Schwächeanfall am Rhein

1K 35 1
                                    

Sie haben es gestern aufgegeben, mich nach meinem Wohlbefinden zu fragen und wieso ich eine Jacke trage. Wir saßen noch lange draußen, bis wir schließlich, entweder nach Hause oder ins Bett gegangen sind. Paula blieb über Nacht bei uns.

Ich bin froh darüber, dass ich ausschlafen kann, da heute Sonntag ist. Ab morgen beginnt wieder der Ernst des Lebens und ich muss zur Schule gehen. Wirklich begeistert bin ich nicht aber was muss das muss. Ich öffne meine Tür und höre ein Stimmengewirr aus der Küche. „Ich weiß nicht, ich mache mir ernsthaft sorgen.", sagt Phil besorgt. „Und dann noch die Jacke gestern und dieses Essverhalten.", fügt Alex hinzu. Dann erst bemerken sie, dass ich an der Treppe stehe. „Ah guten Morgen süße.", sagt Papa und lächelt mir zu. Ich laufe in die Küche und setze mich mit an den Tisch. „Wieso redet ihr über mich?", frage ich, jedoch antwortet niemand. „Möchtest du ein Brötchen?", fragt Phil und hält mir den Brotkorb wortwörtlich unter die Nase. Alle Blicke liegen auf mir, deswegen nahm ich ein Brötchen und beschmierte eine Hälfte mit Marmelade und die andere mit Nutella. Sofort entspannten sich die Blicke und sie beginnen erneut Gespräche, jedoch dieses Mal über die Arbeit oder Gott und die Welt. Nur ein Blick fokussiert mich immer noch. Phil. Klar, kein Wunder. Es ist schon sehr warm und ich sitze hier als einzige mit Jacke. Ich lass mich jedoch nicht beirren und esse das ganze Brötchen auf. „Was wollen wir heute machen?", wirft Alex euphorisch in den Raum. „Wir könnten Franco und Mira Köln zeigen. Also etwas spazieren gehen am Rhein oder so.", schlägt Paula vor. „Klar gerne.", antwortet Papa und ich nicke als Zustimmung. Dann stehen wir alle auf und räumen den Tisch ab. Phil gibt Paula einen Kuss und sagt, wie sehr er sie liebt. Zwei verliebte halt.
Danach mache ich mich auf den Weg in mein Zimmer, um mich fertig zu machen. Ich ziehe meine Jacke aus und werfe einen Blick auf meinen Arm. Sieht echt schlimm aus auf meiner blassen Haut. Nach einiger Zeit klopft es und ich ziehe mir in Windeseile meine Jacke an. Dann lugt Paula in mein Zimmer. „Kann ich reinkommen?", fragt sie freundlich. „Klar.", antworte ich knapp. Sie setzt sich zu mir aufs Bett und betrachtet meine Jacke. „Darf ich dich fragen, wieso du bei diesen Temperaturen eine Jacke trägst? Versteckst du irgendwas?" „Nur so. Ist irgendwie gemütlicher.", antworte ich, wobei ich merke, dass es echt nicht überzeugend klingt. „Mhm. Du kannst mir vertrauen. Ich sage es auch niemanden.", spricht sie beruhigend auf mich ein und streichelt mir behutsam den Rücken. „Ne Paula. Da ist nichts und ich möchte auch über nichts reden, denn da gibt es nichts. Kannst du jetzt bitte gehen.", sage ich in einem Ton, den ich von mir selber nicht kenne. Sie steht auf und geht zur Tür. „Falls du es dir anders überlegst, kannst du dich an uns wenden, Mira.", sagt sie noch, ehe die Tür aufgeht und Phil dort steht. „Alles gut? Ich hab Mira schreien hören.", stellt Phil erschrocken fest. „Ja alles gut. Sie will alleine sein. Komm.", antwortet Paula und nimmt Phil's Hand und geht. Einen Moment lang habe ich darüber nachgedacht ihr davon zu erzählen, doch dieser Gedanke ist schnell wieder weg, als Papa mich runter ruft.
Wir laufen alle am Rhein lang. Papa mit Alex ganz vorne, Paula und Phil, Hand in Hand dahinter und ich ganz hinten. Mit dem Blick auf den Boden gerichtet schlurfe ich hinter ihnen her. Es ist so verdammt warm, dass ich schon Schweißperlen auf der Stirn habe. Nach ein paar Minuten wird mir immer schwindeliger und ich falle augenblicklich um. Durch einen unsanften Schlag auf meine Wange werde ich wach und sehe in besorgte Gesichter. „Sie ist wieder da.", stellt Phil erleichtert fest. Ich setze mich auf und merke sofort den Schwindel. Ich stütze meinen Kopf auf meine Hände und versuche diese Drehungen loszuwerden. „Was ist los?", fragt Papa und legt seine Hand auf meinen Rücken. „Mein Kopf. Schwindel.", sage ich nur. „Schwächeanfall?", fragt Paula Phil. Dieser spricht mich dann an: „Mira, zieh bitte die Jacke aus. Kein Wunder, dass du kollabierst." Er legt seine Hand an meine Stirn. „Du glühst ja. Komm, ich helfe dir.", sagt er und drückt mein Kopf nach oben, um an meinem Reißverschluss zu kommen. Ich schüttele nur schwach mit meinen Kopf, doch dies nimmt niemand zur Kenntnis. Phil und Paula, die vor mir sitzen, helfen mir aus der Jacke, während Alex und Papa besorgt zusehen. Als die Jacke endlich aus ist, drehe ich meinen Arm so, dass niemand die Wunden sieht. Paula holt eine Wasserflasche aus ihrer Tasche und gibt mir diese. Ich trinke einen kräftigen Schluck und spüre die kühle Flüssigkeit in meinem Hals. Dann schüttet sie sich etwas in die Hand und streicht mir dies ins Gesicht. Sofort spüre ich eine Linderung. Ich spüre dann Phil's Hand an meinem linken Arm und spanne mich sofort an. Mit aller Kraft versuche ich, ihm meinen Arm zu entreißen, doch er ist zu stark. „Ich möchte nur deinen Puls messen.", sagt er verwirrt und nimmt schließlich mein Handgelenk und dreht es um. Er zieht die Luft ein und alle Aufmerksamkeit liegt auf meinen Arm. Dann legt er seine Finger an mein Handgelenk und misst meinen, viel zu schnellen, Puls. „Okay, beruhige dich Mira. Wir nehmen dir das nicht übel. Wir müssen uns das nur einmal ansehen.", sagt Phil und ich nicke.
Zuhause angekommen setzt sich mein Vater verzweifelt an den Tisch. Ich möchte gerade zu ihn hin, als Alex mich zurückhält. „Schon gut. Ich rede mit ihm. Geh du mit Phil und Paula mit.", sagt er und ich nicke. Wir gehen in das Arztzimmer und ich setze mich auf die Liege. Paula setzt sich neben mich und Phil auf den Hocker. Er kramt in einem Schrank und zieht sich dann Handschuhe über. Daraufhin rollt er zu uns rüber und nimmt meinen Arm. „Ich muss das desinfizieren und verbinden.", sagt er und ich merke, dass sich erste Tränen anbahnen. Wieso ausgerechnet jetzt? Paula merkt dies und zieht mich in ihre Arme. Ich weine mich komplett in ihren Armen aus. „Ich hab Papa enttäuscht. Und euch alle auch.", schluchze ich und beobachte, wie Phil meinen Arm verbindet. „Nein Mira. Du hast dir nur ein Ventil gesucht, um den Druck loszuwerden.", sagt Paula und streichelt mir über den Rücken. „Franco wird es verstehen. Es war, wie für uns alle...naja ein kleiner Schock. Er als Vater muss das erstmal verarbeiten. Gib ihm etwas Zeit.", fügt Phil hinzu und streichelt mir die Hand. Ich nicke vorsichtig und bleibe noch eine Weile dort sitzen. „Wenn du nochmal so einen Gedanken hast, wende dich an uns, ja?", bittet mich Phil und ich nicke erneut. „Wir schaffen das zusammen.", fügt er hinzu und setzt sich dann ebenfalls auf die liege. So sitze ich noch eine Weile in den Armen, der beiden Ärzte.

————————————————————————-

Bin mit dem Kapitel nicht so zufrieden irgendwie:(
Hoffe es wird im nächsten besser

Zwischen Himmel und HölleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt