Ein Schatten mit einer dunklen Seele

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Die Rufe ließen nach kurzer Zeit nach. Es war ein komisches Gefühl, als eine gespenstige Ruhe einkehrte. Für eine Zeit passierte nichts. Ich wartete angespannt ab, dieses Nichtstun machte mich fast verrückt.

Möglichkeit 1: Nehme ein Bad.

Möglichkeit 2: Verlasse das Haus, um deine Freundin Sarah erneut zu besuchen.

Möglichkeit 3: Besuche heimlich deine Großmutter.

Ich war ein wenig verwirrt. Die erste Möglichkeit passte so gar nicht zu den anderen! Außerdem war sie so zufällig, dass ich mich schon gleich abgeneigt an die anderen zwei wandte. Also würde ich wohl meine Großmutter besuchen gehen. Ich griff nach einer Jacke, schlich die Treppe hinunter und verschwand leise durch die Haustür nach draußen. Mein Handy piepte und eine Adresse wurde mir gezeigt. Da sollte also meine "Großmutter" wohnen.

Das helle Licht in dem Viertel ließ es so erscheinen, als ob gerade der Sonnenuntergang war. Ich schlenderte durch die Straßen, unsichtbare Lautsprecher sorgten für Geräusche und es fühlte sich fast so an, als wäre Tokio wieder befüllt und ich dachte für einen Moment, dass ich zurück in der realen Welt wäre -

Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als ich einen Hund bellen hörte. Es musste wahrscheinlich Renate Jones sein, denn diese Figur hatte als Einzige einen Hund. Sie winkte mir zu.

Möglichkeit 1: Führe Small Talk mit ihr.

Möglichkeit 2: Winke zurück und gehe weiter.

Möglichkeit 3: Beachte sie nicht.

Ich wählte Möglichkeit 2, da ich ja gerade auf dem Weg zu meiner Großmutter war. Stolpernd lief ich weiter und war fast an der Adresse angekommen, als ich mit jemanden zusammenstieß.

"Entschuldigung, Johanna, ich hab dich nicht gesehen!", der junge Mann blickte mich an, "Ich bin es, Lukas!"

Lukas...Lukas...LUKAS! Mein Stalker! Oh nein, mit ihm wollte ich überhaupt keinen Kontakt haben!

Möglichkeit 1: Ignoriere ihn.

Möglichkeit 2: Entschuldige dich.

Ich wählte die erste Möglichkeit. Ich lief an ihm vorbei und klingelte an der Tür meiner Großeltern. Hinter mir entfernten sich Schritte und ich war ein wenig verwirrt, doch dachte mir nichts dabei.

"Ich komme!", die Stimme einer Frau kam näher und schließlich öffnete sich die Tür. Dort stand die Großmutter von Johanna in der Tür, eine ältere Frau, welche ich auf Anfang 70 schätzte. Ihr Gesicht erhellte sich. "Johanna! Wie schön, dass du noch vorbei kommst! Dein Vater hat mich schon angerufen, er hat dich aus dem Haus gehen sehen", begrüßte sie mich und nahm mich in den Arm. Mir kam die Situation bekannt vor und ich versuchte, Flashbacks zu vermeiden.

Möglichkeit 1: Beklage dich über deine Mutter.

Möglichkeit 2: Stelle eine fröhliche, junge Frau dar.

Ich überlegte noch, als ich meine Jacke an den Haken hing. Kurzfristig entschied ich mich für das Zweite.

"Wie sieht es aus? Alles fit?", ich betrat das große Wohnzimmer, als sie die Frage stellte und nickte schnell, während ich ein falsches Lächeln aufsetzte.

"Alles super, Nana!", versuchte ich noch hinter dem Nicken hinterherzuschieben, um es echter wirken zu lassen.

"Ach! Herrlich! Schau mal, dein Großvater ist auch zu Hause. Er ist gerade im Bad, wird aber sicherlich bald zu uns stoßen", sie lud mich ein, dass ich mich hinsetzen durfte. "Ich habe lange nichts mehr von dir gehört, Hanna. Wie sieht's im College aus? Und viel wichtiger: Wie steht's bei der Liebe?" Mein Herz rutschte in die Hose. Wieso ausgerechnet diese Frage?

The Winners Take It All | ChishiyaWhere stories live. Discover now