43.Kapitel: Dort unter Monstern

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Der Mann hielt sich geduckt, so das Ri sein Gesicht nicht erkennen konnte. Doch sie hörte seinen abgehakten Atem laut in der sonst so völligen Stille.
Er blickte immer wieder zum Eingang zurück, so als fürchte er bemerkt zu werden und zog die Tür ein Stück an.

Ri spürte ihren Herzschlag, unangenehm stark durch ihre Adern jagen. Ihr Körper sagte ihr auf seine Weise, das er für alles bereit war. Doch sie zwang ihn zur ruhe. Noch wusste sie nicht was der Mann vor hatte und jede ihrer Bewegungen konnte sie verraten. Also stand sie so unbewegt wie all die anderen und hoffte, wieder aller Logik, er würde einfach gehen.

Mit schnellen Schritten kam er näher und packte ausgerechnet sie.
Vor Schreck zuckte sie unter seiner Hand zusammen, aber er schien es in seiner nervosität nicht zu bemerken.
Während sie noch überlegte wie weit sie ausweichen konnte, ohne sich verdächtig zu machen holte er zwei unterschiedlich lange Metallstäbe heraus, die mit einem dünnen Faden verbunden schienen.

Sie verstand den Sinn dessen nicht, aber als er ihren Arm hob und das kürzere Stück an ihren Sehnen ansetzte begriff sie schlagartig.
Ein Stab in ihrem Brustkorb und eines in ihrem Arm befestigt, würde es ihre Bewegungen einschränken. Und wenn er die Schnur ins Fleisch einbettete würde dieses sich darüber schließen und seinen Betrug vor aller Augen verbergen.

Schon spürte sie, wie sich das kalte Metall in ihre Haut bohrte und Blut hervor quoll.
Sie presste die Augen zu als der Schmerz durch ihre Glieder fuhr und versuchte nicht zu schreien. Die einzige Hoffnung, die ihr blieb war, das es schnell gehen würde und sie es wieder entfernen konnte, ehe die anderen zurück kamen.
Da stoppten seine Bewegungen.

„Was glaubst du was du da tust?“

Sie erkannte die Stimme und hätte weinen können vor Erleichterung.
Der größere Schatten, der unvermittelt hinter dem Mann aufgetaucht war, gehörte Kajatan.

Der kleinere schien zusammen zu schrumpfen und begann am ganzen Laib zu zittern. Das seltsame Gespann verschwand in seiner Tasche, so als hoffe er dieses noch verbergen zu können. Aber Kajatan griff danach und entriss es ihm.
Die gelben Augen verängten sich bedrohlich, als er erkannte worum es sich handelte.

„Ich glaube wir sollten uns draußen einmal unterhalten.“

„Ich sage garnichts,“
schnaubte der in einem vergeblichen versuch seine Würde zu bewahren.

Kajatan packte ihn am Kragen und schleifte ihn zur Tür, den schwachen Protest ignorierend, den er von sich gab.

Ri atmete auf.
Eine Welle aus Dankbarkeit erfasste sie. Wieder einmal hatte Kajatan sie gerettet, sie musste sich unbedingt bei ihm bedanken, sobald sie die Gelegenheit dazu hatte.

Sie hörte ihn draußen leise schimpfen und zwischen seinem wütenden Zischen immer wieder die Ausflüchte des Mannes.
Sie hasste ihn dafür. Wenn er schon eine solche Tat begehen wollte, sollte er auch dazu stehen.
Sollte zugeben wie verrottet sein Herz war, so das alle es sehen konnten wie sie es tat.
Es war schon seltsam, das die Menschen die Beschaffer Monster nannten und dann selbst solche Dinge taten.

Kajatns Nähe beruhigte sie und langsam ließ sie sich an der Wand herab sinken.
Die Müdigkeit hatte sie schon länger gepackt, aber jetzt konnte sie ihr endlich nachgeben.
Sie schlief ein, in dem Wissen, das er bei ihr war und über sie wachte.

Als der Morgen anbrach, kehrte das ewige Zwielicht zurück. Die noch schwachen Strahlen der Sonne sickerten nur allmählich durch den stehtigen Dunst, der die Stadt umhüllte.
Kajatans Stimme, die durch die geschlossene Tür drang, weckte Ri. Ihr Bewusstsein kehrte zurück in ihren Körper und dessen schwere schlug auf sie ein, wie eine Grabplatte, die sich auf sie nieder senkte.
Die Energieebene ließ sie manchmal vergessen wie viel Kraft hier alles kostete. Nicht nur das Bewegen ihrer Glieder, sondern auch das Tragen all der Sorgen und Gedanken, die sie im Schlaf zurück lassen konnte und die nun wieder auf sie einstürmten.

Als sie sich streckte schien jeder ihrer Muskel zu protestieren und in ihrem Rücken knackte es mehrfach.
Sie fühlte sich nicht wirklich ausgeschlafen und noch weniger bereit.
Es war nicht einfach nur, das sie sich davor fürchtete den heutigen Kampf zu verlieren. Die Aussicht wieder gegen einen ihres Volkes antreten zu müssen, hing wie die eine ständige schwarze Wolke über ihr. Ihre Seele hatte sich kaum von den voran gegangenen malen erholt und nun würde sie schon wieder eine Schlacht aushalten müssen.
Eine Schlacht gegen ihr schlechtes Gewissen und die Schuldgefühle, sie konnte nur verlieren.

Sie seufzte und brachte sich wieder in die Position, die sie zuletzt inne gehabt hatte.
 
Von draußen vernahm sie die Stimmen mehrerer Männer, die mit einander diskutierten und wütend durcheinander riefen.
Scheinbar waren die anderen eingetroffen und Kajatan hatte über den Betrug berichtet.
Sie verstand nicht was gesprochen wurde, aber ganz deutlich hörte sie Sigall heraus, der besonders aufgebracht wirkte.

Plötzlich sprang die Tür auf und einer ihrer Mitbewerber kam herein. Er schien noch immer verärgert und schimpfte, während er seinen Golem anwies ihm zu folgen.
„Dieser Sport ist auch nicht mehr was er mal war, wenn jetzt schon solche Leute teil nehmen dürfen.“

Ein Zweiter, der gerade im das helle Recheck der Tür, getreten war, nickte zustimmend.
„Früher wäre so jemand an den Pranger gekommen. Heute kommen der mit einer Verwarnung davon. Es ist eine Schande!“

Die beiden fuhren in ihren Beschwerden fort, bis sie den Raum verließen. Ri war erleichtert, als Kajatan endlich erschien und auch sie hinaus konnte. Trotz allem war ihr die Hütte doch sehr unangenehm gewesen.
Aber kaum stand sie auf dem Platz und sah die ersten Kontrahenten in den Ring steigen, wünschte sie sich in die vermeintlich sicheren Wände zurück.

Sigall stand noch bei dem Mann, der heute Nacht versucht hatte sie zu sabotieren und so ruhten die Kämpfe für den Augenblick. Doch es war nur eine Frage von Minuten, bis die ersten Schwerter aufeinander treffen würden und Blut floss. Das Blut ihres Volkes.

Zum Schluss des Streits war Sigalls Gesicht rot angelaufen und er brüllte sein Gegenüber ungehemmt an. Schließlich verwies er ihn vom Platz.
Der bekam beinahe schnappartmung und warf den Kopf beleidigt in den Nacken, eher er davon stolzierte.

Sigall schaute ihm noch einen Moment wütend hinterher, dann wandte er sich ihnen wieder zu.
„Ich bedaure, dass sie dies mitansehen mussten. Die Kämpfe werden wie geplant stattfinden, machen sie sich bitte keine Gedanken. Der fehlende Platz wird unter den bereits ausgeschienenen vergeben.“

Alle murrmelten zustimmend und schienen das Geschehene schon in der nächsten Sekunde zu vergessen.
Ri konnte das nicht. Immerhin war sie es gewesen, die das kalte Metall an ihrer Haut gespürt hatte und sie fragte sich was geschehen wäre, wenn Kajatan nicht da gewesen wäre.
Fragte sich wieviele Golem sich schon in der selben Situation wie sie befunden hatten, ohne jemanden der sie beschützte.

Diese Gedanken begleiteten sie, während ein Kampf nach dem anderen endete und schließlich auch sie gerufen wurde.
Als sie in den Ring stieg war ihr zum weinen zumute, doch ihre Augen blieben trocken, als sie ihre Schwerter zückte und sich ihren Gegner stellte.

Das Herz der GolemOnde histórias criam vida. Descubra agora