69. Kapitel

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Lucius beugt den Kopf zu ihr und gibt ihr einen Kuss auf den Hals. „Natürlich war ich das, wie bereits erwähnt. Es war notwendig. Als ich die Katze besorgt habe, habe ich zufällig einen Reporter getroffen. Das ist der Preis, den du für Hope zahlst. Ich muss so sichergehen, dass du dich niemals von mir lösen kannst. Man wird dich überall erkennen, wie du heute sicherlich gemerkt hast. Jeder wird wissen, dass du zu mir gehörst. Es war einfach praktisch."

„Ich wollte doch nicht, dass die ganze Welt davon erfährt..."

„Es geht nicht darum, was du willst und was nicht. Sollte dir nicht schon bewusst geworden sein, dass mich das Meiste, was du möchtest, nicht interessiert? Ich möchte auch Vieles nicht. Zum Beispiel will ich dir deinen Zauberstab nicht geben.", nuschelt er an ihren Hals und verpasst ihr einen Knutschfleck. Lou lässt das alles über sich ergehen. Ihre Bedürfnisse sind ihm egal, wenn sie nicht mit den seinen überein stimmen. „Aber ich brauche ihn doch! Wie soll ich ohne studieren?"

„Das ist nicht mein Problem. Deinen bekommst du von mir nicht.", entgegnet er hart, als er von ihrem Hals ablässt. Er schaut ihr warnend in die Augen. „Noch vertraue ich dir nicht genug."

Würdest du mir nur vertrauen, wenn ich den Schwur leiste?", fragt sie leise, spürt einen Stich in ihrem Herzen. Warum verletzt es sie so? Sie weiß doch, dass Malfoy übervorsichtig ist und immer die Kontrolle haben will. Dabei hat er sogar recht! Er vertraut ihr nicht, denn sie würde sein Vertrauen bei der erstbesten Gelegenheit missbrauchen und flüchten.

„Nein, würde ich nicht.", sagt er und richtet sich wieder auf. Lou hört Schritte an ihr Ohr dringen und schaut zu dem Mann auf, der in einem langsam Gang auf sie zuläuft und eine große Leihwand, sowie andere Materialien trägt. Er ächzt, als er alles hinstellt und ordnet.

„Warum nicht?"

„Weil das Risiko noch größer wäre."

Risiko? Welches Risiko? Die Gefahr, dass sie absichtlich oder unabsichtlich sterben könnte? Wenn es das ist, was er meint, warum hat er diese Bedingung überhaupt gestellt? Weil er ihr so indirekt sagen kann, dass sie ihren Zauberstab nie wieder sehen wird? Schließlich widerspricht er sich dabei seinem eigenen Versprechen von vor ein paar Tagen. Er kann es nicht ernst mit dem Schwur meinen!

Sie fragt nicht weiter nach, kann es auch nicht, weil der Mann in die Knie geht um die Position von allen Seiten aus zu betrachten. „Sicher, dass Sie das auf so eine alte Art haben wollen? Irgendwie verbinden Sie mit der Pose die Vergangenheit mit der Gegenwart. Mr Malfoy, Sie wirken wie ein Herr von vor 200 Jahren und Ihre Frau sieht einer aus der heutigen Zeit mit diesem Verhalten ähnlich. Sicher, dass Sie das wollen? Ich meine, es ist schon interessant! Aber wofür ist das Gemälde eigentlich gedacht? Dann könnte ich Ihnen eher sagen, ob das passend ist oder nicht.", fragt er in einem freundlichen Ton und richtet sich wieder auf.

Damit er sich einen wixxen kann, denkt sich Lou.

„Das geht Sie rein gar nichts an. Erledigen Sie einfach Ihre Aufgabe, nicht mehr.", zischt Malfoy ihm zu.

Der Maler, dessen Miene wieder ernst wird, nickt. „Na, wenn Sie meinen. Aber wollen Sie, Sir, sie nicht auch liebend anschauen? So wie jetzt erweckt es den Eindruck, als würde sie sich an Sie werfen."

Lous Kopf auf Malfoy Brust nickt. Da hat der nette Mann recht. Es erweckt ein Bild, dass so gar nicht zu der wirklichen Situation passt. Es ist eher andersrum so. Als ob sie sich wie eine Ertrinkende oder Abhängige an ihn klammern müsste!

„Das ist meine Absicht.", entgegnet Lucius. Wusste Lou es doch! Es soll ihm selbst vorspielen, dass sie die liebende Frau ist und er ihr alles bedeutet. Er aber bewahrt Haltung und ist für sie da, während sie vollkommen abhängig von ihm ist. „Meine Frau soll ihren Ehemann, spricht mich, lieben. Für alle sichtbar. Ich hingegen muss zeigen, dass ich alles bin, was sie braucht. Und jetzt stellen Sie keine weiteren Fragen, wir haben noch viel zu tun!"

Der Maler streicht sich mit dem schmutzigen Ärmel über die Stirn. „Das nenne ich mal eine konservative Einstellung. Aber gut, es ist Ihr Bild und Ihr Leben." Für wenige Sekunden schaut er mitleidig zu Lou, scheint die wirkliche Situation zwischen den beiden zu erahnen.

„Exakt.", entgegnet Lucius zähneknirschend und sein Brustkorb hebt und senkt sich. Lou hört seinen beschleunigten Herzschlag. Die ganzen Stunden über hört sie ihn und versucht dabei zu lächeln. Es fällt ihr sehr, sehr schwer.

Nach mehreren Stunden, in denen die Müdigkeit bei ihr einkehrt, ist Mr Robin mit dem ersten Gemälde bis auf Kleinigkeiten fertig. Er winkt Lou und Malfoy zu sich. Lucius steht auf und zieht Lou am Arm mit sich zu dem Bild und betrachtet es. Umso länger er darauf schaut, desto breiter wird sein Grinsen. Malfoy macht einen stolzen, mächtigen Eindruck, ist in all seiner Pracht und Schönheit zu erkennen. Ebenso wie Lou. Ihre Augen funkeln. Etwas, das in den letzten Tagen selten bis kaum vorgekommen ist. Außerdem lächelt sie auf dem Bild. Nicht gezwungen, sondern ehrlich. Sie sieht auch dort müde aus, aber mit einem ganz anderen Eindruck. Es wirkt so, als wäre sie vollkommen abhängig von ihm. Jemand der das Gemälde das erste Mal sehen würde, würde denken, sie sei eins mit ihm, sie gehöre ihm. Es ist exakt das, was Malfoy geordert hat.

Das sagt er auch dem Künstler und behandelt ihn gleich ein wenig besser.

Als Lou nach einer kurzen Pause dazu gezwungen wird, sich diesmal vor einem Wandbild von einer Wiese zu stellen, korrigiert Malfoy sie erneut. Er stellt sie so hin, sodass sie stolz, aber auch brav aussieht. Er sagt Mr Robin auch, er solle in einer leichten Froschperspektive wie beim ersten Gemälde malen um das zu verdeutlichen.

Viele weitere Stunden steht sie dort und darf sich nicht bewegen. Ihr falsches Lächeln tut ihr unglaublich weh und immer wieder schaut sie zu ihrem Verlobten. Dieser sieht streng zu ihr, erinnert sie daran, durchzuhalten. Ihre Füße schmerzen, allgemein alles. Hoffentlich braucht der Maler nicht allzu lange und kann auch ohne sie die ganze Zeit vor sich zu haben, malen. Schließlich muss bei dem ersten Bild auch noch viel hinzugefügt werden.

Trotz allem dauert es eine Ewigkeit für sie. Lou fühlt sich unglaublich müde und kaputt. Musste das unbedingt heute sein? Heute, wo sie das erste Mal in der Universität gewesen ist und einen anstrengenden Tag hatte?

Sie schaut nicht mehr zu Lucius und versucht ihn zu ignorieren. Er soll merken, dass sie es ihm übel nimmt. Er hätte doch auch ein Foto schießen können und es dem Maler geben können, oder? Das wäre doch viel besser gewesen, falls das wirklich funktionieren sollte! Aber nein, stattdessen zwingt er sie, dort stundenlang stehen zu bleiben. Das ist Folter. Schon fast so schlimm wie auf seiner Brust zu liegen. Letzteres ist zwar angsteinflößender gewesen, dafür aber gemütlicher. Lou spürt, wie sich die Wut in ihr staucht und sie immer mehr die Nerven verliert. Sie ist kaputt und kann nicht mehr klar denken.

Besitz, Liebe, Schmerz, Zweifel - Lucius MalfoyWhere stories live. Discover now