Catch Them If You Can (1)

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Die leichte Brise ließ mich schaudern.

Es war kalt geworden. Und diese Kälte trug nicht gerade dazu bei, dass ich mich besser fühlte. In jenem Moment konnte ich das Sprichwort "Geh an die frische Luft, dann wirst du dich besser fühlen" nicht ganz nachvollziehen, denn momentan schadete mir die "Luft" eher, als dass sie mir half.

Warum war ich nicht einfach in der Wohnung geblieben? Ich hätte mich so schön in meinem Bett einkuscheln können! Dann müsste ich all das hier nicht mitmachen, dann würde ich jetzt nicht zittern wie Espenlaub.

Doch nun war ich hier, konnte nicht mehr umdrehen.

Die Leuchttafeln hatten mich zum Westeingang vom Yoyogi-Park von Shibuya geführt. Mir war schon vom Weiten aufgefallen, dass sich der Park von anderen Teilen Tokios abhob: Er war beleuchtet. Es gab Strom! Aber... warum? Warum war dieser Ort anders, was machte ihn besonders?

Diese Überlegungen waren der Grund gewesen, weshalb ich zögerte. Ich war mir auf einmal nicht mehr so sicher, ob es eine gute Idee war, diesen Park zu betreten. Aber was blieb mir anderes übrig? Ich hatte keine Ahnung, ob es etwas brachte, wenn ich hier nach Antworten suchte, aber das Licht war ein Indiz, dass ich es vielleicht trotzdem versuchen sollte.

Also tat ich es.

Ich trat durch das Tor und bildete mir ein, ein Piepen zu hören, als ich hindurchging. Aber mittlerweile vertraute ich meinen Ohren nicht mehr, also schenkte ich dem Geräusch keine Beachtung. Ich folgte dem Weg, bis ich zum kleinen WC-Haus kam. Und dort waren...

MENSCHEN!?

Es waren andere Personen da! War ich vielleicht doch gerettet? Konnte ich jetzt Antworten kriegen und dann gemütlich umkehren?

Ich wurde augenblicklich schneller, um die kleine Gruppe zu erreichen. Sie standen um einen Tisch herum, auf welchem ganz viele Telefone lagen. Ich las das Schild, welches neben den Geräten stand:

1 pro Person

Verwirrt sah ich mich um. Erst jetzt bemerkte ich, wie jede Person ein Handy in der Hand hielt. Also nahm ich auch eins und es leuchtete auf. Verwundert starrte ich das Display an und beobachtete, wie ein Ladebalken erschien.

Gesichtserkennung läuft. Bitte warten!

Gesichtserkennung? Warum musste man mich erkennen? Ich wollte das Telefon zurücklegen, doch der Balken verschwand und eine Frauenstimme ertönte:

Registrierung abgeschlossen. Spieler erkannt: Hayashi Ayuna

Das Spiel beginnt in fünf Minuten.

Teilnehmerzahl: 9

Welches Spiel? Was ging hier verdammt noch mal vor?

Mittlerweile konnte man bei mir nicht mehr von Verwirrung sprechen, denn ich hatte überhaupt keine Idee mehr, was hier gerade überhaupt passierte. Deswegen bemerkte ich auch nicht, wie mich zwei Typen neugierig musterten.

"Hey, du da!", bellte einer von ihnen plötzlich und meine Aufmerksamkeit schweifte zu ihm. "Bist du Japanerin?", fragte er in einem höhnischen Ton und achtete darauf, das Wort lang zu ziehen. Ich hielt einfach die Klappe. Klar, ich kannte es, dass mir diese Frage gestellt wurde. Es war nun einmal nicht gerade häufig, dass blondhaarige Mädchen mit blauen Augen in diesem Land herumliefen. Aber ich war trotzdem hier geboren worden.

"Anscheinend nicht, denn sonst würde sie antworten", meinte Typ Nummer 2 und lachte.

"Was ist mit Tokio? Wo sind alle Menschen hin? Und was ist das hier für ein komisches Spiel?", ich ignorierte die Aussagen der beiden. Sollten sie sich lustig machen, es würde den Fakt, dass ich Japanerin war nicht ändern.

The Winners Take It All | ChishiyaWhere stories live. Discover now