Die besten Onkel

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Ich habe jetzt noch knapp eine Woche Ferien und nehme mir vor, heute Lina im Krankenhaus zu besuchen.

„Miralein, stehst du auf?", fragt Paula, die auf meinem Bett sitzt und über meinen Arm streicht. „Mhm, ich will nicht.", brumme ich. „Alex, kommst du mal?", ruft Paula, wo ich mir nichts dabei denke. Plötzlich wird mir die Decke weggerissen und ich hochgehoben. „Alex stop!", schreie ich, doch er reagiert nicht. Er läuft, mit mir über der Schulter, durch den Flur. „Alexander Hetkamp! STOP! Lass mich sofort runter.", bitte ich, jedoch ohne Erfolg. Paula läuft hinter uns her und lacht. Im Badezimmer setzt er mich in die Dusche und macht kaltes Wasser an. „Ahhhh!", schreie ich und springe aus der Dusche. „So, jetzt ist sie wach.", sagt Alex und geht. Paula wirft mir ein Handtuch über und geht dann auch. So ein Blödmann, das kriegt er wieder.
Fertig angezogen und mit schlechter Laune gehe ich nach unten. Paula steht in der Küche und macht sich ein Müsli, während Alex mit einer Kaffeetasse neben ihr steht. Von Phil und Papa ist weit und breit keine Spur. Als sie mich entdecken, beginnt Alex wieder kräftig zu lachen. Stumm nehme ich mir eine Schüssel, die Milch, einen Löffel und die Cornflakes Packung und setze mich an den Tisch. Wohlgemerkt, mit dem Rücken zu ihnen. Nach meinem ersten Löffel wird der Stuhl zu meiner Rechten nach hinten gezogen und es setzt sich jemand dorthin. „Na, wie war dein Morgen?", fragt Alex und beobachtet mich. „Super und deiner?.", antworte ich ironisch. Auf dieses dumme Spiel habe ich keine Lust. Alex wird noch sein blaues Wunder erleben. „Mein morgen war sehr, wie soll ich sagen? Erholsam.", antwortet er, wobei das letzte Wort zur Provokation diente. „Paula, wann fahren wir?", wechsele ich das Thema. „In einer halben Stunde.", antwortet sie aus der Küche.

Die Fahrt ins Krankenhaus verlief stumm. Ich will nur den Termin beim Frauenarzt hinter mich bringen und Lina besuchen und dann nach Hause, in mein Bett.
„So, wir sind da.", sagt Paula und steigt aus. Ich steige ebenfalls aus und laufe ihr genervt hinterher. Ich bin absolut kein Morgenmensch und Alex nutzt das immer wieder aus, um mich zu ärgern. Auf Station begrüßt sie eine Ärztin, die mir unbekannt ist. Sie hat blonde Haare und eine Brille und scheint nett zu sein. „Hallo Emma, das ist Mira.", stellt mich Paula vor und erklärt ihr dann die Diagnose. „Okay hallo Mira. Ich bin Emma Heitmann. Ich bin hier die Diensthabende Gynäkologin. Warst du schon mal bei einer Frauenärztin?", fragt sie auf dem Flur, so dass jeder zuhören kann, der sich dort befindet. Ich schüttle mit dem Kopf und widme meiner Aufmerksamkeit dem Boden. Ziemlich interessant so ein Boden. Was der alles tragen muss. „Mira kommst du?", fragt Paula und rüttelt an meiner Schulter. Ich nicke und laufe mit ihr und der Ärztin, sowie einer Schwester ins Behandlungszimmer. „So, dann leg dich mal auf die Liege und mache deinen Bauch frei.", sagt die Ärztin, was ich natürlich auch brav mach. Je schneller ich alles mache, desto schneller bin ich hier raus und kann zu Lina. Die Ärztin macht ein Ultraschall und redet dann mit Paula und mir darüber. Ich habe ein Medikament bekommen, welches die Zyste lösen soll.
„Paula, ich würde gerne zu Lina, bevor wir wieder gehen.", sage ich und drücke im Fahrstuhl die Nummer, die zur Kinderstation fährt. „Ja klar. Ich bin dann bei Tabea im Aufenthaltsraum.", antwortet sie. Ich nicke und warte, bis wir das Stockwerk erreichen.
„So, dann bis gleich. Lass dir Zeit.", sagt Paula und gesellt sich zu Tabea. Ich klopfe an Linas Tür und werde dann rein gebeten. „Mira!!!", stellt sie erfreut fest. „Ja ich.", sage ich, immer noch in einem genervten Ton und lasse mich auf einen Stuhl fallen. „Was ist los?", fragt sie besorgt und legt ihren Kopf schief. „Ich bin genervt, wegen Alex. Nur weil ich heute morgen nicht direkt aufgestanden bin, nimmt der mich hoch, stellt mich in die Dusche und macht eiskaltes Wasser an. Und dann...dann haut der einfach ab.", erkläre ich. Sie hält sich ein Lachen zurück, woraufhin ich auch lachen muss. Eigentlich ist das ja schon witzig.
Nach unserem Lachanfall frage ich sie erstmal, wie es ihr geht. „Schon besser. Ich darf morgen schon gehen.", sagt sie erfreut. Dann unterhalten wir uns noch einige Minuten, bis ich gehen musste.
Auf dem Klinikparkplatz umarme ich Paula und entschuldige mich für mein Verhalten. „Echt Paula, ich wollte nicht so blöd zu euch sein. Im Nachhinein finde ich es ja selber witzig."
Sie lächelt und startet den Motor. „Kein Ding Mira. Seh aber nicht gleich immer alles so verbissen.", sagt sie. „Ja aber Paula, ich muss es ihm heimzahlen.", antworte ich und lächele sie finster an. Sie nickt und scheint zu überlegen. „Weißt du, was Alex überhaupt nicht ab kann?", frage ich sie, woraufhin sie nickt. „Wenn seine Haare nicht sitzen.", sagt sie knapp und lacht. „Wie bitte?", frage ich, da ich nicht genau weiß, wie ich ihn damit ärgern soll. „Na denk mal nach. Jeden Morgen stylt er sich die Haare mit Haargel. Du könntest es heute Abend durch etwas anderes ersetzen und dann wird er morgen früh nur blöd aus der Wäsche schauen. Wenn er seine Haare nicht perfekt stylt, dreht er richtig am Rad.", sagt sie und parkt das Auto vor unserer Tür. „Was echt? Alex kann wütend werden?", frage ich und schaue sie unglaubwürdig an. „Ja, das bekommst du nur nie mit, weil er immer vor dir wach ist. Die letzten Tage war es morgens erstaunlich ruhig. Anscheinend hat er es immer auf Anhieb hinbekommen aber sonst hört man ihn immer meckern."
Das ist echt eine super Idee. Ich weiß auch schon, wie ich sein Haargel manipulieren kann. Das Problem ist nur, dass ich dafür auch früher aufstehen muss, um seine Reaktion zu sehen.
„Wann steht er morgens immer auf? Oder wann macht er sich die Haare?", frage ich an der Haustür. „Meistens so gegen sechs wacht er auf und dann kommt er kurz runter, trinkt Kaffee und geht dann ins Badezimmer.", erklärt sie und schließt die Tür auf.
Gut gelaunt gehe ich durch die Tür und finde nun auch Papa und Phil in der Küche. „Guten Morgen allerseits.", sage ich glücklich, woraufhin ich nur verwirrte Blicke ernte. Ich bin morgens nie gut gelaunt, vor allem haben wir es erst zehn Uhr. Meine Laune wird meistens erst gegen Mittag besser. „Geht's dir gut?", fragt Phil und hebt besorgt eine Augenbraue. Auch Alex guckt besorgt. „Mir geht's perfekt. Danke der Nachfrage.", antworte ich und setze mich mit an den Tisch. „Papa, wie geht's dir? Wir müssen echt mal mehr miteinander unternehmen.", sage ich und streichele ihn über die Hand. „Mira, du machst mir Angst.", sagt er und zieht seine Hand zurück. „Schatz, hast du ihr irgendwas gegeben?", fragt Phil an Paula gerichtet. Sie zwinkert mir zu und schüttelt dann mit dem Kopf. „Ach herrlich.", sage ich und lehne mich zurück. Alle drei sehen mich mit dem selben Gesichtsausdruck an, nämlich eine Mischung aus Besorgnis und Verwirrung. Nach ein paar Minuten stehe ich auf und stelle mich zwischen Alex und Phil. Ich nehme sie beide in den Arm und gebe jedem einen Kuss auf die Wange. „Ihr seid echt die besten Onkel, wisst ihr das?", sage ich, wuschele beiden durch die Haare und mache mich auf den Weg zu Papa, der in seine Zeitung guckt. „What the?", sagt Phil und schaut zu Alex. „Mira, meine Frisur!", schreit er und steht auf. Wow, der ist ja echt wütend. Papa gebe ich auch noch einen Kuss und gehe dann auf die Couch. „Ich glaube, ich gebe ihr gleich mal was. Paula, kannst du eine Infusion vorbereiten?", fragt Phil und steht auf. Paula antwortet nichts und setzt sich zu mir.
Meine Vorfreude auf morgen ist mir förmlich im Gesicht anzusehen.

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Was denkt ihr, hat sie vor?

Ich hoffe euch geht es gut:)

Man liest sich im nächsten Teil:)

Zwischen Himmel und HölleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt