19.Kapitel: Dort zwischen Verrätern

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Kajatans Augen folgten dem Gewimmel der Docks. Die Händler wollten so schnell wie möglich auf den Markt, um sich den besten Platz für ihre Stände zu sichern und so herrschte an den Anlegestellen ein Andrang, den er gerne umgehen wollte. Auch das Schreien und Rufen, das diesem Knäuel aus weißen Schiffen und schimpfenden Menschen entstieg, gefiel ihm nicht. Viel zu schnell würden sie hier Ziel der Aufmerksamkeit irgendeiner der Männer werden, der sich durch ihre bloße Anwesenheit in seiner Stellung bedroht fühlte.
Doch sich ein mit einem Platz an den hinteren Stellen zufrieden zu geben würde ebenso auffallen.
Also wartete er.

Es fiel ihm zunehmend schwerer seine Maskerade aufrecht zuhalten und mit rauer Stimme Befehle zu rufen. Seine Gedanken waren bei Ri, die noch immer im Bauch des Schiffes wartete.
Er fragte sich ob es ihr gut ging.
War alles gut gegangen, oder hatte das Wesen sich in der Zeit, die sie dem Schlaf fern blieb, in ihren Gefühlen fest gebissen?
Die Unruhe nagte an ihm und machte ihn genauso unaufmerksam wie reizbar.

Ein Krachen ertönte, als Diamantit auf Diamantit schlug. Erschrocken sah er auf und fand den Rumpf eines anderen Schiffes sich gegen ihren drückend.
Der Händler auf dem fremden Deck hatte versucht sie zu überholen, bevor sie in die günstiger gelegene Anlegestelle einfahren konnte. Doch er war nicht schnell genug gewesen und so waren die beiden Sandboote aufeinander auf gefahren.

„Hey! Habt ihr keine Augen im Kopf?
Ihr verdammten Idioten, wegen euch hat mein Schiff jetzt Kratzer!“,
schimpfte der Mann, als wäre es sein gutes Recht den besten Platz zu erhalten und Kajatan und der junge Gehilfe hätten versucht ihm diesen streitig zu machen.

Kajatan biss die Zähne aufeinander, um das Knurren nicht heraus zu lassen, das sich in seiner Kehle aufbaute. Er hätte nichts lieber getan als zu dem Schreihals hinüber zu springen und ihm das hochmütige Gesicht vom Fleisch zu trennen, aber er durfte nicht.
Also legte er all die Wut, die in seinem Inneren tobte, wie ein brodelndes Gewitter, in seine Worte.

„Meinst du mit „Schiff“ den verlotterten Kahn, auf dem du da stehst?
Du solltest froh sein, das der nicht auseinander fällt. Der ist doch genauso brüchig wie dein Verstand, du Kind eines Hamels! Sieh zu das weg kommst, bevor du dir selbst weh tust!“

Der Mann lief Rot an und schrie etwas das in Kajatans Schnauben unterging. Er hatte weder Zeit noch Lust sich mit einem solchen Kerl herum zu schlagen.

Er sah hinüber zu Danji, dessen Augen über die Anlegestellen wanderten. Kajatan folgte seinem Blick und konnte gerade noch eine blaue Gestalt zwischen den farblosen Giganten verschwinden sehen.

Die Wachen bereiteten ihm Sorge. Sie waren zu zahlreich, zu aufmerksam, das gefiel ihm nicht.

„Leg du an,“
forderte er den Jungen auf, dann lief er hinüber zur Lucke und ließ sich hinab gleiten.

Endlich vor den Blicken der Beobachter verborgen, richtete er sich zur vollen Größe auf. Seine Muskeln schmerzten, als nähmen sie ihm die Zeit, die er in einer so seltsamen Haltung verbracht hatte, übel. Doch er ignorierte ihren brennenden Protest, als er sich vorwärts Bewegte, dorthin wo er Ri zurück gelassen hatte.

Die Golem lag zusammen gekauert  zwischen den Kisten der Ladung. Den Kopf auf einer der Kanten abgelegt, so das ihr Haar wie flüssiges Gold über das Weiß rann. Das sanfte Gesicht wirkte im Schlaf entspannt und erinnerte ihn einmal mehr daran wie jung sie noch war. Ihre Brust hob und senkte sich langsam und im selben Takt kam ihr Atem über die leicht geöffneten Lippen.

Er musste sich beherrschen die Hand nicht nach ihr auszustecken. Der Wunsch sie zu berühren war immer dann am stärksten wenn sie schlief.
Er wusste nicht woran das lag. Vielleicht weil sie in dem seligen Frieden des Schlummers die Schönheit der Wüstenlilloe besaß. Vielleicht lag es auch nur daran, das er sie nur im Schlaf betrachten konnte, ohne das sie seinen Blick spürte und er hastig den Kopf abwenden musste.

Das Herz der GolemWhere stories live. Discover now