33.Kapitel: Dort bei den Marktständen

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„Kajatan,“
Ris Stimme klang flehend, aber er schaute nicht einmal auf. Er band sich weiter seine Stiefel zu, so als habe er sie nicht gehört.

Er wusste das er ihr damit weh tat und ein Teil von ihm wollte das sogar. Wollte das sie die selben Schmerzen empfand wie er. Aber der wirkliche Grund war, das er es einfach nicht schaffte sie an zu sehen.

Sie stand hinter ihm, die Rüstung schon angelegt, den Helm unter dem Arm.
Die Nacht hatte an ihr ihre Spuren hinterlassen. Ihre Muskeln schmerzten, als verlange ihr Körper nach dem Schlaf, den er nicht bekommen hatte.
In das Gold ihrer Augen mischte sich ein Rotton der von den Tränen herrührten, die sie still vergossen hatte.

„Ich wollte..“
begann sie, aber er unterbrach sie harsch.

„Lass es gut sein. Ich will nicht darüber reden.“
Er erhob sich und trat zur Tür. Da blieb er stehen und wartete darauf das sie ihm folgte.

Sie überlegte ob sie ihn fragen sollte, ob er auch weiterhin vor hatte vor allem was ihn verletzte weg zu laufen, wusste aber was es in ihm anrichten würde. Sie spürte wie verletzt er war, als läge es wie eine kalte Aura um ihn und das er ihr sein Gesicht nicht zuwandte war kein gutes Zeichen.

Er hatte die Tücher wieder angelegt, die nur seine Augen frei ließen, denn sie wollten hinaus. Aber es war ihr, als versuche er auf diese Weise, sein Gesicht, nicht nur vor den Menschen verstecken.
Hatte auch er geweint?
Lagen unter seinen Augen Schatten, wie unter ihren?

Sie wusste es nicht und sie wusste auch nicht was sie sagen konnte, um all das wieder gut zu machen.
Also blieb ihr nichts, als den Helm fester zu packen und Kajatan stumm zur Tür zu folgen.

Als sie aus dem Hauseingang traten umfing sie augenblicklich das Stimmengewirr der belebten Straße. Menschen liefen an ihnen vorbei, diskutierten Lautstark und fuchtelten dabei mit den Händen. Kaum einer bemerkte die schwarze Gestalt, die sich die Menge einfügte und den Golem, der ihr folgte.

Ri spürte ihren Herzschlag in jeder Faser ihres Körpers, als Kajatan vor ihr in durch den Strom der Leute tauchte und ihr nichts anderes übrig blieb, als es ihm gleich zu tun. Sie zwang ihre Beine sich zu bewegen, wie sie es geübt hatte. Wenn sie bereits hier versagte konnte sie das Grundtraining vergessen.

Sie achtete darauf, niemandem in den Weg zu treten, ohne all zu offensichtlich auszuweichen und stellte nach wenigen Minuten überrascht fest, das es ihr besser gelang als sie befürchtet hatte. Sie folgte Kajatan, vor dem die meisten Menschen sowieso zurück schreckten und so gelangten sie schließlich auf den Marktplatz.

So früh am Morgen waren die meisten Stände noch nicht aufgebaut, trotzdem wuselten einige besonders geschäftstüchtige Händler bereits zwischen den verschlafenen Verkäufern hin und her. Sie wirkten auf ihre Weise wie farblose Bienen, denen die Sonne nicht schnell genug aufging. Das Summen ihrer Gespräche erfüllte die Luft und Ri bildete sich ein sogar den süßen Geruch von Hönig zu riechen.

Die Vorstellung des Marktplatzes als großer Bienenstock amüsierte sie und sie musste ihre Zähne aufeinander beißen, um nicht zu lächeln.

Doch ihre Heiterkeit verflog, als Kajatan vor ihr abrupt stehen blieb. Zu nächst begriff sie nicht was passierte, dann sah sie die weiße Gestalt, die ihm in den Weg gestolpert war. Der Händler versuchte, mit hoch rotem Kopf, sich wieder aufzurichten, fasste dabei nach Kajatans Mantel, ohne zu erkennen wen er vor sich hatte.
Dabei schrie und schimpfte er, als wäre er einer der Dockarbeiter.

„Ich kaufe mein Diamantit seit Jahren bei euch. Verlogenes Gesindel, ihr alle! Wie könnt ihr es wagen mich so zu behandeln.“

Ein Verkäufer, alt und von den Tagen in der Sonne gegerbt, saß auf einem Schemel, vor einem der geschlossenen Stände. Sein junger Gehilfe, der den Mann scheinbar von ihm gestoßen hatte, stand beschützend daneben.

Das Herz der GolemWhere stories live. Discover now