42.Kapitel: Dort auf dem Weg zur Arena

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Ris Körper jagte über den Sand, in den Augen ihres Gegner nicht mehr als eine verwischte Form in Gold und Schwarz. Kleine Fontänen aus spitzen Körnern stiegen dort auf, wo ihre Füße auf den Boden trafen. Dann sprang sie und landete auf den Schultern des Kolloses. Ihre Beine schlossen sich um seinen Kopf und ihr Schwung riss ihn mit nach unten.
Er fiel, wie ein ausgebrochenes Stück der Mauer, das dem Sturm nicht länger stand halten konnte. Stille trat ein, während jeder der Anwesenden auf die Spitzen ihrer Beidhänder blickten, die über dem Hals des deutlich größeren schwebten.

Der Trainer klatschte gelassen und machte einen Harken hinter dem Namen ihres angeblichen Besitzers. Dann wandte er sich ab und schritt zum nächsten Kampf, der entscheiden würde, wer ein Zertifikat erhielt und wer nicht.

Kajatans Befehl ließ sie aufstehen und an seine Seite treten. Die ganze Zeit regte sich nicht einer der Muskeln in ihrem Gesicht, doch innerlich jubelte sie.
Sie hatten es geschafft. Das Training war bestanden.
Sie hätte singen und tanzen können und am liebsten die ganze Welt umarmt.

Kajatan blickte kurz zu ihr hinüber und wagte es ihr ein stolzes Lächeln zu schenken. Sie hätte es gerne erwidert. Nach den letzten Tagen hatte er sich ein Lob genauso verdient wie sie.

Er war die Befehle noch oft wieder und wieder durch gegangen, auch nachdem sie schon lange zu Bett gegangen war. Hatte sich Taktiken und Möglichkeiten überlegt und ihr einige seiner eigenen Figuren gezeigt.
Auch hatte er sich im folgenden Training eben so sehr an sie angepasst wie sie an ihn.
Zusammen hatten sie die Stunden zwischen eifersüchtigen Männern und deren Kampf bereiten Marionetten überstanden und nun würde es sich endlich auszahlen.

Die einzige Sache, die ihrer Freude einen Dämpfer verpasste war die Erinnerung, das die Vorkämpfe noch auf sie warteten. Aber sie war sich sicher, mit Kajatan an ihrer Seite auch die überstehen zu können.

Sie fragte sich, wie die sein würden und sah gedanken verloren den anderen Kämpfen zu.
Am Ende waren es aber noch immer zweiunddreißig Stück, die mit ihnen zusammen das Zertifikat erhielten.

Der, noch immer, namenlose Trainer hatte darauf geachtet, das es genau diese Zahl war. Denn nur sechzehn, also die Hälfte von ihnen würde es ins Kolloseum schaffen, wo immer zwei aufeinander treffen würden, bis nurnoch einer stand.
Das zumindest war der Plan.
Sie konnten nicht ahnen das Ri und Kajatan die gewohnten Abläufe gründlich durcheinander bringen würden.

„Es werden insgesammt sechzehn Kämpfe statt finden, wobei der jeweils unterlegene raus ist. Die Kämpfe dienen der Vorbereitung und sollen gleichzeitig den Leuten die Möglichkeit geben die Kandidaten kennen zu lernen. Auf die glücklichen Gewinner werden dann Wetten abgeschlossen, davon lebt dieses Geschäft schließlich.

Es wird zwei Tage dauern bis alle Gruppen durch sind. Der Auftakt in der Arena ist jedoch erst in vier Tagen. Die Zeit dient der Wett annahme.
In dieser Zeit werden die Golem hier unter gebracht sein.“

Der Mann, der ihnen das alles so nüchtern erklärte, als ginge es nicht um Kämpfe auf Leben und Tod sondern lediglich um ein Zimmer in einem Hotel, hatte sich als Sigall vorgestellt. Er würde alles überwachen und hatte das letzte Wort bei der Frage, wer am ende in der Arena stehen durfte.

Er führte die Truppe aus frisch zertifizierten Golem samt ihrer Besitzer durch das Gedränge, das rund um das Kolloseum herrschte. Die meisten Stände schienen Wettstände zu sein, die bereits die ersten Angebote für die kleineren Kämpfe annahmen. Doch auch alle anderen Auslagen drehten sich in irgendeiner Weise um die Kämpfe, die hier einmal im Monat stattfanden. 
Weiße Tücher spannten sich über die Buden und bildeten ein stetiges Dämmerlicht. Die Bahnen schützen sie auch von der erbarmunslosen Kraft der Sonne und dem Sand, der vom Himmel zu fallen schien, wenn vor den Toren der Sturm tobte.

Schließlich erreichten sie einen Steinkreis, der eine art kleine Arena bildete. Rund herum waren Bänke aufgebaut worden, die jetzt verlassen darlagen. Gleich daneben lag ein behelfsmäßiger Verschlag, der scheinbar das Ziel von Sigall war, denn er hielt darauf zu.

„Hier drin werden die Golem aufbewahrt.“

„Warum können wir sie nicht mitnehmen, so wie sonst auch?“
stellte einer in der Menge die Frage, die Ri selbst beschäftigte.

Sigall seufzte, als wäre das offensichtlich.
„Um Manipulation zu vermeiden. In der Vergangenheit gab es immer wieder Versuche die Generischen Golem auszuschalten, deshalb haben wir schließlich beschlossen sie wegzuschließen. Keine Sorge, gleich morgen bekommt ihr sie wieder und jetzt bringt sie rein. Ich will noch die Paarungen auslosen, ehe es dunkel wird.“

Die anderen Golem strömten an ihr vorbei ins Innere, nur Ri stand unbewegt da. Der Gedanke an die Nacht, hielt sie unbewegt. Nicht weil sie das alleine sein fürchtete, aber doch den Schlaf, den sie als einzige brauchen würde und der sie verraten konnte, wenn jemand es bemerkte.

„Ich werde die Nacht Wache halten,“
flüsterte ihr Kajatan zu und nahm ihr damit einen großen Teil ihrer Sorgen.

Als letzte betrat sie den winzigen Raum, in dem die Golem aufgereiht standen. Kajatan, der nicht riskieren konnte das jemand ihn bemerkte folgte den anderen hinaus, nicht ohne sich noch einmal zu ihr umzudrehen und ihr einen aufmunternden Blick zu zu werfen.

Es half ihr tatsächlich damit umzugehen, wie die Tür hinter ihm geschlossen wurde und sie sich auf einmal alleine in völliger Finsternis befand.
Nicht nur das Licht fehlte, auch die Geräusche von draußen verstummten zusehens und all die anderen neben ihr waren so still, als wären sie wirklich die leblosen Marionetten, für die die Menschen sie hielten.

Ri fühlte sich mit einem mal allein. Mehr noch als in der Zeit ihrer Reise, wenn Kajatan mal wieder Vorräte besorgen war. Denn dann hatte sie zumindest die Sterne gehabt oder Stimmen, die zu ihr hinein drangen doch hier gab es nichts von alle dem.

Auch fragte sie sich wie sie hier schlafen sollte. Es war kaum genug Platz, das sie sich setzen konnte.
Doch noch wagte sie nicht nach einer Möglichkeit zu suchen, denn sie wusste nicht ob vielleicht Sigall wieder kommen würde um nach ihnen zu sehen.

Also wartete sie.
Und gerade als sie sicher war, das niemand mehr kommen würde, wurde die Tür geöffnet.

Im schwachen Licht das der Mond in die Kammer warf konnte sie eine Gestalt erkennen. Den Umriss eines Mannes und erst schlug ihr Herz vor Freude höher, doch er bewegte sich so hastigen und ungelenken wie Kajatan es niemals tun würde.
Wer auch immer das war, er war unerlaubterweise hier.

Das Herz der GolemWo Geschichten leben. Entdecke jetzt