Der unsichtbare Faden

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Man konnte den Motor des Autos nicht einmal hören, so laut war der Abschiedsjubel.

Ich fühlte mich sichtlich unwohl- und das lag nicht nur daran, dass wir unter lautem Getose aufbrachen. Nein, vielmehr regte es mich auf, dass ich neben Chishiya sitzen musste. Das Auto war ziemlich klein, weshalb ich in jeder Kurve gegen ihn gedrückt werden konnte. Wenn ich momentan eines nicht wollte, dann war es Körperkontakt. Besonders, weil er die ganze Zeit schon wieder so überheblich gegrinst hatte.

Ich versuchte mich abzulenken, indem ich aus dem Fenster starrte, was eigentlich ziemlich bescheuert war, wenn man es sich genau überlegte. Man konnte eh nichts sehen, da es zu dunkel war.

So gelang es mir aber, den jungen Mann neben mir genauer zu beobachten. Die Glasscheiben spiegelten schön, so war es wenigstens nicht ganz so auffällig. Wenn ich es mir recht überlegte, war er eigentlich sogar ganz attraktiv. Wenn er mal nicht sein arrogantes Grinsen im Gesicht hatte, wirkte er mysteriös und gleichzeitig auch entspannt, was ihn stark aussehen ließ. Es gab im Borderland nicht viele, die wie er neutral in Spielsituationen gingen.

Hatte ich überhaupt schon einmal einen Hauch von Angst in seinem Gesicht gesehen? Nicht, dass ich mich erinnern könnte.

Ich wollte gerade weiter spionieren, als es plötzlich hell draußen wurde. Augenblicklich wendete ich meinen Blick nach vorne und beobachtete, was um uns herum geschah. Es war seltsam.

Ein ganzer Stadtteil war beleuchtet. Nicht nur ein Ort, nein, sondern ganz viele. Ich war sofort misstrauisch. Es war das nächste schlechte Zeichen, was mich weiter dazu veranlagte, so schnell wie möglich zu verschwinden. Wahrscheinlich war das aber schon längst nicht mehr möglich, da wir schon auf dem Spielgelände waren.

"Wie aufregend", meinte Hatter vom Beifahrersitz, doch er erhielt von uns keine Antwort. Aguni fuhr rechts ran und parkte das Auto. Ich zögerte kurz, bevor ich ebenfalls das Verkehrsmittel verließ und den anderen folgte. Wir irrten ein wenig umher, bis wir den weißen Tisch mit den Telefonen endlich fanden. Die nächsten Zweifel ließen nicht auf sich warten, als ich die Telefone genauer betrachtete. Es waren verdammt viele!

Hatter und Aguni nahmen sich ihre Telefone und stellten sich abseits hin, Chishiya tat es ihnen gleich und verzog sich in eine ruhige Ecke. Auch ich griff nach einem Handy. Dann lehnte ich mich gegen eine Wand und sah mich um. Wenn ich richtig zählte, gab es ohne uns schon gut fünfzehn Teilnehmer, mit uns waren es neunzehn. Eine ziemlich große Runde.

Das Spiel beginnt in drei Minuten!

Die Frau klang schon wieder viel zu fröhlich.

Ich trat von einem Bein aufs andere, während ich versuchte, die Horrorszenarien in meinem Kopf zu vergessen. Gleichzeitig erschienen zwei weitere Teilnehmer in meinem Blickfeld. Ich sah zu Chishiya. Er sah konzentriert auf den Boden und hatte Kopfhörer in den Ohren. Ich wünschte, ich hätte auch so eine Ablenkung!

Das Spiel beginnt in einer Minute!

Nervosität kroch in mir hoch. Ich knabberte an meinen Fingernägeln.

Registrierung abgeschlossen! Das Spiel beginnt nun.

Name des Spiels: Das Schicksal von Johanna Brown

Schwierigkeitsgrad: Herz 9

Einige Teilnehmer schrien entsetzt auf, ich zog nur scharf die Luft ein.

Teilnehmerzahl: 24

Regeln:

Alle Teilnehmer müssen einen Ohrstöpsel ins Ohr nehmen. Er kann während des Spiels nicht abgenommen werden.

The Winners Take It All | ChishiyaWhere stories live. Discover now