmt die Hände in die Seiten. „Ich kann meine damaligen Gefühle zwar nicht mehr nachvollziehen, aber was zählt das denn noch, hmm? Jetzt bin ich hier, bei dir, liebe dich und sorge mich um dich! Vorher war ich ein Kind, jetzt bin ich mehr gereift und habe die Erkenntnis gesammelt, dass ich dich liebe."
Lucius betrachtet Lou. „Wie kannst du so davon überzeugt sein?"

„Ich bin mir meiner Gefühle sicher."

Lucius streicht ihre Hand von seinem Kinn weg und geht einen Schritt zurück. „Du hast mehrmals betont, dass du mich nicht liebst. Du kannst jetzt nur nicht mehr nachvollziehen wie es ist, mich nicht mehr zu lieben."

Lou betrachtet seinen aufgeregten, schnellen Atem. Seine Nasenflügel öffnen und schließen sich. Seine Aussage... Es scheint so, als würde er sie daran erinnern wollen. Warum tut er das, das bringt beiden doch nichts als Schmerz!

„Aber das ist doch gut. So weiß ich nur, wie es ist dich zu lieben. Ich kenne keine anderen Gefühle mehr als Liebe zu dir."

Seine Augenbrauen ziehen sich zusammen und er beginnt im Raum auf und ab zu laufen. Er schweigt, denkt nach.

Nach ein paar Sekunden bleibt er stehen und dreht sich zu ihr um. „Du hast recht. Du hast vollkommen recht." Er schaut auf den Boden und dann auf. „Das ist fantastisch."

Lou nickt sofort und lächelt. Lucius' Mundwinkel zucken. Er ist sich offenbar noch nicht ganz sicher, doch er schüttelt den Kopf und kreist die Schultern nach hinten.

„...", Er fängt noch einmal von Neuem an, nachdem er ansetzen wollte und doch nichts gesagt hat. „Wenn das nun auch geklärt wäre..., können wir uns wichtigeren Themen zuwenden. Beispielsweise den weiteren Vorbereitungen. Ich habe einen Plan erstellt und werde diesen den Hauselfen darlegen. Du wirst in der Zeit an meiner Seite sein, verstanden?"

Lou nickt sofort und geht ein paar Schritte auf ihn zu. Sein Arm zuckt, als wolle er ihn nach ihr ausstrecken.

Er räuspert sich und klatscht einmal in die Hände. Augenblicklich tauchen etliche Hauselfen vor ihm auf. Es sind bestimmt über 20. So viele Hauselfen besitzt Lucius?

Sie schaut ihn überrascht an, er jedoch erwidert nichts. Er zieht sie nicht einmal an seine Seite, so wie sie es von ihm erwartet hättet.

Stattdessen erhebt er die Stimme und erteilt Befehle. Er zählt alle Aufgaben auf, die erledigt werden müssen. So wird zum Beispiel eine alte Hauselfe dazu eingeteilt, Lous Haare am großen Tag zu machen und ihr beim Anziehen zu helfen.

Nachdem alle Aufgaben verteilt sind, huschen die Hauselfen aufgeregt herum. Seltsam, dabei haben sie doch noch fast zwei Tage Zeit!

Die meisten von ihnen gehen vor allem in den Garten und in den großen Speisesaal, um schon einmal zu schmücken.

Lucius betrachtet das noch einige Zeit, in der er, wie auch Lou, in dem Raum herumsteht.

Plötzlich setzt er sich in Bewegung und kommt auf sie zu, hält ihr auffordernd den Arm hin. Kurzerhand und überglücklich ergreift Lou diesen. Sie fühlt sich so als würde sie an seinen Arm gehören. Man könnte seinen mit ihren Arm fesseln; sie würde nicht versuchen, loszukommen. Das ist das Besondere, das sich geändert hat. Sie lässt seine Nähe zu, genießt sie sogar. Es ist unmöglich, dass ihre Erinnerungen ihr sagen, sie hätte davor Angst gehabt. Ihre Erinnerungen müssen trügerisch sein, Einbildung! Vielleicht hat sie es nicht gemocht – obwohl selbst das unverständlich ist, aber von Angst kann doch nicht die Rede sein!

Er führt sie aus den Raum in den Speisesaal hinein. Die Hauselfen sind hier nicht, weil sie bereits das Essen für die Feier vorbereiten – obwohl sie dafür freilich Einiges an Zeit benötigen werden. Sie sind hier, um zu schmücken, oder um das Abendessen vorzubereiten.

So viel Zeit ist schon vergangen? Unglaublich, übermorgen wird es schon so weit sein! Sie wird mit Lucius vermählt werden, mit ihrem Lucius!

Er geht zu ihrem Platz neben seinem am Kopfende des Tisches. Er zieht ihr den Stuhl zurück und lässt sie Platz nehmen.

Lou bedankt sich mit einem Lächeln bei ihm. Lucius hat so gute Manieren! Er ist ein richtiger Gentleman!

„Iss alles auf.", sagt er, als er ihr von jeder der warmen Speisen eine ordentliche Portion auf den Teller macht. „Du bist zu dünn und blass geworden und musst zu Kräften kommen."
„Dann passt das Kleid aber nicht mehr!", ruft sie aus und kann sich das Lächeln einfach nicht verkneifen; sie lächelt und Glückshormone werden ausgeschüttet.

Lucius' Mundwinkel zucken. „Das wird schon nicht passieren.", entgegnet er und beginnt selbst mit dem Essen.

Nachdem sie fertig gespeist haben und Lucius noch ein Schluck Rotwein getrunken hat, begeben sie sich ins Bett.

Lou legt sich auf seine nackte Brust und streichelt sie. Sie seufzt und lässt sich von ihm über die Seite streicheln. „Ich liebe diese zärtlichen Momente.", murmelt sie müde und gähnt.

Lucius erwidert darauf nichts. Er brummt nicht einmal zustimmend.

„Magst du sie etwa nicht?", fragt sie und hört mir dem Streicheln auf.

„Doch, natürlich.", entgegnet er wieder abwesend. Seine Stimme wirkt traurig.

Lou gibt ihm einen sanften Schlag auf die Brust. „Du wirst doch nicht schon wieder so ein Weichei sein, oder? Es ist vergangen, Luc!" Es ist als Spaß gemeint. Trotzdem spannen sich die Muskeln unter ihr an.

Bewegung kommt in Lucius. Er packt sie grob an den Schultern und legt sie neben sich auf die andere Bettseite. „Ich.bin.kein.Weichei!", knurrt er zwischen zusammengebissenen Zähnen.

Lou atmet tief ein und aus, ihr Puls muss sich beruhigen. „Natürlich bist du das nicht."

„Dann hör auf es zu sagen!", faucht er weiter.

Lou verstummt und zieht die Decke bis zu ihrem Kinn, wendet ihm den Rücken zu. Tränenflüssigkeit sammelt sich in ihren Augen. Warum ist er so wütend, nur weil sie ihn zu besänftigen versucht? Es war nicht einmal böse gemeint! Da war kein Hauch von Vorwurf oder Wut in ihrer Stimme!

Er zweifelt.

Das merkt sie unter anderem daran, dass sich seine Hand für wenige Sekunden auf ihr Schulterblatt legt und sich sofort wieder entfernt.

Er schnaubt und das Bett bewegt sich. Offenbar dreht er sich ebenfalls auf die andere Seite. Wie ein kleines Kind.

Ihr süßes, kleines Kind...

Lou schüttelt den Kopf. Er reagiert über. Da bringt es nichts, ihn zu verniedlichen! Auch wenn sie ihn liebt, so muss er doch mit der Vergangenheit klarkommen. Sie hätte es sich doch auch anders gewünscht!

Immerhin kann sie wieder neben ihrem Liebsten einschlafen. Er muss sie die letzten Tage doch auch vermisst haben! Er sollte sich zusammenreißen! Die Stimmungsschwankungen, vermischt mit den Zweifeln, frustrieren sie. Komischerweise ist diese Frustration sofort wieder beseitigt, sobald er zu lächeln beginnt. Aber im Moment tut er das nicht.

Besitz, Liebe, Schmerz, Zweifel - Lucius MalfoyWhere stories live. Discover now