Die Imposterin und die berühmten Stecknadeln im Heuhaufen

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Die nächste Location war nicht weit von meiner Wohnung entfernt. Ich konnte das Licht schon sehen, als ich aus dem Gebäude trat. 

Nun war es wieder soweit, ich musste erneut um mein Leben spielen. 

Nervös strich ich mir eine blonde Strähne aus meinem Gesicht, die aus meinem Zopf gerutscht war. Man konnte sagen, dass ich dieses Mal etwas mehr vorbereitet war. Meine Haare waren zusammengebunden und deshalb nicht mehr die ganze Zeit in meinem Gesicht und außerdem hatte ich nun etwas flexiblere Kleidung, in welcher ich mich etwas besser bewegen konnte. Sie war schwarz, was bedeutete, dass ich im Dunkeln besser zu übersehen war. Beim letzten Spiel war die helle Kleidung des ersten Hasen ihr Ende gewesen. Sie war zu schnell gefunden worden, weil sie das Licht praktisch mit ihrer weißen Jacke angezogen hatte. Diese Erkenntnis war mir gekommen, als ich mich für meine Kleidung entschieden hatte. Deswegen jetzt auch die schwarze Hose und der schwarze Pullover.

Zielstrebig ging ich auf das neue Spielgelände zu. Je schneller ich war, desto schneller hatte ich es hinter mir. Die Location war mir vertraut, ich konnte schon fast sagen, dass ich sie auswendig kannte. 

Es handelte sich umdie Stadtbibliothek, wo ich schon viel Zeit verbracht hatte, um für mein Studium zu rechechieren. 

Es war ein mehrstöckiges Gebäude, insgesamt waren vier Stockwerke mit Büchern vollgefüllt. Das konnte ja heiter werden... 

Ich blieb kurz vor dem Eingang stehen, holte noch einmal Luft und trat dann hinein. Auch dieses Mal hörte ich das Piepen, jetzt blieb ich aber stehen. Fenji hatte gesagt, man würde einen Laser durch den Kopf kriegen, sollte man das Gelände wieder verlassen. Ich war neugierig geworden - warum war das so? 

Vorsichtig näherte ich mich der Tür wieder und legte meinen Kopf schief. Für einen kurzen Moment sah ich es dann: Eine Laserschranke. Das Spielgelände war so abgegrenzt worden. Wer auch immer diese Spiele durchdacht hatte, hatte wirklich an alles gedacht. 

Ich schluckte, drehte mich wieder um und machte mich auf den Weg zur Anmeldung. Außer mir war noch eine andere Frau da. Sie hatte ein Bikinioberteil an, trug Dreadlocks und kaute auf einem Plastikteil herum. Mir fiel das komische Armband an ihrem Handgelenk auf, doch ich dachte mir nichts dabei. Sie schaute auf, als ich nach einem Telefon griff und die Gesichtserkennung laufen ließ. Dabei sah ich aus dem Augenwinkel, wie sie die Stirn runzelte, doch ich entschied mich dafür, dass ich der Geste keine Beachtung schenkte. Stattdessen zählte ich die Handys. Zwei waren vergeben, vier lagen noch auf dem Tisch. 

Es gab eine genaue Teilnehmeranzahl, merkwürdig. 

Ich lehnte mich an die Wand und hielt meinen Kopf gesenkt. Doch meine Ruhe wurde schnell unterbrochen, als ich zwei Stimmen hörte. Und die eine Stimme kam mir verdammt bekannt vor! Mein Herz schlug augenblicklich schneller. Es war so klar gewesen! Ich hätte es mir denken können, dass ich so viel Pech haben würde. Es war die Stimme vom Vormittag, die, die von der zerquetschten Fliege gesprochen hatte! 

"Ey Ey Ey! Hayashi! Was machst du denn hier, ich dachte, dass du nicht spielen wolltest?", sagte er und ich riss die Augen auf. Woher kannte dieser Typ meinen Namen?! "Halloooo! Hast du dein Selbstvertrauen verloren oder warum kriegst du den Mund nicht auf, Ayumi-chan?", warum nannte er mich bei ihrem Namen? Er hatte sich ein Handy gegriffen und in seine Hosentasche gesteckt. Sein Begleiter stand seitlich hinter ihm. Nein... Das konnte nicht sein, sie konnte nicht hier sein! Das war unmöglich! 

Plötzlich legte sich eine Hand unter mein Kinn und drückte meinen Kopf hoch, sodass ich aufsehen musste. Ich schluckte, als ich in sein Gesicht sah. Er war attraktiv, ohne Frage, aber ich spürte sofort, dass er gefährlich war. Seine Haare waren tiefschwarz und er hatte sie mit einem Zopf zurückgebunden, seine Piercings im Gesicht rundeten sein Abbild noch einmal ab.

Noch drei Minuten bis zum Spielbeginn!

Er schien mich genauer zu beobachten. "Was ist, Ayumi-chan, wirst du mir jetzt antworten?", fragte er noch einmal und ich schaffte es, mein Kinn aus seinem Griff zu befreien. 

"Ich heiße nicht Ayumi", entgegnete ich leise, bevor ich mich langsam von ihnen entfernte. Er blieb zurück, schien mich aber weiterhin zu beobachten. Ich hörte, wie er sich dann mit seinem Begleiter unterhielt. Es fiel das Wort "Imposterin", aber mehr verstand ich nicht, da sie tuschelten. Ich bekam mit, wie noch zwei weitere Personen das Gebäude betraten und sich registrierten, dann ging es auch schon los.

Registration abgeschlossen. Das Spiel beginnt nun.

Spielname: Die Stecknadel im Heuhaufen

Schwierigkeitsgrad: Karo 5

Regeln:

Alle Spieler werden sich nach Spielbeginn an der Buchausleihe einfinden.

Dort ist für jede Person ein Serum bereitgestellt, welches sich jeder innerhalb von fünf Minuten selber injizieren soll.

Jeder Spieler hat anschließend einen Code.

Dieser Code muss gelöst werden, um die Rätsel zu finden.

Die Rätsel müssen dann gelöst werden, um das Gegengift zu finden.

Sollte das Gegenmittel nicht vor Zeitablauf gefunden worden sein, heißt es Game Over.

Zeitlimit: 45 Minuten.

Spiel startet in 3, 2, 1, 0

Verbleibende Zeit: 44 Minuten, 55 Sekunden.

Ein Serum? Klingt nicht gut! 

Ich sah, wie sich die anderen bereits in Bewegung setzten und folgte ihnen deshalb. Tatsächlich befand sich bei der Ausleihe ein Wagen, wo sechs Spritzen drauf platziert waren. Ich schluckte, doch tat es den anderen gleich, als sie sich eine nahmen. Dann zog ich mich zurück und schaute mir das Zeug genauer an. Es war farblos, was es nicht viel besser machte. 

Ich krempelte meinen Arm hoch und spritze mir das Mittel in den Arm, wobei ich darauf achtete, dass ich die Vene abband. Es würde den Blutfluss verringern und somit bewirken, dass sich dieses Zeug nicht so schnell ausbreiten würde. Und dann wartete ich auf den Code. Doch nichts passierte. Sollten wir nicht jetzt einen haben? Ich nahm die leere Spritze in die Hand und begutachtete sie noch einmal. 

Sie hatte eine Seriennummer: 2 E 3 ASE DKP 56

Vielleicht war das der Code... Ich überlegte. Wo hatte ich diese Kombinationsart schon einmal gesehen? Sie kam mir ziemlich bekannt vor. Ich stand auf und ging zurück zur Ausleihe. Dort war keiner mehr. Ich griff über den Tresen und fand, was ich suchte. Die Kartei, wo alle Ausleihen schriftlich festgehalten worden. Ich zog eine Karte hinaus. Es stand eine Nummer drauf: 3 A 4 PS DP

Dann klickte es. 

Es waren die Plätze, wo man diese Bücher fand! Die 2 stand in meinem Code für das Stockwerk, das E war der Gang, die 3 stand für das Regalfach, ASE war der Autor, DKP der Titel des Buches und 56 die Seite! Ich machte mich auf den Weg zur Treppe, stieg sie hinauf und machte mich auf die Suche. Es machte es einfacher, dass ich die Bibliothek kannte, auch wenn ich eher im ersten und dritten Stockwerk unterwegs war. 

Ich betrat den E-Gang, suchte Regal 3 und dann nach Autor und Buch. Es war ein wenig schwer, denn ich kannte die meisten Titel nicht. Doch schließlich stieß ich über ein Buch, das passen konnte:  Antoine de Saint-Exupéry, Der kleine Prinz. Vorsichtig zog ich es heraus und schlug Seite 56 auf. Tatsächlich war dort ein Zettel versteckt. Auf diesem stand der Code, welcher auch auf meiner Spritze gestanden hatte. Und da war noch etwas: zwei Rätsel.

Es verbleiben 30 Minuten!

Zu meinem Unglück hörte ich Fußstapfen. Schnell verschwand ich aus dem Gang und zog mich in eine Leseecke zurück, die von neugierigen Blicken abgeschirmt war.

Dann wollten wir mal schauen, was es mit den Rätseln auf sich hatte...



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