49. Kapitel

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Sie räuspert sich, lugt aus den Augenwinkeln zu ihm.

Lucius ist noch immer vollkommen entspannt und mustert sie unentwegt.

Lou fühlt sich unwohl in ihrer Haut, schaut an sich hinab. Lucius' Geschlechtsteil muss es sein, das sich an sie presst. Sie erinnert sich an seinen Versuch, sie zu vergewaltigen. Bei dem Gedanken daran packt sie wieder die Angst. Er war einmal kurz davor, es zu tun. Er sollte alleine schon dafür weggesperrt werden. Lou verzieht das Gesicht. Sie darf nie vergessen, welche Absicht er hatte. Und sie kann und wird es auch nie vergessen.

„Würdest du ein wenig...", fragt sie nervös, rutscht weiter vor, um es nicht berühren zu müssen. Lucius brummt und seine Hände wandern zu ihren Schultern, halten sie dort sanft. Die Ärgernis über Lous Reaktion lässt er sich nicht anmerken. Gut so.

„Eines Tages wirst du es freiwillig wollen.", murmelt er, was sie erleichtert aufatmen lässt. Eines Tages bedeutet nicht jetzt, denkt sie bei sich und entspannt sich ein wenig mehr, obwohl ihr Atem immer noch schneller geht als normal. Obwohl sie es freiwillig niemals wollen wird. Er scheint es nur noch nicht verstanden zu haben.

Der intensive Geruch des Wassers steigt ihr in die Nase, sodass sie die Augen schließt, um sich abzulenken.

Von Lucius bekommt sie kaum noch was mit, nur wie er sie gedankenversunken streichelt.

Sie atmet tief durch. „Wo steht das Shampoo?", fragt sie nach Minuten des Schweigens.

Malfoy bewegt sich, sodass mehr Wasser zu ihr schwappt und beugt sich vor, um eine verzierte Glasflasche zu sich zu ziehen.

Er öffnet sie und reicht sie ihr. „Ich habe nur das Shampoo von mir. Ich werde die Hauselfen damit beauftragen, eigenes für dich zu kaufen.", murmelt er und greift zeitgleich auch zu dem Duschgel, damit er sie und sich reinigen kann.

Als beide nach schweigenden Minuten des Arbeitens fertig sind, hebt Lucius seine Verlobte an der Taille aus dem Wasser. Vorsichtig, als könnte sie jetzt zerbrechen, stellt er sie ab. Lou atmet tief durch, dreht sich zu ihm um, sagt aber nichts. Sie jetzt wie Porzellan zu behandeln und ein paar Stunden vorher wie ein wertloser Mensch, ist doch nicht miteinander vereinbar. Welche Ironie.

Sie geht auf den Spiegel zu, als er sie loslässt und betrachtet mit einer Verrenkung ihres Körper die Überreste der Brandmarkung. Er hatte recht, man sieht es kaum noch. Dennoch ist und bleibt es nicht schön. Diese Narben werden niemand verschwinden, niemals. Sie wird es dort immer haben und sich immer an ihn erinnern müssen. Ob das vielleicht auch eine seiner Absichten ist? Sie zuckt mit den Schultern. Vermutlich schon.

Während sie sich mit einer Büste aus einem Schubfach die nassen Haare ordentlich zurechtlegt, geht Lucius zum Kleidungsstapel und reicht ihr Unterwäsche und ein dunkelgrünes, langes Kleid. Es ist schlicht, macht aber einen eleganten Eindruck. Es hat keinen Ausschnitt und bedeckt alle wichtigen Stellen. Verwundert sieht Lou zu ihm, als er ihr das in die Hände drückt.

„Warum denn ein Kleid?", wagt sie zu fragen und hält es vor sich ausgestreckt hin.

Lucius hebt eine Braue, beginnt sich ein neues weißes Hemd zuzuknöpfen. „Nun, ich möchte ja, dass meine Begleitung in der Öffentlichkeit akzeptabel aussieht."

Als Lou das hört und sich gerade die Unterhose hochzieht, stoppt sie in der Bewegung. „Sehe ich also sonst nicht akzeptabel aus?", fragt sie, versucht ihren Ärger und ihre Kränkung darüber zurückzuhalten und ihm nicht zu zeigen. Warum verletzt sie dieser Seitenhieb so sehr?

„Natürlich sieht du akzeptabel und sehr gut aus. Du hast ein Aussehen, wie es bei uns Reinblütern üblich ist. Du bist elegant, hast für gewöhnlich eine gute Haltung. Nur trägst du nicht angemessene Kleidung. Für uns beide ist das in Ordnung, aber nicht wenn wir uns in der Öffentlichkeit zeigen."

„In der Öffentlichkeit?" Lou runzelt mit der Stirn. Sie wollen doch nur frühstücken!

„Weshalb denkst du, haben wir uns extra gewaschen? Du möchtest mehr Freiheiten. Also werden wir uns heute draußen zeigen und du wirst für ein paar Stunden nicht hier eingesperrt sein."

Lou schließt die Augen. Das kann doch nicht wahr sein! Wir kann man nur so... argh... sein? „Luicus...", beginnt sie belustigt und zeitgleich verärgert. „Ich meine das nicht unbedingt damit. Viel wichtiger ist, dass du mich Dinge machen lässt, die ich möchte und nicht dauerhaft über mich bestimmst. Das meinte ich damit, dass du mir mehr Freiheiten lassen solltest."

Lucius, der sich gerade eine schwarze Hose anzieht, nickt wissend mit diesem Funkeln in den Augen. „Ich weiß, Liebes. Aber ich hätte nicht gedacht, dass du gegen so etwas ein Problem hast und es als Zwang ansiehst." Er lächelt hinterlistig.

Lou seufzt, beginnt damit, sich das Kleid anzuziehen. „Natürlich nicht.", murmelt sie, als sie das Kleid über ihren Kopf zieht. Er versteht es einfach nicht. Er versteht nicht, dass sie dem Druck der Öffentlichkeit nicht auf dieser Weise ausgeliefert sein will. Jeder wird auf sie achten, sie kritisieren, als Schlampe ansehen. Nur weil sie an seiner Seite stehen muss. Da ist es für sie angenehmer, mehr im Haus, verdeckt von allen anderen, zu sein.

Sie sieht auf den Ring an ihrem Finger hinab. Die Bestätigung dafür, dass sie bald sowieso ihren ehelichen Pflichten nachgehen muss. Auch wenn es nicht unbedingt bedeutet, Kinder und Sex mit ihm haben zu müssen. Sie muss sich besonders als liebende Frau abgeben. Etwas, von dem sie nicht weiß, wie sie es hinbekommen soll. Das Frühstück wird wohl der erste Schritt dafür sein.

Lou betrachtet sich im Spiegel, als Lucius seine Krawatte bindet. Sie ist blass. Ansonsten sieht sie zu ihrer Überraschung relativ gesund aus. Ganz anders als die Tage zuvor.

Sie kneift die Augen zusammen. Wie ist das möglich? Auch eine Eigenschaft dieser komischen Creme?

„Lucius?"

„Ja, Liebling?", fragt er und tritt fertig angezogen neben sie. „Du siehst bezaubernd aus.", sagt er mit einem schmeichelnden Grinsen. Sie ist sich nicht so sicher, ob es ehrlich gemeint ist oder nicht. Sie selbst findet ihr Auftreten etwas übertrieben. Muss es gleich ein teures Kleid sein und mit dem Ring um ihren Finger?

Weglassen wird sie den Ring sicherlich nicht dürfen. Er selbst hat den seinen ja auch dauerhaft bei sich. Immerhin ist das Kleid halbwegs bequem und nicht zu aufgeplustert oder voller Pailletten, Spitze und Glitzer.

„Könntest du mir bitte meine Haare trocknen?"

Lucius nickt, macht eine Handbewegung und schon fallen ihre Haare in feineren, trockenen Strähnen Zartbitterschokoladen-braun hinab.

„Perfekt", murmelt er. „Ich habe wahrlich die schönste Braut der Welt."

Braut. Wie sich das schon anhört! Sie wird sich nie wie eine und besonders nicht wie seine fühlen. „Wir gehen nur frühstücken und nicht heiraten.", erwidert sie.

Lucius' Mundwinkel ziehen sich nach oben. „Kein Grund, dich nicht als meine Braut zu behandeln, vorzustellen und zu sehen. Bald wirst du es sowieso sein."

Besitz, Liebe, Schmerz, Zweifel - Lucius MalfoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt