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Mein Herz schlug mir bis zum Hals. Robin hatte Oli überredet mit ihm joggen zu gehen, während Kim trainierte. Auch mich hatte er überzeugen wollen, aber mir kam das gerade recht, dass die beiden nicht da waren. So konnte ich, ohne es jemanden erklären zu müssen, Kim folgen, die in das Schwimmbad lief.

Das Gebäude stand einzeln hinter dem großen Schulgebäude in Richtung der Wohnheime der Kleinen. Es war größer als ich gedacht hatte, aber vielleicht täuschte das auch nur und wirkte von Außen größer als von Innen.

Ich holte mein Handy aus der Tasche und schrieb:

„Hey Adrian, drück mir die Daumen. Ich stehe vor dem Schwimmbad und versuche das durchzuziehen. Ich werde gleich versuchen mit Kim zu trainieren, aber ich hab Angst..."

Es dauerte nur wenige Sekunden, bis die Antwort ankam:

„Du schaffst das! Ich glaub an dich!"

„Immerhin einer."

„Du hast es doch schonmal geschafft. Warum sollte es jetzt nicht klappen?"

„Weil du nicht hier bist?"

„Meine Gedanken sind bei dir und ich drück dir die Daumen!"

„Was könnte dann noch schief gehen?"

„Gar nichts. Ganz genau! Du schaffst das!"

„Ich schaffe das..."

„Und jetzt noch einmal mit etwas mehr Überzeugung!"

„Ich schaffe das."

„Und noch einmal!"

„Ich schaffe das!"

„Yes! Du schaffst das! Genau das will ich hören! Und jetzt, steck dein Handy weg und geh da rein!"

Ich seufzte, aber hörte auf ihn. Mein Handy steckte in der Hosentasche und weil ich etwas brauchte in das ich meine Hände klammern konnte, griff ich in das Handtuch, was über meinem Hals hing. Ich hatte zwar nicht vor das Wasser zu berühren, aber falls ich doch einen Tropfen abbekommen sollte, brauchte ich schließlich etwas um mich abzudrücken und um das Gefühl zu haben nicht schutzlos zu sein.

Mit geschlossenen Augen atmete ich ein letztes Mal tief ein und riss die Tür auf, bevor ich es mir doch noch anders überlegen konnte.

Der Chlor verschlug mir den Atem für einen Moment und auch mein Herz schien einen Schlag auszusetzen, um anschließend nur noch schneller zu raßen.

Bevor mein Kopf etwas dagegen sagten konnte, lief ich los. Setzte einen Fuß vor den anderen und konzentrierte mich auf eine ruhige, gleichmäßige Atmung.

„Elle?"

Es dauerte zwei Sekunden, bevor ich den Kopf in die Richtung wenden konnte, von der Kims Stimme gekommen war. Sie stand am Beckenrand und zog ihre Schwimmbrille auf die Stirn.

„Was machst du denn hier?"

Ich schluckte. „Du wolltest doch, dass ich mit dir trainiere..."

Ihre Augen weiteten sich. „Ist das dein Ernst?!"

Unbewusst schüttelte ich leicht mit meinem Kopf, sagte aber: „Ja."

„Das ist ja großartig! Danke!" Sie rannte auf mich zu.

Doch bevor sie mich erreichen konnte, stolperte ich nach hinten und streckte die Hand vor mir auf.

„Oh." Sie schaute auf ihrem nassen Körper hinab. „Sorry."

„Alles gut.", log ich. „Willst du... Willst du erstmal ein paar Bahnen schwimmen, damit ich mir das anschauen kann?"

„Klar! Alles, was du willst!"

Ich nickte und war sehr froh, dass wir allein hier waren. Es gab wohl noch ein zweites Becken, wie es schien, aber hier waren wir nur zu zweit. Das Becken war 50m lang und sechs Bahnen breit. Auf beiden Seiten waren Tribünen aufgebaut.

„Das ist echt großartig! Ich kann noch gar nicht glauben, dass du wirklich hier bist! Ich danke dir! Aus tiefsten Herzen, das ist so cool!"

„Warte mal ab, ob ich dir überhaupt helfen kann. Ich hab nie wirklich jemanden trainiert..."

„Aber du bist eine fantastische Schwimmerin!"

„Nur weil man etwas kann, heißt das nicht, dass man das auch vermitteln kann.", gab ich zu bedenken. „Du kannst auch lesen, aber weißt du, wie du es jemanden beibringst?"

„Nein, das nicht, aber ein Kind, das die Grundlagen beherrscht, kann ich helfen besser lesen zu lernen und die Grundlagen im Schwimmen beherrsche ich auch."

„Jetzt hast du es geschafft mein Beispiel so umzudrehen, dass mein Argument weg ist..."

„Jap." Sie grinste mich an und stieg auf den Startblock. „Bereit?"

„Wann immer du willst."

Sie sprang hinein und begann zu schwimmen.

Während sie die erste Bahn zurücklegte, folgte ich ihr zwar mit meinem Blick, registrierte sie aber kaum. Das Blut schien in meinen Adern zu kochen, mein Kopf zu explodieren und meine Kehle immer enger zu werden. Ich hatte das Bedürfnis zu schreien, aber selbst, wenn ich es zulassen würde, hätte der Schrei nicht rausgekonnt. Er steckte fest.

Also schloss ich während ihrer zweiten Bahn die Augen und versuchte mich selbst zu beruhigen, indem ich mich auf meine Atmung konzentrierte. Ein und Aus.



Greatest Love but Greatest FearWhere stories live. Discover now