Neue Freunde?

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Ich wurde durch ein leises Rascheln geweckt.

Ein kurzer Blick auf die Uhr sagte mir, dass es eigentlich noch viel zu früh war und wir locker noch drei Stunden hatten, bevor wir aufstehen mussten.

Der junge Mann neben mir ruschelte ein wenig und ich setzte mich auf, um herauszufinden, was das Problem zu sein schien. Zu meinem Erstaunen war Chishiya gerade dabei, sich aus dem Bett zu schälen.

"Was ist los?", fragte ich leise und ich sah seinen Blick, trotz der Dunkelheit schienen seine Augen zu leuchten.

"Es hat geklingelt", murmelte er leise und ich starrte ihn verwundert an.

"Aber es ist doch noch mitten in der Nacht?", wollte ich wissen und er zuckte nur mit den Schultern, bevor er durch die Schlafzimmertür in den Flur verschwand. Ich war nun auch neugierig geworden und machte mich daran, mir eine Jacke über das lose Shirt und die Shorts zu werfen, bevor ich ihm grummelnd folgte.

Überraschenderweise hörte ich eine neue Stimme.

Eine männliche Stimme.

Instinktiv schloss ich den Reißverschluss meiner Jacke und spähte dann in das spärlich beleuchtete Wohnzimmer.

Dort saß tatsächlich eine fremde Person, die sich ruhig mit meinem Freund zu unterhalten schien.

Oh, hatte ich Shuntaro gerade als meinen Freund bezeichnet?

Ich kündigte mich mit einem Räuspern an und beide Blicke glitten zu mir, ein Grinsen erschien auf dem Gesicht der fremden Person.

Hatte ich schon erwähnt, dass es von Brandnarben übersät war? Nein? Gut, dann eben halt jetzt.

"Chishiyaaa! Du hast mir ja gar nicht erzählt, dass du ein Frauenheld bist!", er lachte und mir lief eine Gänsehaut über meinen Rücken.

Das Lachen kam mir bekannt vor...

"Halt die Klappe, Niragi", erwiderte Shu gelassen und ich stellte mich zu ihm, "Das ist Hayashi Ayuna." Niragi schien mich genaustens zu begutachten.

"Damn, du bist heiß", meinte er schließlich und kassierte Schläge von Shuntaro, während ich am liebsten im Erdboden versunken wäre.

"Mach mir keinen Ärger", sagte er schließlich, während er Niragi ein paar Kissen und Decken zu warf, "Und seh zu, dass du den Schlüsseldienst morgen zufassen kriegst!" Dann griff Shu nach meinem Arm und zog mich mit zurück ins Schlafzimmer.

"Viel Spaß, Turteltauben!", rief der junge Mann uns hinterher, während mir erneut die Röte ins Gesicht schoss.

Chishiya schien das nur zu amüsieren.

"Wer ist das?", wollte ich wissen, als wir wieder eingekuschelt in seinem Bett lagen und er seufzte.

"Mein bester Kumpel, wir haben uns im Krankenhaus kennengelernt und haben uns seither gut verstanden", erzählte er und ich fing an zu grübeln. Doch als ich seine Lippen auf meiner Stirn spürte, sah ich zu ihm auf.

"Schlaf noch ein bisschen, Ayu", murmelte er leise und ich nickte leicht, bevor er seine Arme um mich legte.

"Okay, Shu", flüsterte ich und konnte schwören, dass er sich ein wenig anspannte.

Aber meine Augen fielen sogleich zu und ich glitt zurück in mein kleines Traumreich, aus welchem ich erst herausgerissen worden war.

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Das Glas zersplitterte in tausend Scherben.

Ich fluchte laut aus und Niragi sah mich belustigt an. "Ich weiß, dass ich gruselig aussehe, Hayashi-chan. Das ist jedoch kein Grund, das Glas deswegen loszulassen", neckte er mich und ich streckte ihm die Zunge raus, um meinen Scham zu überspielen.

Verdammt, dieses blöde Kurzzeitgedächtnis von mir - ich hatte ganz vergessen, dass er hier war.

Shuntaro steckte seinen Kopf in die Küche und begutachtete das Chaos, welches ich soeben veranstaltet hatte. Seufzend griff ich nach einem Küchentuch und sammelte die größten Scherben ein, dann fegte ich den Rest zusammen und staubsaugte, damit ja keine Glassplitter mehr vorhanden waren.

Als ich mich dann endlich an den Frühstückstisch setzten konnte, war ich schon wieder völlig fertig.

"Du bist also Chishiyas Freundin?", fragte mich der Typ und ich wollte gerade antworten, als Shu mir ins Wort fiel.

"Ja, ist sie, also Finger weg", grinsend setzte er sich neben mich und ich reichte ihm seine Tasse Kaffee, die ich ihm mitgemacht hatte. Er bedankte sich, bevor ich meinen Kopf auf die Tischplatte fallen ließ und einfach nur lauschte, worüber sie sich unterhielten.

Anscheinend schienen sie sich auszutauschen, was ihnen beiden in der Zeit so widerfahren war. Ich erfuhr, dass Niragi nun eine Ausbildungsstätte beim Militär bekommen hatte und dort nun bald seine Arbeit begann. Er hatte außerdem auch seinen Freundeskreis erweitert.

Anscheinend hatte er einen jungen Mann getroffen, der Arisu hieß. Die beiden hatten sich wohl gut verstanden, weshalb er jetzt regelmäßigen Kontakt zu ihm hegte. Arisu war bereits vergeben, er hatte eine Freundin namens Usagi, sie waren letztes zusammengezogen. Ehrlich gesagt kamen mir die Namen bekannt vor, aber ich konnte es nicht ganz einordnen.

Wie jedes Mal.

"Ayu?", Shuntaro warf mich völlig aus der Bahn, als er mich ansprach. Ich sah zu ihm auf und bemerkte, wie er seine Stirn runzelte. Im nächsten Moment berührte mich seine kalte Hand auf der Stirn.

"Du hast Fieber", merkte er an und ich schüttelte den Kopf.

"Nein, mir geht's gut", murmelte ich und er seufzte, bevor er kurz verschwand und mit einem Fieberthermometer wiederkam. Er hielt es mir an die Stirn und es piepte kurz. Niragi beobachtete unsere Interaktion grinsend. Shu zeigte mir das Ergebnis.

38,7 °C.

Oh man, warum musste er nur immer Recht haben?

"Hach, wie herrlich! Soll ich euch noch romantische Musik anmachen, damit es zum Klischee passt?", Niragi machte sich definitiv wieder über uns lustig.

"Klappe", fauchte ich leise und ließ meinen Kopf wieder auf die Tischplatte fallen. Wenn ich ehrlich war, fühlte ich mich doch ein wenig schlapp - aber ich konnte jetzt nicht krank werden, ich hatte heute ein wichtiges Gespräch mit einem Jugendberater, der sich mit Sarumi's Fall beschäftigte... Ich konnte nicht...

"Damn, geh ins Bett, Kid!", Niragi hatte endlich wieder einen normalen Tonfall.

"Nein", meinte ich und setzte mich auf, "Ich habe heute noch wichtige Termine..."

"...Die man verschieben kann. Du gehst nirgendwohin", Shuntaro zog mich hoch und zerrte mich (liebevoll) durch die Wohnung zurück ins Schlafzimmer, wo er mich aufs Bett schubste und mich in die Decke einwickelte.

"Ein Rat von deinem Arzt: Schone dich, dann bist du schneller wieder fit", er grinste und ich verkniff mir ein Lächeln, bevor ich meine müden Glieder entspannte.

Dann schloss ich meine Augen.

Ich hörte noch, wie es neben mir klirrte und raschelte, doch schaute nicht, was er genau machte.

"Ich schicke Hinata nachher vorbei, sie hat früher Schluss als ich", murmelte er mir noch ins Ohr, bevor er den Raum verließ.

Hier fühlte ich mich wohl...

Hier war mein Hafen. Er war mein Anker.

Und so glitt ich erneut in einen tiefen, erholsamen Schlaf.

The Winners Take It All | ChishiyaTahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon