85.Kapitel: Dort wo Freiheit wartet

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Ri stand am Fenster.
Ihr Rücken lag gegen Kajatans Brust gelehnt und Wärme strahlte von ihm zu ihr. Seine Arme hatten sich um sie geschlungen und lagen in einer lockeren Umarmung um ihre Schultern.
Er hatte sie nicht mehr los gelassen, seit sie ihn geküsst hatte und sie hatte nicht versucht sich zu befreien.
Die Nähe, die er ihr schenkte, schien langsam all die kleinen und großen Wunden zu schließen, die der Kampf in ihr hinterlassen hatte.

Glpcklich seufzend löste sie ihre Augen von den Straßen der Stadt und legte den Kopf in den Nacken. Er lächelte selig auf hinab und drückte ihr einen weiteren Kuss auf die Stirn.
Ri genoss die Berührung, diese starke Sanftheit, die sie in seiner Zärtlichkeit spürte. Er gab ihr das Gefühl von Sicherheit und sie fühlte sich geborgen.
Daran änderte auch nicht das stetige gekreische, hinter ihnen etwas.
Rehema schrie noch immer, als wäre sie das Opfer dieser ganzen Geschichte und verfluchte die Golem, den Kristall und ihre kleine Schwester.
Die aber ließ sich von dem ständigen Lärm nicht aus der Ruhe bringen und gab dem wenigen Palastpersonal, das die Rebellion überlebt hatte eine Anweisung nach der nächsten.
Sie setzte ihren Namen unter so viele königliche Dekrete, das ihre Hand schließlich aufgab. Die ungeübten Muskeln versagten, aber selbst davon ließ sie sich nicht aufhalten.

Ri bewunderte die Entschlossenheit, mit der Alifia alles wieder gerade zu rücken versuchte, was ihre Schwester angerichtet hatte.
„Und bringt mir die Beschaffer, die während der Aufruhre gefangen genommen worden sind. Ich werde sie persönlich begnadigen“,
hörte Ri sie befehlen.

Kajatan hatte ihnen beiden berichtete, was dich in der Zeit ihrer Gefangenschaft zugetragen hatte. Die junge Königin, hatte sofort versprochen auch die Beschaffer frei zu geben, genau wie die Golem.
Nun schien sie wild entschlossen dieses Versprechen zu halten und alle Ungerechtigkeit auszumerzen.

In diesem Moment trat eine der Wachen die Rehema beschützt hatten, auf die Beiden Gestalten am Fenster zu.
Kajatan knurrte und machte Anstalten Ri hinter sich zu schieben, aber der Mann hielt in gebührenden Abstand inne.
Es war eines der Falkenaugen, die bereits länger im Dienste der Königsfamillie standen, als die Legenden zurück reichten.
Durch die Schlitze seiner eisernen Maske sah er auf Ri hinab.

Die Golem, die zunächst mit einem versteckten Angriff gerechnet hatte, blickte nun verwundert in das eine Auge, das sie zwischen dem Metall erkennen konnte. Es stand seitlich vom Kopf ab, so das Ri immer nur eines betrachten konnte und im Schatten der Einbuchtung verschwand es fast ganz.
Aber trotz all dem, konnte Ri es erkennen, wenn auch nur schwach. Das Auge eines Vogels. Gelb, mit leichtem grün Stich und eine alte Macht, die darin verborgen lag.

Ihr war, als wolle das Wesen ihr Etwas mitteilen. Etwas, das sie begreifen musste ohne das es ihr gesagt wurde. Sie wusste nicht ob diese Kreaturen überhaupt sprechen konnten, aber vielleicht lag es auch nur an der schweren Maske, die sie tragen mussten.

Und da erkannte Ri, um was das Falkenauge sie stumm baht.
Auch er sehnte sich nach Freiheit.
Sie musste beinahe über sich selber lachen, das sie es nicht sofort verstanden hatte.
Aber dann löste sie sich langsam aus Kajatand Umarmung, dem diese Idee nicht zu gefallen schien.
Sie trat vor und griff zu dem eisernen Helm hinauf. Das Falkenauge senkte den Kopf, um es ihr zu erleichtern und Ri begann die glatte Oberfläche nach einem schließ Mechanismus abzusuchen.

Sie fand tatsächlich ein Schloss, das mit seiner eisernen Stärke ein entkommen aus dieser Maske unmöglich machte. Doch egal wie stark es war, Ri war stärker.
Unter ihren Händen bog sich das Metall. Das Gebilde gab ein hohes Quietschen von sich, als protestiere es gegen diesen Eingriff. Doch wieder verlor es.
Ri öffnete den Helm, wie andere eine verklemmte Tür.

Der Mann hob nur langsam sein Haupt, als er spürte das das Gewicht entfernt wurde. Doch dann schoß er Ruckartig in die Höhe und einen Moment ließ der Anblick Ri glauben den Helm nie entfernt zu haben.
Es war noch immer der Kopf eines Falken, der sie ansah. Doch dieser war wirklich. Federn sproßen überall aus deiner Haut und lagen glatt und seidig an, bis der Hals in die Schultern überging. Ab da war alles wieder so menschlich wie es sein konnte.
Die Maske, hatte die selbe Form, wie das was tatsächlich darunter lag. Nur war der lange, gebogene Schnabel nicht beweglich gewesen. Derjenige darunter, allerdings schon.

Die beiden Hälften öffneten sich und entließen einen spitzen Schrei, bei dem sich die Federn des Wesens aufstellten. Die runden Vogelaugen blinzelten als sähen sie die Welt zum ersten mal und ein weiterer Schrei folgte.

Die Umstehenden wandten sich erschrocken zu ihm um und starrten das Falkenauge an, als hätten auch sie unter der Maske das Gesicht eines Menschen erwartet.

Als hätte sein Schrei sie angelockt, kamen weitere Falkenaugen zwischen den Bäumen hervor. Sie alle sammelten sich um die Golem und ihren befreiten Kameraden und unter den Masken drangen aufgeregte fipsige Laute hervor.

Ri suchte über die Masse an Köpfen den Blick der Königin. Die stand wie versteinert da, starrte entgeistert auf die Kreaturen, die sie Jahrelang um sich gehabt hatte, ohne zu ahnen welcher Natur sie wirklich waren.
Die stumme Frage, die der Golem ins Gesicht geschrieben war, beantwortete sie nur stumm mit einem Nicken.
Auch die Falkenaugen würden ihre Freiheit wieder bekommen.

Ri lächelte dankbar und machte sich daran einen weiteren Helm zu öffnen. Ein weiterer Befreiter stieß glücklich einen Schrei aus und ihm folgten mehr.

„Ri. Ri komm schnell, es Beginnt!“
Kajatans Stimme rief sie aus dem Ansturm der fedrigen Wesen.

Die Golem stolperte aus dem Pulk, der sich um sie gesammelt hatte und kaum gehen lassen wollte. Endlich erreichte sie das Fenster und Kajatan, der noch immer dort stand. Dem Beschaffer schien die Menge an Männern nicht zu gefallen, die Ri folgen wollten. Er schob sie etwas vor sich, so das er zwischen ihr und dem Ansturm stand.

Dann blickten sie gemeinsam hinunter auf die Straßen der Stadt. Dort öffneten sich die ersten Türen und Gestalten in der farbe der Dünen traten hinaus. Sie wirkten verwirrt, als erwachen sie gerade erst aus einem langen Schlaf. Um sie herum rannten Menschen wie aufgestochene Vögel. Sie konnten nicht begreifen was sie vor sich sahen.

„Komm, lass uns hinunter gehen. Und ihnen erklären was passiert ist“,
sagte Ri und griff die Hand des Beschaffers.
Kajatan lächelte, als er ihr zum Ausgang folgte.

Das Herz der GolemWhere stories live. Discover now