4.Kapitel:Dort zieht ein Sturm auf

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Kajatan lief die belebte Straße hinunter. Der feine Sand, der vom Sturm dunklen Himmel hinab regnete lag in einer dicken Schicht über allem und knirschte unter seinen schweren Stiefeln. Es machte das voran kommen beschwerlicher und machte ihm das lautlose Bewegen zudem schwer.

Er huschte von Schatten zu Schatten immer darauf achtend niemanden all zu lange an zu sehen oder in den Weg zu geraten.
Das Tuch über seinem Gesicht schützte ihn zudem vor neugieren Blicken und so war er nicht mehr als ein kurzes Huschen im Augenwinkel der Menschen, die zwischen die Häuserschluchten wanderten.

Dieses Verhalten hatte er so lange trainiert, bis es ein Teil seiner selbst geworden war. Er konzetrierte sich nicht auf die schnellen Bewegungen, sein Körper bewegte sich wie von selbst am Rande der Aufmerksamkeit der Masse.

Seine Gedanken waren bei Ri.
Die junge Golem hatte eine menge durch gemacht und für ihren Mut und ihre Entschlossenheit konnte er sie immer nur bewundern. Dennoch hatte der Kampf und die Torturen Spuren hinterlassen. Er sah es in ihrem Lächeln, dessen Strahlkraft abgenommen hatte, in dem Zweifel, der manchmal in ihren Augen aufflackerte oder am Zorn, der plötzlich in ihrer Stimme lag, wenn sie über die Menschen sprach.

Er konnte diese Wut verstehen und hätte auch verstanden, wenn sie ihrem Ärger einmal Luft gemacht hätte, und dennoch beunruhigte es ihn einmal mehr. Nicht si sehr, wie damals, als er den Hass in ihrem Blick gesehen hatte, aber genug, das es ihn beschäftigte, während er auf die Mauer zu steuerte.

Plötzlich blieb er stehen.
Grade so, als hätte jemand eine Moment Aufnahme gemacht, war er in der Bewegung eingefroren.

Der heiße Wind, der ihm die ganze Zeit über ins Gesicht geweht war, hatte gedreht und unter dem vorherschenden Geruch von Mensch und Stein lag ein anderer.
Es war nur eine feine Note, fast zu schwach um sie war zu nehmen, selbst für seine Nase.

Er kannte diesen Geruch und er rief dunkle Erinnerungen wach. Bilder eines Lebenskapitels, das er eigentlich hatte vergessen wollen, zuckten durch seinen Geist und ließen ihn abrupt den Kopf wenden.

Die Straße lag vor ihm, wie jede andere dieser Stadt. Da waren Männer, in den weißen Kleidern der Händler, Frauen beladen mit schweren Krügen und Körben und ein paar Hamele, die von ihren Besitzern an der Leine geführt wurden. Er sah sogar die goldene Haut einiger Golem zwischen den eher verwischten Tönen. Aber nichts davon war ungewöhnlich.

Der Blick seiner scharfen Raubtieraugen huschte hektisch zwischen der Menge an sich bewegenden Körpern und den weißen Hauswänden hin und her, aber da war nichts.

Er schluckte schwer und versuchte sein heftig schlagendes Herz zu beruhigen. Wenn es stimmte was dieser Geruch ihm verriet...

Noch ein mal blähte er die Nasenflügel auf um nur ja keine noch so kleine Spur zu verpassen, aber da war nichts.

Ein Teil von ihm wollte es als unsinn abtun und einfach seinen Weg vord setzten, aber er hatte gelernt wie tötlich es sein konnte eine solche Warnung zu Ignorieren.

Er beschleunigte seine Schritte. Unruhe hatte von ihm besitz ergriffen und trieb ihn immer schneller vorwärts, die Deckung der Schatten immer öfter vernachlässigend.

Sein ganzes Sein war in diesem Moment von einem Gedanken beherrscht: Ri

Die junge Golem saß auf einer der nahen Dünen und betrachtete den Sonnenuntergang, der sich zu dieser Jahreszeit ewig hin zog.

Der glühende Feuerball hatte sich dunkel rot gefärbt und, als habe er den Himmel in brand gesteckt, leuchtete der sonst so blaue Baldachin in den Farben der Flammen.

Ri fragte sich ob sein Feuer auch auf sie herab regnen würde und die Angst vor dem was vor ihr lag aus dem Leib brennen würde.
Auch wenn sie wusste, das es Unsinn war, wünschte sie sich eben so ein Wunder.

Die Verantwortung lag schwer auf ihr, schwerer als sie es gegenüber Kajatan oder irgendjemandem zugeben wollte. Doch wenn dieser bei ihr war schien die Last leichter zu werden und Zuversicht vertrieb all die büsteren Gedanken.
Doch jetzt, wo sie ganz alleine war, spürte sie seit langem wieder ihre Gewicht auf dem Herzen. Sie schien ihr jeden, lebeswichtigen Schlag schwer zu machen und sie wünschte sich Shinda wäre noch bei ihr. Aber die Sandbestie hatte die nähe der Stadt kaum aushalten können und sich lieber in die Weite der Dünenlandschaft verzogen.

Ri wusste, das er kommen würde, sobald sie ihn rief. Er kam immer und ihr Herz wurde leichter bei dem Gedanken an seine treuen Augen.

Gedankenverlohren hob sie die Hand und fuhr mit den Fingern durch ihr Gesicht. Sie betastete abwesend ihr Auge und die feinen Risse, die davon ausgingen.
Die würden wohl niemals mehr verschwinden.

Eine Bewegung ließ sie den Kopf wenden.
Ein schwarzer Punkt huschte über das Beige der fernen Stadtmauer und kam geschmeidig unten auf.

Sie lächelte, als sie die typischen, raubtierhaften Bewegungen erkannte, die Kajatan ausmachten.
Sie hatte ihn nicht so schnell zurück erwartet, konnte aber nicht leugnen, das sie sich über den Anblick seiner herran nahenden Gestalt freute.

Seiner sehr schnell heran nahenden Gestalt.

Sie runzelte die Stirn, während sie Kajatan beobachtete, der wie ein schwarzer Schatten über den Sand jagte. Er war so schnell, das eine kleine Staubwolke hinter ihm aufstieg.

Es konnte nichts gutes bedeuten, das er so in eile war.

Dann bemerkte sie eine zweite Silhouette, die über die die ferne Kante der riesigen Mauer segelte.
Diese kam eben so geschmeidig auf und raste fast noch schneller auf sie zu.

Ris Herz setzte für einen Moment aus, nur um dan doppelt so schnell weiter zu schlagen. Etwas stimmte ganz und gar nicht.

Der erste der beiden Läufer war mitlerweile nah genug heran gekommen, das sie Einzelheiten erkennen konnte. Sie sah die vertraute, zerschlißene Kleidung und die dunkle Maske, mit der er sein Gesicht bedeckt hatte um in der Stadt nicht erkannt zu werden.

Doch etwas passte an diesem Anblick nicht. Es waren Kleinigkeiten, die sie immer unruhiger werden ließen. Ein Riss in seinem Umhang, der dort bei seinem Aufbruch nicht gewesen war, ein dunkler Fleck, der vom Öl der schwarzen Insel stammte und nun fehlte, das Nachziehen des rechten Beines, das auf eine alte Verletzung hindeutete, von der sie nichts wusste.

All das setzte sich in ihrem Kopf zu einem Bild zusammen, aber sie war unfähig es zu erkennen.

Dann sah sie seine Augen.
Schwarze Schlitze zogen sich wie unverheilte Wunden durch das Gelb, ein Anblick, den sie kannte. Doch ihnen fehlte die vertraute Wärme und das fröhliche Aufblitzen bei ihrem Anblick.

Statdessen lag in ihnen der Ausdruck von blankem Wahnsinn. Wie ein giftiger Schleier sah sie den Hass darin und spürte wie sich in ihr alles verkrampfte.

Wer auch immer dort auf sie zu jagte, es war nicht Kajatan.

Das Herz der GolemWhere stories live. Discover now