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Als wir unsere Sachen im Zimmer zusammengepackt hatten und wieder nach unten an die Rezeptionen gingen, um den Schlüssel abzugeben, hatte uns die Frau ein Picknick überreicht für die Wanderung.

Wir wollten es erst nicht annehmen, aber am Ende überzeugte sie uns doch. Die Alternative wäre schließlich gewesen, dass es wahrscheinlich wegkommt und außerdem hatte sie sich extra die Mühe gemacht uns die Brote vorzubereiten.

Dass es viel zu viel Essen für ein Tag war, konnte man bereits auf dem ersten Blick erkennen, aber immerhin mussten wir jetzt keine Angst haben an Hunger zu leiden als wir, nach einem kurzen Zwischenstopp im Haus, die Wanderung begannen.

Es dauerte nicht lang bis wir an der Hütte ankamen, von der sie erzählt hatte. Es war eine alte Holzhütte, die mehrere Sitzgelegenheiten bot und auf einer Seite offen war, sodass man auf dem Weg schauen konnte.

„Und dahinter soll ein Weg sein?", fragte Robin und musterte das hohe Gras, die Büsche und Bäume, die um die Hütter herum wuchsen.

„Das werden wir gleich erfahren.", meinte ich und setzte einen Fuß auf die Wiese. Ich versuchte so wenig Pflanzen wie möglich zu zertreten und tatsächlich. Hinten angekommen führte ein winziger Weg weiter. Ein Weg, der durch die reinragenden Äste ziemlich gut versteckt war. Nur wenn man wusste, wonach man suchte, sah man es. „Na, dann mal los."

Robin folgte mir und mit der Zeit wurde der Pfad immer breiter, bis man es letzten Endes wirklich einen Weg nennen konnte.

„Bis hierhin haben wir es also schonmal geschafft."

„Und jetzt geht es eigentlich nur noch gerade aus, außer wir wollen früher umdrehen. Sollten wir hinkriegen."

„Auf jeden Fall kriegen wir das hin!"

Wir liefen eine Weile schweigend nebeneinanderher. Für mich ein Zeichen dafür, wie sehr ich Robin mittlerweile mochte. Ein angenehmes Schweigen war etwas, das ich sehr zu schätzen wusste. Ich musste mir nicht den Kopf zerbrechen, um so schnell wie irgend möglich ein Thema zu finden, um die Stille zu durchbrechen. Ich fühlte mich wohl und seinem Gesichtsausdruck nach ging es ihm ähnlich.

Wir mussten uns nicht zwingen zu sprechen. Die Anwesenheit des anderen war auch so schön.

Momentan liefen wir durch einen dichten Wald. Es wirkte wie eine Kulisse eines Fantasy-Films. Der verwunschene Wald, in dem wir gleich einem magischen Wesen begegnen würden. Vielleicht eine Fee oder einem Zentauren. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wären sie uns gegenüber positiv gestimmt, denn auch wenn der Wald was mystisches hatte, wirkte er alles andere als bedrohlich.

Ab und zu drangen Sonnenstrahlen durch das dichte Blätterdach und durch die Reflektionen schien der Wald zu glitzern.

Es war einfach wunderschön. Leute, die behaupteten Magie sei nicht echt, täuschten sich gewaltig. Klar, ich glaubte auch nicht an Zauberei wie von Bibi Blocksberg oder an Feen wie Tinkerbelle und es war sicher auch nicht möglich Tote wieder zurückzuholen, aber Magie war dennoch real. Man musste sich nur die Natur anschauen.

Die Welt um uns herum war Magie. Die Welt, in der wir lebten, bestand aus so vielen Wundern, aber die Menschheit entschied sich lieber sie nach und nach zu zerstören und damit auch die Magie, die in ihr lag.

„Lyca hätte es hier geliebt." Robin warf mir einen kurzen Seitenblick zu und schaute wieder nach oben zu den Baumspitzen. „Sie wäre am liebsten immer an der freien Luft gewesen. Mitten in der Natur war sie am glücklichsten. Wahrscheinlich hatte das daran gelegen, dass sie so viel Zeit im Krankenhaus verbringen musste..."

Ich griff nach seiner Hand und verschränkte seine Finger mit den meinen.

Jetzt lächelte er mich doch an, wenn sein Lächeln auch traurig wirkte. „Tut mir leid. Ich weiß, dass du das hier machen wolltest, um einen Tag lang nicht darüber nachdenken zu müssen... Ich bin schon still."

„Nein, rede weiter. Bitte." Ich schüttelte den Kopf. „Der Grund für den Ausflug war nicht, dass ich vergessen wollte. Das kann ich gar nicht. Klar, ich habe in der letzten Stunde weniger über den Unfall nachgedacht, als wenn ich mich durch die Erinnerungen in unserem Haus wühle, aber ganz vergessen kann ich es nie. Außerdem hast du jedes Recht über Lyca zu reden. Bitte, sprich so viel über sie, wie du möchtest!"

„Was ist dann der Grund für den Ausflug?"

Ich zuckte mit den Schultern. „Ich hatte Lust darauf. Ich wollte etwas mit dir unternehmen. Eine schöne Zeit verbringen."

Sein Lächeln wurde breiter und er zog mich kurz an sich. „Die Zeit mit dir ist immer schön."

„Du bist wirklich ein unverbesserlicher Charmeur." Ich schüttelte den Kopf, konnte aber das Grinsen nicht verhindern. „Das ist echt nicht zu fassen!"

„Eines meiner besonderen Talente." Er grinste zurück. „Eines von vielen."

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