17.Kapitel: Dort in den Winden

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Ris nackte Füße verweilten einen Augenblick auf dem glatten Untergrund, nachdem sie aufs Deck getreten war. Sie hatte dieses Gefühl vermisst. Dieses und das des schwankenden Bucks unter sich und des Sturms, der ungebremst gegen ihre Haut schlug.
Sie atmete tief ein und füllte ihre Lungen mit der Heißen Luft, in der der Geruch von Sand und Diamantit lag.

Das fahren eines Windschiffes, war eines der wenigen Dinge gewesen, die sie rückblickend, geliebt hatte.
Bei den Erinnerungen an die vielen male, die sie so über das Wüstenmeer gereist war, musste sie unwillkürlich lächeln. Doch es erstarb wieder, als andere Bilder ihren Geist fluteten.

„Ri!“,
hörte sie Kajatans gedämpfte Stimme aus der Kabiene. Er war dort geblieben, mit dem Gehilfen, darauf vertrauend das sie das Schiff wieder unter Kontrolle brachte.
Eine Aufgabe, bei der sie ihre lämenden Erinnerungen nicht gebrauchen konnte, also schob sie sie gewaltsam in die hinterste Ecke ihres Bewusstseins.

Auf Deck befanden sich drei weitere Golem, die sich mit ihrem Gewicht in die Seile warfen, von Bug zum Heck jagten oder einfach nur da standen, auf den nächsten Befehl wartend. Sie würden auf das hören, war Ri ihnen sagte, dafür hatte der Gehilfe gesorgt. Ohne seinen Befehl, hätten sie Ri nicht einmal wirklich wahrgenommen.

„Du,“
sie sprach einen von ihnen an. Er wand nicht den Kopf oder blinzelte oder ließ auf irgendeine andere Weise erkennen, das er sie gehört hatte.
Sie schluckte.
Sie alle einfach mit „Du“ anzusprechen würde schnell zu Verwirrung führen, aber sie konnte schlecht nach ihren Namen fragen.
Das erste mal in ihrem Leben verstand sie die Menschen, die sie mit Zahle riefen. Es war einfacher, als wirkliche Namen und doch weigerte sie sich es ihnen gleich zu tun.

„Du hörst auf den Namen Jarek,“
wies sie den größten an.

Zu der weiblichen Golem sagte sie:
„Du heißt Tinula
und du bist Leko.“

Der letzte der drei war ein sehr junger Golem, fast noch ein Kind.
Ri schätzte ihn auf höchstens fünfzehn und seine schmächtige Gestalt, die von den Böhen des Sturms beinahe mitgerissen wurde, machte sie unglaublich wütend.
Wütend auf die Menschen, die einen so kleinen Jungen bereits auf das Deck eines solchen Schiffes schickten.

Aber sie hatte keine Zeit darüber nachzudenken, den der Wind änderte in diesem Moment seine Richtung und ein weiteres mal hob sich der Rumpf aus dem Sand.

Sie packte das breite Tau, das den Bug mit dem Segel verband und stemmte sich gegen die Kraft der Elemente.
„Jarek, zweites Seil zum Heck! Tinula reff das Segel auf halbmast und Leko übernimm mein Tau!“
Die Golem gehorchten.

Es gelang Ri schnell das Sandboot unter ihre Kontrolle zu bringen und durch alle Böhen hindurch zu manövrieren, sie hatte auf all ihren Reisen scheinbar mehr gelernt, als sie gedacht hatte.

Und so waren es nur wenige Stunden, bis sie wieder die Spitzen des Palastes der Amiden in der Ferne funkeln sahen. Die Stadtmauern tauchten vor ihnen auf und Ri stellte seufzend fest, das sie nichts von ihrer unüberwindbarkeit verloren hatten.

Doch jetzt stellte sich ihnen ein neues Problem. Sie konnten die Tore nicht passieren, solange der Sturm tobte und dieser konnte noch Tage, vielleicht sogar Wochen andauern. Ri aber konnte das Schiff nicht sich selber überlassen. Ohne ihre Befehle würde der nächste starke Wind es gegen die Mauer werfen.
Doch so sicher sich der Himmel über ihnen dunkel färbte, so sicher sickerte die Finsternis auch in ihre Augen.

Schneller als sie gehofft hatte spürte sie ihr Unterbewusstsein, das an ihr Zog und sie in die Ebene stoßen wollte, auf der das Wesen bereits wieder nach ihren Gefühlen grub, aber sie durfte dem nicht nach geben. Tat sie es wäre es das Ende ihres Planes.

Ein Knarren ließ sie herum fahren. Die Lucke zum Lager öffnete sich langsam und Kajatan streckte seinen Kopf aus der Sicherheit des Schiffsbauchs.
Er wirkte nervös, fand Ri, konnte sich aber nicht länger als wenige Sekunden darauf konzentrieren. Diese winzige Ablenkung allein, hatte gereicht das Schiff sich wieder bedrohlich auf die Seite legen zu lassen.

„Tinula, mehr Segel, Leko, viertes Seil zum Bug!“,
brüllte sie, während Kajatan schwankend auf sie zu kam.

„Ri,“
schrie er durch den scharfen Wind, der ihm die Worte von den Lippen riss.

„Du musst dich ausruhen!“
Seine Stimme war eindringlich, als hätte er selbst mehr Angst vor dem was passierte wenn sie es nicht tat, als sie. Ri erwiderte nichts, aber sie hatte das Gefühl, dieses Gespräch schon einmal mit ihm geführt zu haben.

„Jarek, lös das dritte Seil!“

Ihre Augen folgten nicht dem Golem, der ihren Befehl ausführte, sie wusste das er es tat. Stattdessen hingen sie an den tanzenden Sandwirbeln, die um sie die fantastischsten Gebilde aufbaute, nur um sie gleich wieder in sich zusammen fallen zu lassen.

„Ri, ich meine es ernst. Wir können ein anderes Boot kapern und wieder kommen. Die Stadt läuft uns nicht weg.“

Sie wand ihm das Gesicht nicht zu. Sie wusste; das dichter werdende Schwarz, dort wo Gold sein sollte, hätte seine Sorge bestätigt und die Worte, die sie ihm entgegen brachte hätten ihre Wirkung verfehlt.

„Und was ist mit Danji?
Klar, wir können ihn mit nehmen, aber dann war sein Mut umsonst und wenn das Schiff verloren geht hat er nichts mehr.“
Kajatan stand hinter ihr, denoch musste sie schreien, damit er ihre Worte verstand, denn der Sturm brüllte um ihre Ohren und selbst Kajatan machte es fast taub.

„Er ist ein Mensch,“
rief er ihr ins Gedächtnis und Ri erstarrte. Nicht lange, nur für einen Herzschlag.

Er hatte recht, auf seine Weise. Die Menschen hatten ihnen beiden eine Menge angetan und seine Wut auf sie war verständlich. Auch sie spürte das Grollen gegen diese Spezies tief in sich, wann immer einer von ihnen eine weitere verachtenswerte Tat beging.
Doch Danji war noch ein Kind.
War es gerecht ihn für das Handeln seiner ganzen Rasse leiden zu lassen?
Ihn zu behandeln, als wären die Verbrechen aller, seine?

Nein!
Sie fand es nicht gerecht und so stand sie da, den Kopf unerbittlich erhoben, das Gesicht dem Sturm zugewand, das Ziehen ignorierend, das sie in den Schlaf treiben wollte.

Doch das Schicksal meinte es an diesem Tag gut mit ihnen, den die Winde erstarben plötzlich.
Der Sand, der gegen ihre Haut geschleudert wurde, blieb so unvermittelt aus, als habe jemand ihn abgeschnitten und das Schiff kam schlitternt zum stehen. 

Die Stadt Amidala erschien vor ihnen, als wäre ein Schleier gefallen und es kam Ri vor, als wolle sie sie mit ihrer schieren Erscheinung erdrücken. Die gewalltigen Mauern schienen bis in den Himmel zu ragen und nahmen zu beiden Seiten ihr gesamtes Blickfeld ein. Sie war so ungeheuer groß, das sie den Kopf in den Nacken legen mussten um ihr Ende, weit über sich zu finden.

Ri versuchte bei diesem Anblick keine Ehrfurcht zu empfinden, aber es gelang ihr nicht.

„Na komm,“
riss Kajatan sie aus ihrem Staunen.

„Am besten, du gehst unter Deck und schlaf auf keinen Fall ein. Der Gefährlichste Teil wartet noch auf uns.“

Das Herz der GolemDove le storie prendono vita. Scoprilo ora