Die Zähne des Verderbens

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Ein verdammt mieser Trick, welcher Team B gerade einen gewaltigen Vorteil verschaffte.

Ich war entsetzt, wie einfach sie mit dem Leben von anderen Menschen spielen konnten. Klar, wenn ich genauer darüber nachdachte, würde ich es auch tun, aber alleine der Gedanke daran trieb mir eine Gänsehaut auf den Rücken.

Und dazu kam jetzt noch, dass sie mit meinem Leben spielten, was mich auch nicht gerade kalt ließ. Der eine Alligator hatte mich gebissen, ich war mir ziemlich sicher, dass ich blutete. Nicht gerade hilfreich, wenn man mit Fleischfressern tauchte. Ich musste also zusehen, dass ich raus aus dem Wasser kam. Erstens, um zu überleben und zweitens, um meine Teammitglieder vor Angriffen zu schützen.

Doch wie kam ich am besten raus? Als ich aufgetaucht war, hatte ich keine Regung auf der Wasseroberfläche gesehen, was es schwer machte, überhaupt einschätzen zu können, wo sich die Biester gerade befanden. Und mit jeder Bewegung, die ich tätigte, könnte ich die Aufmerksamkeit sofort auf mich ziehen. Ich wollte wirklich nicht erfahren, wer schneller schwimmen konnte.

Aber hier bleiben war auch keine Option, also musste ich improvisieren. Ich wollte gerade versuchen, Blickkontakt mit unserer Ablenkung aufzunehmen, die noch immer von dem Muskelprotz festgehalten wurde, als Kuina ein wenig vor mir auftauchte. Ihr Gesicht sprach Bände, sie hatte die Situation auch schon bemerkt und ich ging davon aus, dass ihr der Ernst der Lage bewusst war. Suchend sah sie sich um, bis ihr Blick auf mir hängen blieb. Stumm fragte sie mich, wie wir fortfahren sollten. Ich zuckte nur mit den Schultern.

Es plätschert und Chishiya tauchte ebenfalls auf. In jenem Moment fragte ich mich, wo unser fünftes Teammitglied war. Die Frage wurde aber schnell beantwortet, als sich eine rote Lache auf dem Wasser bildete. Ein Tierchen hatte den Mann erwischt, ich musste wegsehen.

Also schielte ich noch einmal zur Ablenkung, die uns anscheinend bemerkt hatte. Sie schaute uns mit glasigen Augen an. Ich konnte mir denken, was in ihr vorging: sie hatte Angst - Angst, sterben zu müssen.

Was jetzt? Die Alligatoren würden ihren Snack bald beendet haben und bestimmt waren sie auf den Geschmack gekommen.

Ich hatte den Gedanken nicht ganz beendet, als ich die schrumpelige Haut spürte, die an meinen Füßen entlangglitt. Ich zog den Fuß ruckartig zurück, was ein großer Fehler gewesen war. Sofort spürte ich die spitzen Zähne, die sich erneut in mein verletztes Bein bohren. Mein Quieken lenkte die Blicke der anderen auf mich, ich schluckte und kniff meine Augen zusammen, Tränen quollen mir vor Schmerz über die Wangen.

"Ku- verdammt! Kuina, tu was! Irgendwas!", rief ich panisch, als ich mit letzter Kraft auf den Kopf des Tieres trat. Anscheinend hatte ich eine gute Stelle erwischt, denn erneut ließ es von mir ab.

Mit kräftigen Schwimmzügen schwamm ich los. Ich hatte einen großen Stein entdeckt, der auf dem Wasser lag, gerade noch so im Spielgebiet. Mit zitternden Armen zog ich mich hoch und blieb schwer atmend liegen. Mein Bein schmerzte, doch ich wusste, dass es noch viel schlimmer werden würde. Spätestens, wenn das Adrenalin nachließ, würde ich nicht mehr laufen können.

Es verbleiben 10 Minuten!

Erschöpft lehnte ich mich zurück. Ich war jetzt schon völlig fertig und wir mussten noch immer zehn Minuten um unser Leben kämpfen. Doch hatte es überhaupt einen Sinn? War es möglich, dass ich überhaupt wieder in mein normales Leben zurückkommen würde?

Ich blickte auf die Szene, die sich vor mir entfaltete. Kuina stand stocksteif im Wasser, Chishiya befand sich dicht neben ihr. Sie wirkte angespannt, er verkörperte wie immer eine eingebildete und überlegene Person.

Er hatte einen Plan, oder?

Warum sagte er nichts? Wir waren am Verlieren, wir könnten sterben! Wenn er wusste, wie wir aus dieser blöden Situation hinauskamen, wieso zeigte er es nicht? Konnte er nicht einmal über seine Haut springen?

Wenn es so weiterging, würde der Plan von Team B wirklich aufgehen. Jedenfalls wirkten sie siegessicher, während sie nach ihren Münzen fischten.

Wenn sie schmutzig spielten, durften wir das auch.

Ich biss meine Zähne zusammen und pfiff. Kuina hörte mich als erstes und starrte mich an. Ich deutete auf die Frau am Strand, die noch immer vom Typen belangt wurde. Ein Wunder, dass er sie noch nicht umgebracht hatte. Sie schien zu verstehen, denn sie pfiff auch. Nur dieses Mal sah auch die Frau zu uns. Chishiya sah dem Schauspiel nur zu und grinste, was mich fast in den Wahnsinn trieb. Ich versuchte, seine Persönlichkeit zu ignorieren und setzte alles daran, dass mein Plan aufgehen würde.

Ich deutete auf mich, dann auf das Wasser und versuchte, ein lautes Platschen darzustellen. Als Nächstes deutete ich auf die Frau, dann auf den Typen und dann auf meinen Fuß. Sie schien langsam zu verstehen. Eigentlich war der Plan simpel: Ich würde erst für Ablenkung sorgen, indem ich mich laut ins Wasser schmiss. Ja, ich weiß, es war ein hohes Risiko, aber dann kam die Frau am Strand ins Spiel.

Der Typ würde abgelenkt sein, also würde sie ihn ohne Probleme ins Wasser stoßen können - zumindest hoffte ich das. Die Stelle, wo sie standen, führte in ein tieferes Gewässer, welches am Strand lag, da dort eine komische Bucht war. Er würde anfangen zu strampeln, denn wenn ich es richtig einschätze, konnte er nicht schwimmen, sonst wäre er nicht trocken. Mit seinen erbärmlichen Schwimmversuchen würde er Bewegungen auslösen, die von mir ablenkten. Ich könnte in der Zeit wieder auf den Stein flüchten.

Dann war Kuina an der Reihe. Sie würde in der Zeit an Land schwimmen. Abgelenkt von dem Tumult würde Team B nicht auf das Spiel achten. In der Zeit konnte die Schatztruhe gestohlen werden.

Wir waren Piraten, die stahlen nun einmal.

Ich war auch erst drauf gekommen, als ich auf dem Stein gelegen hatte. Und was sollte Chishiya machen? Das durfte er selbst entscheiden, mir egal, wie er sich in den Plan integrierte.

Dann hieß es Show Time!

Ich stand auf und ignorierte das Pochen in meiner Wade. Mit langsamen Schritten ging ich zur Kante, dann holte ich Luft und schrie: "Ich habe die Nase voll!" Sofort drehte sich Typi um, aber mehr bekam ich auch schon nicht mit, denn dann war ich schon in das kühle Nass eingetaucht. Der Druck presste mir kurz alle Luft aus der Lunge und kurz dachte ich, dass ich es nicht mehr an die Oberfläche schaffen würde. Doch als ich sie durchbrach, konnte ich kurz aufatmen.

Tatsächlich war der junge Mann im Wasser und strampelte wie verrückt. Immer wieder tauchte sein Kopf unter, er konnte sich kaum über der Oberfläche halten. Die Alligatoren waren nicht bei mir, womit zumindest ein Teil meines Planes aufgegangen war. Als ein kräftiger Schrei ertönte, war auch der Zweite geglückt.

Es verbleiben 3 Minuten!

Ich konnte Kuina sehen, die gerade an Land ging, Chishiya war auch dort. Er blieb an der Wasserkante stehen und blickte in meine Richtung, während sie sich auf die andere Seite stählte und dort die Schatzkiste leerte, die unbewacht war. Team B bekam nichts mit, denn sie waren von den schmerzerfüllten Schreien ihres Teammitglieds abgelenkt worden, genau, wie ich es mir erhofft hatte. Das Verhalten eines Menschen war gut einschätzbar - dass zeigte mir diese Situation erneut.

Ich zog mich wieder auf den Stein und konnte zufrieden, aber auch verstört zusehen, wie die Goldmünzen in der Truhe landeten.

Es verbleibt 1 Minute!

Gleich war der Albtraum vorbei! Ich drehte meinen Kopf leicht, als bei Team B die Panik ausbrach. Sie hatten bemerkt, dass die Truhe leer war. Sie schrien, weinten und...

Ich sah weg, als der Laser durch ihre Köpfe bohrte.

Das Spiel ist beendet.

Gratulation, Team A!

Achtlos ließ ich das Telefon ins Wasser fallen. Ich wollte die nervige Stimme nicht hören. Natürlich wusste ich, dass es nichts brachte, denn sie hatte sich bereits in mein Bewusstsein gebohrt, genau wie die Zähne des Alligators.

Es waren die Zähne des Verderbens, denn sie spielten mit unserer Psyche, sie verdarben uns bis auf die Knochen.

Ich warf einen letzten Blick auf das Spielfeld, bevor ich mich ins Wasser stürzte und zurück an Land schwamm.

Die nächsten Tage würde ich vor Schmerzen durch die Hölle gehen, dass wusste ich bereits, als ich auf dem Weg zurück zum Strand war.

Mein Bein brannte - und zwar nicht zu knapp.

The Winners Take It All | ChishiyaDär berättelser lever. Upptäck nu