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„The Soul of an Octopus", las Robin vor und schaute sich mein Buch genauer an, bevor er es wieder auf meinen Nachttisch legte. „Ist es gut?"

Ich hatte bereits auf dem Boden gesessen als er, sogar nachdem er angeklopft hat, ins Zimmer gekommen war, wo er es sich, wie immer, auf meinem Bett gemütlich gemacht hatte. Ich hatte die kühle Scheibe an meinem Rücken gebraucht. Zwar hatte der Besuch des Sees meine Nerven tatsächlich wieder beruhigt, aber es war trotzdem gut. „Ja, also ich hatte eigentlich mehr erwartet, da ich sehr viel Gutes davon gehört hatte..."

„Wirklich? Ich hab noch nie was davon gehört."

„Sicher?" Ich runzelte die Stirn. „New York Times Bestseller und hat auch Preise gewonnen vor ein paar Jahren. Sy Montgomery hat echt viele von diesen Büchern veröffentlicht. Hast du wirklich nichts von dem Buch gehört?"

„Sy Montgomery?", wiederholte er. „Das sagt mir was..."

„Achso, warte!", rief ich und rieb mir dir Stirn. „Wie hieß es nochmal? Nicht Date... Ähm... Ah ja! Genau! Rendezvous mit einem Oktopus! So heißt das auf Deutsch."

„Ah!" Er nickte. „Doch, ja! Stimmt!"

„Hätte mich doch gewundert, wenn du nie etwas davon gehört hättest. Du kennst doch sonst jedes Buch."

„Nicht jedes, aber fast."

Ich verdrehte die Augen, musste aber trotzdem lachen.

„Okay, aber du bist enttäuscht?"

„Ach, keine Ahnung..." Ich seufzte. „Vielleicht bin ich auch selbst das Problem... Das Buch ist an sich gut, nur... ich weiß nicht... Ich dachte man würde mehr über Oktopusse lernen... Es ist jetzt nicht so, dass man nichts lernt, aber es wiederholt sich sehr oft und ich zumindest, wusste vieles von dem schon. Ich dachte sie würde mehr in die Tiefe gehen und generell geht es mehr um die Liebe der Autorin zu Oktupussen als um Oktopusse selbst, was ja nicht zwingend schlecht sein muss, aber es war nicht das, was ich wollte... verstehst du?"

„Klar! Wenn man etwas anderes erwartet, ist das immer kritisch..."

„Ich bin fast durch damit, dann kannst du es lesen, wenn du willst.", schlug ich vor. „Vielleicht gefällt es dir ja besser, wenn du nicht so hohe Erwartungen hattest."

„Gerne!" Er lächelte mich an. „Und was machen wir den restlichen Tag?"

Ich zuckte mit den Schultern.

„Willst du raus eine Runde spazieren gehen oder einen Film schauen? Oder... Unten Billard spielen?"

„Ach keine Ahnung... Eigentlich will ich gar nichts mehr machen..." Das war die Wahrheit. Ich fühlte mich schlapp. Als hätte man mir die Lebensenergie ausgesaugt. Am liebsten würde ich mich ins Bett legen und für hundert Jahre schlafen, wie Dornröschen. Auf den Prinzen würde ich verzichten, es ging mir einzig und allein um den Schlaf. Kim würde vermutlich täglich trainieren, aber ganz sicher könnte ich das nicht täglich mit ihr machen. Es war schon allein für meine Psyche schwierig, aber jetzt kam dazu, dass die Psyche auch noch meinen Körper auslaugte. Beides zusammen, Geist und Körper, war zu viel. Zweimal die Woche? Nur einmal die Woche? Die EOCYSC war im April, also noch knapp drei Monate. Das war zwar nicht unfassbar viel Zeit, aber ich würde mit dem Training auch keine Wunder erzielen. Ich wusste nicht, wie man jemanden trainierte. Ich konnte ihr nur sagen, was ich anders gemacht hätte und Methoden vorstellen, die man mir gezeigt hatte, aber viel beibringen könnte ich ihr nicht. Ich sollte also vielleicht mit einmal pro Woche anfangen und wenn ich merkte, dass ich damit zurechtkam, dann konnte ich ihrem Training zu öfters beiwohnen. „Also wohl eher ein Film."

„Was für einen?", wollte er wissen, stand aber schon auf, um mein Laptop zu nehmen. „Darf ich?"

„Klar.", antwortete ich schulterzuckend und stand ebenfalls auf. „Such dir was aus, aber wenn es nicht spannend genug ist, schlaf ich vermutlich ein."

„Magst du Horror?", fragte er mit einem schiefen Grinsen. „Ich beschütz dich auch."

„Boah!" Ich verdrehte die Augen. „Kannst du dir solche Kommentare nicht sparen? Ich hab das Gefühl, dass du damit jeden Fortschritt bei der Emanzipation mit Füßen trittst."

Sein Grinsen verschwand. „Tut mir leid. Das wollte ich nicht und ich weiß sehr wohl, dass ich nicht besser bin als du, nur weil ich ein anderes Geschlecht habe. Feminismus ist wichtig und auch sicher nicht nur für Frauen. Jeder sollte für Feminismus kämpfen. Es geht schließlich um Gleichberechtigung und das sollte ein Ziel sein, dass alle kümmert. Es war ein dummer Spruch, aber, bitte glaub mir das, nur ein Witz. Mir ist vollkommen bewusst, dass du eine starke, unabhängige Frau bist und keinen Mann braucht, um- naja, für gar nichts."

„Ganz genau.", stimmte ich ihm zu und verschwand kurz ins Bad.

Als ich wieder rauskam, saß Robin wieder auf meinem Bett, mein Laptop auf dem Schoß, aber sein Blick auf meinen Nachttisch gerichtet.

„Was ist los?"

Bei meinen Worten zuckte er zusammen und wendete sich mit gerunzelter Stirn mir zu. „Wer ist Adrian?"

Greatest Love but Greatest FearWo Geschichten leben. Entdecke jetzt