3.Kapitel:Dort im Wüstensand

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Kajatan spürte wie die Sandbestie allmählich ihre Schritte verlangsamte und sah wie die riesige Säule aus Sand, die ihnen Schutz bot, langsam in sich zusammen sank.

Es war seltsam das zu beobachten, denn Shinda tat es nicht um die Stadt zu verschonen, auf die sie zusteuerten. Sondern einfach, weil er sich in der Nähe von Menschen nie besonders wohl fühlte und eigentlich ungerne so nahe an deren Wohnstätten kam.

Das war etwas, was alle Sandbestien gemeinsam hatten und das war ein Glück für die Menschen, den bereits ein einziges dieser Tiere wäre stark genug, eine der kleineren Städte dem Erdboden gleich zu machen.

Normalerweise lebten sie aber außerhalb des bekannten Landes, hinter der südlichen Grenze, wo sich goldene Dünen übereinander türmten, weiter ins Land hinein, als jemals ein Windschiff gefahren war.
Die Menschen hatten es so passend das Endlosland genannt und mieden es, so gut sie konnten.

Manchmal kam es doch vor, das ein einzelnes Boot oder gar eine ganze Karawane von einem unglücklichen Wind erfasst und tief in dieses Land hinein getragen wurden.
Von diesen Schiffen hörte man nie wieder etwas.

Auch das kleine Sandboot des Händler, der Ri damals gekauft hatte war auf diesem Weg verschwunden, doch für Ri war das ein Glück gewesen, hatte es sie doch zum vergessenen Palast ihres Volkes gebracht und zum Herrn der Wüste.

So hatte sie es Kajatan zumindest erzählt und, als spürte sie seine Gedanken an diese Geschichte, regte sie sich in seinen Armen.

Ihr Brustkorb hob sich, als sie einen tiefen Atemzug tat, dann öffneten sich die Augen und das Gold darin ließ ihn erleichtert aufseufzen.
Es war gut gegangen.

„Guten Morgen,“
sagte er sanft, was ihr ein kleines Lächeln entlockte. Doch es verschwand wider, als die Erinnerungen der letzten Geschehnisse in ihr Bewusstsein zurück kehrten.

„Es ist mir entwischt.“
Ihrer Stimme war die Frustration und die Enttäuschung deutlich an zu hören und sie seufzte, dann erst erinnerte sie sich daran das er ihr einen guten Morgen gewünscht hatte und sie noch nicht geantwortet hatte.

Ein wenig verschämt, ob ihres Versäumnis wand sie ihr Gesicht in seine Richtung.
„Dir auch einen guten Morgen Kajatan.“

Er schüttelte lachend den Kopf.
„Dann schaffst du es nächstes mal.“

Sie nickte grimmig.
Sie würde es wieder versuchen. Jede Nacht, die sie ihm gegenüber stand, bis sie eine Antwort hatte oder ihr Bewusstsein sich auflöste.
Dazu war sie entschlossen.

Es hing immerhin die Freiheit ihres Volkes davon ab, ob sie es schaffte heraus zu finden, wer dieses Wesen wirklich war.

Sich den Schlaf aus den Augen reibend, richtete sie sich auf, um über Shindas Mähne hinaus ins Land zu blicken. Der Sandsturm, den sie mit sich gebracht hatte, war stark abgeflaut. Nur noch ein wenige Sandkörner tänkten die Luft um sie her und durch ihren Dunst konnte sie die dunkle Silhouette einer Stadtmauer ausmachen, die sich am fernen Horizont abhob.

„Welche ist das?“,
fragte sie und spürte bereits, wie sich die Unruhe wieder in ihr breit machte.
Sie waren ohne wirklichen Plan hier her gekommen. Da dieses Wesen nur hier im bekannten Land die Golem beherrschen konnte, war es logisch hier her zurück zu kommen.

Aber das bekannte Land war eine riesige Fläche mit hunderten von kleinen Städten. Darin einen einzelnen Menschen zu finden schien unmöglich. Schlimmer noch, ohne das sie wussten nach wem genau sie suchen mussten, konnte diese Person auf der Straße an ihnen vorbei gehen und sie würden sie nicht erkennen.

Diese Gedanken lagen, wie kalte Steine in ihrem Bauch und ließen sie vor unruhe zucken.

Kajatan lehnte sich über ihre Schulter und kniff die Augen zusammen. Er tat es einerseits, weil er so besser sehen konnte, andererseits vermisste er bereits wieder ihre Nähe. Dort, wo ihr Körper bis eben noch seinen berührt hatte, fühlte sich seine Haut seltsam kalt an.
Innerlich schalt er sich für diese Schwäche. Er hätte diesem Gefühl nicht nachgeben dürfen.

In seiner Ausbildung hatte er gelernt alles zu ignorieren, das ihn von seinem Auftrag abhielt. Nichts hatte wichtiger sein dürfen. Keine Freunde, kleine Familie oder irgendwelche Gefühle.

„Kurunkesch,“
murmelte er und atmete tief durch, um auch den letzten Rest des Wunsches zu verdrängen seinen Kopf wieder auf ihre Schulter zu legen.

„Da werden Erinnerungen wach, was?“ und sie lachte bitter.

Auch er empfand bei dem Anblick eher abscheu. Seine letzte Begegnung mit dieser Stadt hatte nach seiner Verletzung statt gefunden und er dachte nicht gerne daran zurück, wie lange er halb tot dargelegn hatte, unfähig auch nur einen Muskel zu bewegen.

„Ich geh zuerst und seh mich um. Wenn das verlassene Haus noch steht können wir dort wieder bleiben, sonst muss ich etwas anderes suchen. Ich schau auch, das ich Kleidung für dich finde.“

Ri nickte, auch wenn sie wusste, das er mehr zu sich selbst sprach. Sie hatten das alles schließlich schon vor langer Zeit besprochen.
Er suchte einen Platz an dem sie bleiben konnten und versuchte einen Ersatz für ihre provisorische Verkleidung zu finden, die sie damals seinem Kameraden Ryu abgenommen hatten. Die war nämlich dem Sturm zum opfer gefallen, der Kajatan damals an die Außenhaut der schwarzen Insel geworfen hatte.

Sie seufzte, als sie an das Geschehen zurück dachte, aber sie verdrängte diese Gedanken. Es gab anderes, auf das sie sich konzentrieren musste.

Shinda trabte nun nur noch langsam auf ihr Ziel zu. Auch er kannte den Ablauf und hielt schließlich an, weit genug von der Mauer entfernt, das die Wachen seine Gestalt für eine Verwehung im ständigen Dunst halten würden.

Kajatan schwang sich vom breiten Rücken der Sanbestie und landete kauernd im Gold der Wüste. Während er sich erhob blickte er hinüber zur Stadt.

Sie lag da, wie ein Fremdkörper.
Zu hart und zu eckig, um in die sanfte Dünenlandschaft zu passen, die sie umgab.
Ihre dunkle Färbung verstärkte diesen Eindruck noch und ließ sie wirken, wie ein schwarzer Splitter im Fleisch der Wüste.

„Pass auf dich auf,“
hörte er Ris Stimme, hinter sich.

Er wollte sie ansehen. Wollte ihr Lächeln sehen, wenn sie diese Worte sagte, aber er wusste, das es schmerzen würde.

Immer öfter spürte er die Kehrseite seiner Liebe zu ihr.
Dann versetzte ihr Anblick im ganz plötzlich einen Stich.

Also nickte er nur.
Seine Füße kamen ihm bleischwer vor, als er die ersten Schritte machte.
Die ersten Schritte vord von ihr.

Er wusste das es nicht für immer war. Nur für ein paar Stunden und er war auch früher lange von ihr getrennt gewesen, ohne diesen brennenden Verlust zu spüren, der ihm jetzt wie ein zu enger Panzer die Brust eindrücke.

Er wusste all das und doch..

Und doch waren diese Gefühle da und lagen auf ihm wie eine schwere, kalte Decke.

Das Herz der GolemWo Geschichten leben. Entdecke jetzt