12. Kapitel

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Ihre Augen weiten sich und sie tritt sofort aus dem Kamin, so als bräuchte sie mehr Platz um das zu verarbeiten. Dass sie dabei eigentlich nur mehr Raum in ihrem Kopf braucht, ist für sie nebensächlich. Sie will auch nicht so dermaßen in der Falle sein, obwohl all das hier eine einzige Falle ist.

Malfoy steht ihr gegenüber, richtet sich wieder auf und schaut aus wie immer. Nur seine Augen sind nicht so kalt wie so oft, sie funkeln und sind weiter geöffnet. Es lässt ihn nicht mehr so arrogant, sondern eher gefährlicher wirken. Was davon besser ist, weiß sie nicht.

Er macht einen Schritt auf sie zu, sie hört den Gehstock auf dem Boden aufkommen und geht einen weiteren Schritt zurück. Noch einen und noch einen. Am liebsten würde sie sich umdrehen und wegrennen, ihn nie wieder sehen müssen. Er hat wohl einen Narr an ihr gefressen. Malfoy will sie besitzen. Das sagt ihr die Aufdringlichkeit, sein Umgang mit ihr und auch der letzte Satz. Das hier ist doch dein Zuhause.

Sie bekommt Gänsehaut, aber keine angenehme. Lou beunruhigt dieser Satz zutiefst, ihre Hände fangen an zu schwitzen und sie kann nichts dagegen tun.

Sie kann nichts gegen all das tun.

Sie ist hilflos.

Genau das scheint wohl das zu sein, was Malfoy will und mag.

Er grinst süffisant, das Funkeln in seinen Augen bleibt. Einen weiteren Schritt zu ihr geht er und weil Lou nun hinter sich die Wand fühlt, kann sie nicht ausweichen. Nach rechts kann sie nicht, ein Bücherregal versperrt den Weg. Links wäre auch schlecht, schließlich könnte er sie ganz einfach packen und...

Sie presst die Augen zusammen. Nein, daran will sie nicht denken. Sie will sich nicht ausmalen, was er von ihr will. Sie hat eine Vermutung, doch Lou hofft inständig, dass sie falsch liegt.

Der Geruch von Lucius' Aftershave und Parfüm, die auf wundersamer Weise perfekt zueinander passen, weht ihr in die Nase. Es ist gut, aber sie will das nicht riechen. Sie will ihn nicht spüren, nichts von ihm!

Er hebt die Hand ohne den Gehstock darin und legt sie an ihre Wange. Die Hand ist wider Erwarten warm, schmiegt sich eng an sie und so sanft. Aber ungewollt.

Wenn Lou in seine Augen blickt, dann ist sie im Ungewissen, ob er gleich ausholt und sie schlägt, oder ob er sie weiter sanft streichelt. Er ist so unberechenbar, sie kennt ihn viel zu wenig. Aber selbst wenn sie ihn kennen würde, würde sie nicht schlau aus ihm werden. Sie hofft inständig, dass sie ihn nie kennenlernt. Doch genau das will er wohl.

Krampfhaft wendet sie den Blick von seinen Augen, zu viel Angst davor, darin etwas zu erkennen, das sie einfach nicht wahrhaben will.

Die Hand um ihre Wange verfestigt sich, streicht über ihre Haut zu ihrem Kinn und drückt dann wieder zu.

Er lehnt sich weiter vor zu ihr, befindet sich wieder nah an ihrem Ohr und sie spürt seinen Atem. Sie fühlt sich an letzte Stunde erinnert, als er dasselbe nur von hinten getan hat.

Wie kann er es nur wagen, dieser ekelhafte, alter perverser Mann?

Malfoy lacht leicht aus, es ist ein stilles Lachen, doch sie spürt die unregelmäßige Atmung von ihm. „Na, was sagst du dazu? Du bist plötzlich so schweigsam.", flüstert er ihr rau ins Ohr, in dieser tiefen Stimme, die er nur einsetzt, um bedrohlicher und angsteinflößender zu wirken.

Es wirkt. Sie hat Angst vor ihm. Die Vorsätze von wegen nicht aufgeben, lass dir das nicht gefallen!, sind dahin. Ohne seine Gnade kommt sie hier nicht weg. Er könnte theoretisch alles mit ihr machen was er will und das wissen beide.

Lous Mund ist mal wieder trocken und mit leicht krächzender Stimme, so als sei sie im Stimmbruch und würde den Ton mitten im Wort verändern, beginnt sie zu sprechen. Aus Angst dass er seine Worte ernst meint.

„Ich..."

„Du...?"

Lou kann sich nicht bewegen, würde ihn am liebsten von sich schieben, doch dafür ist er ihr zu nah und sein Griff um ihr Kinn zu fest.

„Ich will es nicht glauben."

Malfoys Lachen erstickt, als er ihr leicht ins Ohr beißt und daran herum leckt, die einzelnen Erhebungen und Senkungen mit der Zunge abfährt. Sie spürt sein Beben und vor allem die Spucke. Angewidert verzieht sie das Gesicht. Eindeutig, er scheint total auf sie abzufahren.

Lou bliebt nichts anderes übrig als in der Situation zu verharren und zu hoffen, dass sie bald vorbei ist.

„Das hier ist nicht mein Zuhause, Mr Malfoy.", murmelt sie, versucht ihn nicht zu provozieren. So betrachtet tut sie das allein mit ihrer Antwort, aber sie könnte auch schlecht ja sagen. Am Ende bezieht er sich noch darauf und erpresst sie damit. Zauberer, insbesondere dunkle, nehmen ein gesprochenes Wort sehr ernst.

„Noch nicht, aber das wird es sein. Du solltest es lieber akzeptieren..."

„Niemals!", zischt sie und unterbricht ihn damit.

Als sie das sagt, verlieren seine Augen den Rest des Glanzes und verengen sich zu Schlitzen. Er mustert sie einige Sekunden lang, es ist eine angstvolle Pause für sie. Sie weiß, dass etwas passieren wird. Die Angst vor dem Bevorstehenden bringt sie fast um. Lou ist kurz davor zu zittern oder zu wimmern. Was ist das nur für ein abgedrehter Tag?

Malfoys Hand löst sich von ihrem Kinn und wandert weiter runter, direkt zu ihrem Hals. Sein Gesicht bleibt dicht an ihrem Ohr. Die Hand ruht jedoch nicht an ihrem Hals, sondern drückt plötzlich zu.

Lou will schreien, tut es auch, doch Malfoy erstickt den Schreit mit einem schmerzvollen, stürmischen Kuss auf ihren Lippen. Er dauert nur ganz kurz an. Es ist, als hätten sie sich nie berührt. Doch für Lou bedeutet es alles. Alles im Negativen Sinne.

Sie kann nicht mal nach Luft schnappen, obwohl sie diese gerade am meisten benötigen würde. Alles was sie tun kann, ist ihm in die Augen zu schauen und zu hoffen, dass er damit aufhört. Den Kuss vergisst sie schnell, viel zu drängender ist der Luftmangel.

Hitze steigt ihr ins Gesicht, sie spürt diesen enormen Druck in ihrem Kopf.

Seine Hände lassen kaum Luft durch, ihr ganzer Hals schmerzt und Tränen treten ihr in die Augen. Flehend sieht sie ihn an, spürt wie sie es nicht mehr lange aushalten kann. Sie wird benebelt davon, kann nicht mehr klar denken und spürt nur dieses Pochen in ihrem Kopf.

Anders als sie erwartet hat, lacht er nicht oder gibt ein Anzeichen darauf, dass er Freude daran hat. Vielleicht hat er das ja, aber sie kann es nicht aus seinem Gesicht lesen, erst recht nicht jetzt.

Du hast mich Lucius zu nennen!", zischt er und macht immer weiter. „Schade dass ich nachhelfen muss, damit du es endlich verstehst. Aber keine Sorge, ich habe Zeit und werde mich ausgiebig um dich kümmern."

Besitz, Liebe, Schmerz, Zweifel - Lucius MalfoyWhere stories live. Discover now