50. Kapitel

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Wie ein Gentleman hält er ihr die Hand hin. Zögerlich ergreift Lou diese, auch wenn sie sich dabei seltsam fühlt. War er nicht derjenige, der gesagt hat, er könne nicht romantisch sein?

„Wir werden natürlich in ein Café nur für richtige Zauberer gehen. Obwohl ich das nicht mal anmerken sollte, da es sowieso auf der Hand liegt. Ich gebe mich nicht mit falschen oder gar keinen Zauberern ab.", beginnt er und schreitet in einem stolzen Gang mit ihr an seiner Hand aus dem Raum. So als wären sie schon längst in der Öffentlichkeit und er müsste Haltung bewahren. Wie sehr er doch übertreibt. Sein Duft und ihr eigener kommt ihr in die Nase und sie denkt über das Gesagte nach. Meint er mit falschen Zauberern Muggelgeborene und Blutverräter?

„Gibt es dort viele Menschen... Ich meine, wir werden doch sicherlich nicht in eines der Winkelgasse gehen, oder?", fragt Lou schließlich. Sie kann nämlich nicht glauben, dass jemand wie er sich mit Muggelgeborenen zusammensetzen und bedienen lassen würde. Das ist unter seinen Standards, was wirklich sehr erbärmlich ist. Damit würdigt er all diese ganz normalen Menschen hinab. Es ist ein falscher Umgang mit Macht. Aber wie Lou schon weiß, kann er nicht mit Macht umgehen. Es zerstört ihn, sie und andere.

„Natürlich nicht! Lass dich überraschen. Ach ja...", unterbricht er sich selbst, als sie bereits fast bei der Haustür sind. Schwungvoll dreht er sich um und nimmt ihr Kinn in seine Hände, um ihren Kopf zu seinem zu lenken. „Du wirst dich benehmen.", sagt er plötzlich in einem kalten, bedrohlichen Ton. Lou nickt langsam. Sich nicht zu benehmen, würde sie auch nicht wagen.

„Wie heißt das?", fragt er zur Sicherheit scharf nach.

„Ja, ich benehme mich, Lucius.", sagt sie und unterdrückt das Gefühl des Trotzes. Er schämt sich tatsächlich für sie. Schön zu wissen, wie er doch hinter und zu ihr steht.

„Gut", ist das einzige, was er erwidert, ehe er ihr Kinn wieder loslässt und einen Arm um sie legt. Lou sieht skeptisch darauf, fühlt sich nach wie vor komisch.

Als Lucius die schwere Tür mit der anderen Hand öffnet und ein großer Garten zum Vorschein kommt, sieht Lou sich beeindruckt um. Die zahlreichen Büsche sind in verschiedenen Formen geschnitten. Im Zusammenspiel zu den Blumen ist es ein richtiges Kunstwerk. Ob das das Werk der Hauselfen ist?

Sie schließt die Augen, atmet die frische Luft ein. Endlich wieder draußen! Trotzdem kann sie sich nicht entspannen. Schließlich wird sie gleich die Rolle der liebenden Verlobten spielen müssen und sich noch mehr verstellen als wenn sie mit ihm alleine ist.

Lucius führt seine Frau am Morgen, wo die Wiese und der edle Weg, auf dem sie gehen, noch nass sind, zu dem Tor des Manors.

Lou wirft einen Blick zurück. Wie kann man nur so viel Geld haben, um all das bezahlen zu können? Gibt es jemanden, der mehr im Luxus lebt als er?

„Ich werde uns nun apparieren. Erschrick also bitte nicht, Liebes.", sagt er und wenige Sekunden später fühlt Lou auch schon dieses Ziehen im Bauch und wird durch einen undefinierbaren Strudel gezogen. Sie verkrampft sich, weil sie sich trotz seiner Warnung nicht vorbereiten konnte.

Doch als sie gerade fürchtet, zerrissen zu werden, fühlt sie wieder festen Boden unter sich und einen starken Mann neben sich, der sie hält.

Lucius schmunzelt, während Lou schlucken und die Augen schließen muss, um sich zu orientieren. „Wie es scheint, hörst du nicht auf mich, Liebling.", sagt er amüsiert und bleibt sogar noch stehen, bis sie sich beruhigt hat.

Verwirrt richtet sich Lou wieder zur vollen Größe auf und richtet mit einer Hand ihre Haare. Sie sieht sich um. Wo sind sie hier?

Die Straße ist breit, viel breiter als in der Winkelgasse oder Nokturngasse. Dabei laufen viel weniger Menschen hier entlang. Dafür sind es aber sehr viel reichere Leute. Sie sieht die schicken Kleider der Frauen, die immer einen Mann an ihrer Seite haben. Lou sieht nicht eine Frau alleine laufen. Männer ja, aber Frauen gehen nur an der Seite eines Mannes. Meist ist dieser etwas älter und gibt die Richtung an. Typisch Reinblüter. Wenn einer von diesen Leuten auch nur ein Halbblut wäre, dann würde sie einen Besen fressen.

Die Läden sehen auch sehr edel aus. Was steht da nochmal: „Zum heiligen Teesalon"? Sein Gewerbe so zu nennen ist auch mutig. Unter den Reinblütern aber vermutlich ganz gewöhnlich. Sicherlich sind es die Frauen, die dort mit ihren wohlhabenden Freundinnen Tee trinken, während sie ihre Männer mitgeschleppt haben. Oder die meisten Frauen gehen nicht dort hinein, weil die Männer keine Lust haben und die Frauen gehorchen müssen. Wie auch bei Lucius. Alle wohlhabenden Reinblüter sind so. Selbst in Norwegen, obwohl Lou von denen nicht viel sieht. Sie halten noch mehr Abstand zu den anderen als die in England. Sie selbst ist auch reinblütig, aber ihre Eltern sind nicht immer unter ihresgleichen und offen für andere Kulturen, nicht so konservativ wie es zum Beispiel Lucius ist. Es hängt von der Erziehung ab. Einer der Gründe, weshalb er heute so ist, wie er ist. Aber das entschuldigt natürlich auch nicht alles und nimmt keinerlei Verantwortung von ihm ab.

Neben dem Teegeschäft befindet sich eine Buchhandlung. „Darkness". Was ein passender Name für die Bücher, die es dort höchstwahrscheinlich zu kaufen gibt: schwarzmagische

So geht es weiter und weiter. Vor allem sind hier viele Restaurants und Cafés. Natürlich nur die besten der besten, versteht sich. Eine richtig teure Einkaufsstraße, die wohl nur wenigen reinblütigen Familien bekannt ist. Diese Reinblüter leben in ihrer eigenen Bubble. Und sie, Lou, soll anscheinend bald dazu gehören und sich auch darin befinden.
„Schön, nicht wahr? Alles hat Ordnung, keine Blutverräter oder Schlammblüter. Alles rein und schön hier. Der richtige Platz, um dich nicht zu verderben und als meine Verlobte aufzutreten.", sagt er klar und deutlich und setzt sich langsam in Gang. Sie soll nicht verdorben werden. Was auch immer er für eine Definition davon hat. Es muss eine traurige sein, wenn er denkt, dass den Horizont zu erweitern Verderben bedeutet. Oder eine dumme. Eine sehr dumme.

Außerdem ist er derjenige, der sie verdirbt, unglücklich macht und zerstört. Muggelgeborene haben damit absolut nichts zu tun. Nur er alleine bewirkt es. Tief im Inneren weiß er es bestimmt. Er verdrängt es nur immer wieder und nur an den paar richtig emotionalen Situationen kommt es zum Vorschein.

In dem Blick Malfoys liegt wieder dieser Stolz oder die Überlegenheit, viel stärker als es ist, wenn er alleine mit Lou spricht. Er muss auch eine Rolle spielen. Nicht so stark wie sie, aber er muss es auch tun.

Besitz, Liebe, Schmerz, Zweifel - Lucius MalfoyOù les histoires vivent. Découvrez maintenant