Harmonie der Seelen

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Eine durchgängige, zaghafte Melodie.

So würde ich die Liebe beschreiben. Es war etwas, was nur schwer nachzuvollziehen war. Alleine das Verliebtsein war schon eine aufregende Zeit gewesen, doch was danach kam, das war noch so viel aufregender.

Ich konnte es noch immer nicht fassen. Mein Herz sprang vor Freude fast aus meiner Brust. Das, was mir unmöglich erschienen, war nun doch Wahrheit geworden.

Wir liebten, wir lachten, wir teilten Schmerz...

Und wenn auch die Liebe nur so schwer in Worte zu fassen ist, ist es das beste Gefühl, was ich jemals verspürt hatte. Es gab mir Kraft, ich fühlte mich sicher und genoss seine Zuneigung, die er nun endlich offen zeigte.

Eine unerwartete Zuneigung.

Ich konnte ihn für Stunden anstarren, ohne das mir langweilig wurde.

Alleine das Bewundern reichte mir aus.

Seine wunderschönen Lippen, seine grazile Haltung... Vielleicht auch sein bemerkenswerter Körper. Man mochte es ihm eventuell nicht ansehen, aber er war ziemlich gut gebaut... Irgendwie hatte ich vorher nicht wirklich darauf geachtet.

Heute Morgen war ich in seinen Armen aufgewacht. Seine Atmung war noch langsam gewesen, weshalb ich sofort gewusst hatte, dass er noch schlief. Um ihn nicht zu wecken, hatte auch ich wieder meine Augen geschlossen gehabt. Die Wärme, die von ihm ausgegangen war, hatte mich erneut in den Schlaf gelullt, aber nur so lange, bis auch in seinen Körper das Leben zurückkehrte.

"Guten Morgen", murmelte er und ein sanfter Luftzug zog über meinen Kopf hinweg. Ich ließ von ihm ab, damit er sich aufsetzten konnte. Er gähnte, bevor er sich streckte.

"Ich werde heute spielen", murmelte er leise, "Den Karo König." Für einen kurzen Moment spürte ich die Angst, die durch meinen Körper zuckte, bevor ich langsam nickte.

Warum hatte ich Angst? Ich wusste, dass er ein verdammt guter Spieler war. Er würde es überleben.

Komme es, was es wolle.

"In Ordnung... Ich werde in der Zwischenzeit noch ein paar Sachen besorgen, die uns fehlen", erwiderte ich und schenkte ihm ein Lächeln, bevor ich mich wieder auf den Rücken plumpsen ließ.

Glaubt mir, ich konnte das Grinsen auf seinem Gesicht praktisch hören, so breit war es in jenem Moment.

Das bedeutete, dass er schon wieder auf eine komische Idee gekommen war.

Meine Intuition sollte Recht behalten.

Ich war ein wenig überrumpelt, als er sich plötzlich vorbeugte und mir einen Kuss auf die Lippen drückte. Versteht es nicht falsch, ich war damit einverstanden, aber es war trotzdem ein wenig komisch.

Komisch in dem Sinne, dass es nun so einfach ging.

Meine Hand legte sich auf seine Wange und ich streichelte ihn mit meinem Finger. Er sah mich mit seinen schokoladenbrauen Augen an.

Ich hatte das Gefühl, dass ich mich gerade noch einmal neu in diesen Mann verliebte.

Er grinste mich an. Und dann...

... dann saß ich plötzlich wieder auf seinem Schoss. Wie das möglich gewesen war? Ich hatte keine Ahnung, es war so schnell gegangen, dass ich es nicht einmal richtig mitbekommen hatte.

Und jetzt blickte ich auf einmal in die Augen eines Raubtiers - nicht, dass es mich störte - und schmunzelte. Er hatte es also auch gespürt, die Sehnsucht, die mich nach unserem ersten Mal nicht mehr verlassen hatte.

Er schien auf meine Einverständnis zu warten, also nahm ich mir alle Zeit der Welt. Er hatte mich schon oft genug geneckt, deswegen erschien es mir als fair, ihn ein wenig zappeln zu lassen.

Und siehe da, er wurde tatsächlich ein wenig ungeduldig. Es war irgendwie schon niedlich anzusehen, wie sein Blick sich veränderte.

"Ayuna...", seine Stimme war nun direkt neben meinem Ohr und ich schmunzelte, "Das machst du extra, oder?"

Nö, überhaupt nicht, weißt du?

"Mmh, ungeduldig?", wollte ich wissen und war ein wenig selbst verwundert. Seit wann war ich so... überhaupt nicht mehr unschuldig?

Das war ja schon fast peinlich!

Obwohl... Nana hätte bestimmt gesagt, dass ich die Natur mittlerweile in vollen Zügen genoss.

"Oh? War das gerade die Einverständnis?", wollte er wissen und auf einmal lag ich wieder auf der Matratze, er positionierte sich über mir.

Mein Gesicht lief wie immer rot an. Er lachte, bevor er sich wieder zu mir herunterbeugte und einen sanften Kuss auf meine Lippen drückte.

Da war wieder der Chishiya, der sich in der rauen Hülse versteckt hielt - ich schätzte, dass bis jetzt nur ich diesen 'anderen' Mann kennengelernt hatte.

Die heißen Funken begannen meinen Körper zu beschlagnahmen. Seine Hand hatte sich an meinen Hals gelegt. Langsam und neckend ließ er seine Finger an meiner Haut entlangfahren, bis er schließlich an meinem Schlüsselbein angelangt war. Dort ließ er dann seine Finger kreisen und schickte praktisch Stromschläge durch meinen gesamten Körper.

Wenn er so weitermachte, würde ich in wenigen Sekunden verrückt werden. Er schien zu merken, dass er so langsam an meine Grenzen stieß und begann zu grinsen.

"Na?", seine Stimme war ein wenig rau, "Magst du mir jetzt die Antwort geben?" Oh verdammter Mist, er fand immer seine Wege, das Wort aus meinem Mund zu nehmen.

"C-Chishiya!", stieß ich aus und er beugte sich vor.

"Nuh? Immer noch auf Nachnamenbasis?", wollte er wissen und ich blickte ihm in die Augen. Er wollte, dass ich ihn beim Vornamen rief?

"S-Shuntaro?", ergänzte ich und er grinste zufrieden.

"So ist es besser. Und jetzt hätte ich gerne noch eine Antwort", seine Kreise auf meinem Schlüsselbein wurden größer.

"Du hast mein Einverständnis", hörte ich mich sagen. Er lächelte, aber nicht arrogant, sondern ehrlich.

"Mmh, das gefällt mir", erwiderte er und seine Lippen berührten meinen Hals. Ein peinlicher Laut kam mir über die Lippen und am liebsten hätte ich mir die Hand auf den Mund geschlagen, doch er ließ es nicht zu.

"Genau danach suche ich", wie konnte seine Stimme so verdammt hypnotisierend sein? Er zog mich erneut in seinen Bann, ohne, dass ich es so wirklich mitbekam.

Seine Hände wanderten tiefer, fanden die Stellen erneut wieder, die er schon vorher für sich entdeckt hatte.

Immer weiter nach unten und...

AU!

Ein stechender Schmerz lähmte mich für eine kurze Zeit, ich quiekte ein wenig erschrocken auf.

Er hielt sofort inne.

Auf einmal wurde es mir wieder bewusst.

Die Wunde, ich hatte ihm nicht davon erzählt... Und jetzt... würde er sauer sein? Was machte ich denn jetzt? Die Stimmung war gerade so gut, das wollte ich nicht versauen. Oder hatte ich das bereits?

"Ayu?", Chishiyas Stimme drang an mein Ohr, "Was ist los?" Ich konnte jetzt eh nicht mehr lügen, oder? Er würde es sowieso sehen.

Und so schob ich das Shirt ein wenig hoch, damit er sehen konnte, was Joshua mir angetan hatte. Das, was ich vor ihm verborgen hatte, wurde nun offengelegt.

Ich wagte es nicht, in seine Augen zu sehen. Er müsste denken, dass ich naiv war. So, wie es alle taten.

Doch...

Das tat er nicht.

The Winners Take It All | ChishiyaWhere stories live. Discover now