26. Kapitel

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Malfoy lässt die Gabel los, die er gerade hochgehoben hat, um mit dem Speisen zu beginnen. Er mustert sie, vollkommen schweigend. Dann rückt er mit dem Stuhl zurück, nimmt seine Hand von ihrem Knie.

Sie atmet tief aus, bleibt weiter angespannt. Ihren Gedanken hängt sie weiter nach, schaut nicht mal zu ihm. Ihr Blick geht leer in die Luft, fixiert keinen bestimmten Punkt.

Ein Klatschen ertönt, was Lou aufschrecken und zu ihm sehen lässt. Seine Hände liegen auf seinem Schoß und er schaut sie abwartend an. „Na komm", sagt er ganz ruhig, verstellt seine Stimme nicht, ist einfach er selbst.

Sie runzelt die Stirn, schaut skeptisch zu ihm. Die Träne in ihrem Auge, die sich gerade ihren Weg hinab bahnen möchte, fängt sie geradeso auf, schluchzt. Sie möchte nicht nochmal seine Launen erleben, wenn sie weint. Am liebsten möchte sie sich ihre Ohren zuhalten, nicht hören und sehen, wie seine Faust auf die Tischplatte saust.

Aber es passiert nicht. Es ist erneut ein zu hören, nur eben auf seine Oberschenkel. „Komm her, Kleines."

„Ich will nicht...", murmelt sie, weiß dass er genau das nicht hören will. Ihr Brustkorb hebt und senkt sich, am liebsten wäre sie nun alleine. Um die ganze Situation nicht noch schlimmer zu machen, steht sie auf und geht auf ihn zu.

Als sie direkt vor ihm steht, zieht er sie in seine Arme. Nicht fest, nicht grob, nicht wütend.

Einfach sanft, in einer Zärtlichkeit, die sie ihm niemals zugetraut hätte. Lou sitzt auf seinem Schoß, doch diesmal ist es anders als am Vortag.

Er hat die Arme vorsichtig um sie geschlungen, hält sie einfach nur. Sie sieht den Grund dafür nicht. Dann fällt ihr aber einer ein: Er tut es, um sie zu trösten. Aber warum tut er es jetzt und nicht gestern? Was hat seine Meinung so stark geändert?

Die junge Frau ist absolut verwirrt.

Sein Kopf senkt sich auf eine ihrer Schultern und lehnt an ihrem Kopf. Er pustet einmal durch ihre Haare, schickt Gänsehaut durch ihren Körper.

„Pscht...", beginnt er in einer Stimme, die weich wie Butter ist. „Ich möchte das nie wieder hören. Hast du das verstanden?", Obwohl es ein Befehl ist, fühlt es sich für sie nicht so an. Auch wenn sie sich für diesen Gedanken selbst verflucht, muss sie zugeben, dass sie sich wohlfühlt.

Es ist, als wäre er ein anderer Mensch. Den ganzen Morgen schon. Hat jemand Vielsafttrank und ein Haar von ihm zu sich genommen? Aber warum sollte man das tun?

„Du bist nicht dumm. Ganz und gar nicht. Es tut mir leid, wenn ich das zu dir gesagt habe."

Er entschuldigt sich... Er entschuldigt sich. Was ist mit ihm schief gelaufen? Oder in dem Kontext müsste es eher heißen: Was ist plötzlich mit ihm richtig gelaufen?

„Zwar handelst du manchmal nicht so klug... beispielsweise gestern, aber das war wohl noch, weil du es nicht akzeptiert hast."
„Ich habe es jetzt noch immer nicht akzeptiert.", haucht sie, ihre Stimme ist fast tonlos.

Lucius kann sie wohl trotzdem hören, denn er antwortet. „Ich weiß... das wird schon."

Okay... jetzt wird es gruselig. Er empfindet Verständnis für sie? Warum tut er ihr das alles dann an?

„Gib dich mir hin, akzeptiere es. Glaube mir, dann wirst du glücklich werden. Ich bin nicht so schlecht, wie du vielleicht über mich denken magst.", murmelt er in ihr Ohr, seine Hände kreisen über ihren Rücken. „Es wäre auch die einfachste Möglichkeit."
Lou verliert Tränen. Sie kann nicht mehr und weint sich an ihm aus. Ihre Tränen machen sein Hemd nass. Zu ihrer Verwunderung tut er nichts dagegen, rastet nicht wieder aus. Es ergibt keinen Sinn. Aber es ist ihr egal. In diesem Moment spielt es für sie keine Rolle, wer er ist. Und auch nicht, dass er derjenige ist, weswegen sie so unglücklich ist.

„Aber ich- ich kann nicht."

„Warum nicht, Liebes?", fragt er beruhigend, hält sie fester in seinen Armen. Ihr Kopf rutscht immer weiter nach unten zu seiner Brust, sodass sein Kopf nun auf ihrem liegt. Sein Mund ist nicht mehr direkt vor ihrem Ohr. Lou fühlt sich geschützt, behütet, sicher.

Sicher bei ihm.

Dieses Gefühl verwirrt sie. Es stimmt einfach nicht mit all den anderen Gefühlen für ihn überein.

„Weil ich... ich habe mir das alles viel anders vorgestellt. Ich wollte noch so viel machen, so viel erreichen.", schluchzt sie, öffnet sich vor ihm. Es passiert nicht ganz bewusst, ist eher eine Reaktion aus der Situation heraus. Sie muss ihre Emotionen einfach jemandem mitteilen! Anders geht es nicht. Sie kann nicht mehr! „Ich habe Angst..."
„Wovor... vor mir?", fragt er, obwohl er die Antwort doch schon längst wissen sollte. Er war es doch, der gesagt hat, dass Angst gut ist. Es macht gehorsam. Warum beruhigt er sie also, wenn er die Angst doch gut findet?

Weil diese Angst sich gegen ihn wendet und sie sie in diesem Fall gar nicht gehorsam macht, sondern eher das Gegenteil. Spürt er das? Wenn ja, wie? Oder interessiert er sich tatsächlich für sie?

Weitere Tränen verlassen ihre Augen, sie schluchzt ununterbrochen. Ihr Kopf wird immer heißer, sie spürt leichte Kopfweh. „Ich habe Angst zu versagen... Angst, was die Leute denken mögen. Ich möchte nicht nur deine Schlampe sein."

Ein Stein fällt ihr vom Herzen. Es ist raus. Es ist gesagt. Das hat sie jetzt gebraucht.

Lucius atmet tief aus, seine Hände krallen sich in ihren Rücken. Lou weiß, dass er gerade seine Wut unterdrückt. Sie fürchtet einen Schlag, kümmert sich aber nicht darum. Sie zieht weder ihren Kopf ein, noch zuckt sie zusammen. Es kommt auch kein Schlag, ganz zu ihrer Überraschung. Auch wenn es vielleicht nicht der klügste Zug von ihr gewesen ist, ihm das zu sagen, fühlt sie sich jetzt ein Stück besser.

„Ich liebe dich.", krächzt er. Woher das plötzliche Krächzen kommt weiß sie nicht. „Du bist keine Schlampe für mich.", sagt er und spricht dieses Wort angewidert aus. „Nicht im Entferntesten. Du bist vieles für mich, du bist alles für mich. Aber keine Schlampe. Du wirst es höchstens im Bett sein, hörst du?"

Lou nickt langsam, öffnet die zuvor geschlossenen Augen und sieht mit Tränen darin zu ihm hoch. Ihre Köpfe lösen sich voneinander, er schaut ihr tief und lange in die Augen. „Du bist eine wundervolle Person. Du bist weder dumm, noch eine Schlampe. Du bist das wertvollste, das ich besitze.", sagt er ehrlich und löst einen Arm von ihr, zeigt in einem Bogen um sich herum. „Das alles hier ist schön, ja. Aber du bist sehr viel schöner und ohne dich hätte all das hier keinen Wert."

Er streicht ihr eine Träne aus dem Gesicht. Lou ist überfordert. Sie weiß nicht, ob sie weiter weinen soll oder damit aufhören soll. Es berührt sie so sehr. Nie hätte sie gedacht, dass er in der Lage wäre, so etwas Romantisches zu sagen. Ist es das, was er gemeint hat, als er zu ihr gesagt hat, ihr würde es sehr gut gehen, wenn sie sich ihm hingeben würde? Wäre er dann immer so zu ihr?

Eine Träne der Freude kullert ihre Wange hinab, sie entspannt sich und hat ein leichtes Lächeln auf den Lippen, das immer breiter wird. Sie möchte nicht lächeln, kann aber nicht anders.

Lucius sieht zufrieden auf sie hinab und nickt ihr zu. „Alles wieder gut?"

„Hmm...", brummt sie. Zwar hat er sie beruhigt, aber damit ist noch lange nicht alles gut.

Luc gibt ein Seufzen von sich. „Jeder der auch nur wagt, so über dich zu denken, wird es bitter bereuen. Das schwöre ich dir hiermit. Niemand wird etwas dagegen sagen oder denken. Du gehörst zu mir, du gehörst mir. Jeder der etwas anderes sagt, wird gar nichts mehr sagen können."

Besitz, Liebe, Schmerz, Zweifel - Lucius MalfoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt