Gluteus Maximus

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Den restlichen Nachmittag habe ich mit Alex und Papa im Wohnzimmer verbracht. Wir haben geredet, Alex hat mir erzählt, wie die Magenspiegelung morgen ablaufen wird und Papa hat von seinem Dienst erzählt.
Am Abend kommen plötzlich Phil und Paula die Treppe runter, was unsere Gespräche verstummen lässt. Paula ist immer noch kreidebleich und redet nicht. Phil führt sie zu uns und setzt sie auf den Sessel. „Wollen wir Abendbrot essen?", fragt Phil, woraufhin wir alle nicken, außer Paula. „Schatz, du auch?", fragt er sie deshalb nochmal. Sie nickt schwach und starrt auf den Boden. „Mira, wollen wir beide essen machen?", fragt Papa und steht auf. Ich nicke und laufe ihm hinterher, während Phil sich neben Paula setzt. „Die Arme.", flüstere ich Papa in der Küche zu. „Allerdings. Muss bestimmt total verstört sein.", sagt er und kramt Besteck zusammen. Ich wühle im Kühlschrank nach etwas Auflage und platziere es auf dem Tisch. Als Alex gerade in meine Richtung guckt, forme ich mit meinem Mund lautlos den Satz: „was ist mit dem Zugang" und zeige auf meinen Arm. Er nickt und kommt zu mir. „Willst bestimmt noch was essen, bevor du morgen nichts mehr darfst oder?", fragt er, woraufhin ich kräftig nicke. „Okay Franco ich muss deine Tochter für fünf Minuten entführen.", sagt er und zieht mich nach oben ins Arztzimmer. Dort angekommen setze ich mich auf die Liege und warte, das der Herr Doktor was macht. „Den Zugang entfernen wir jetzt und dann kriegst du nochmal eine halbe Tablette.", sagt er und streift sich die blauen Gummihandschuhe über. „Eine halbe nur? Bringt das dann überhaupt was? Muss ich mich dann auch wirklich nicht übergeben?", frage ich panisch. Ich zweifle jetzt schon wieder daran, was zu essen, da ich keine Lust habe, mich wieder übergeben zu müssen. Das tut immer so unheimlich weh. „Nein, du hast immer noch ein bisschen Wirkstoff von der ersten Tablette, so gleicht sich das aus. Vertrau mir.", sagt er und entfernt vorsichtig den Zugang. Ich nicke und laufe ihn wieder hinterher nach unten. Dort sitzen schon alle an ihren Plätzen. Mein Platz neben Paula ist frei, weshalb ich mich vorsichtig neben sie setze. Sie starrt teilnahmslos auf den Tisch und rührt sich kein Stück. Schnell schlucke ich noch die Tablette und warte etwas, damit die Wirkung eintreten kann. Die anderen beginnen schon, sich ein Brot zu schmieren. „Hier Schatz, iss das. Dann gehts dir besser.", sagt Phil und legt Paula eine Scheibe Brot vor die Nase. Ihr Blick schweift auf das Brot und dann wieder zu Phil. Dieser nimmt ihre Hand und drückt sie. „Iss ruhig.", sagt er nochmal beruhigend. Dann nimmt sie langsam das Brot und beißt ein kleines Stück davon ab. Es tut mir echt weh, sie so leiden zu sehen. Ich würde gerne mehr tun können.
Nach etwa zehn Minuten habe ich auch schon längst mit dem Essen begonnen, was Phil und Papa total verwirrt gucken lässt. Die denken immer noch, dass ich nichts esse, weil ich Angst habe danach zu spucken. „Hab halt Hunger.", sage ich schulterzuckend und beiße von meinem dritten Brot ab. Phil lächelt mir zu, was bedeuten soll, dass er stolz ist. „Phil.", hört man plötzlich von Paula. Es war nur ein leises Geräusch, doch jeder hat es mitbekommen. „Ja Schatz?", fragt er besorgt. „Ich kann nicht mehr essen. Ich möchte gerne schlafen gehen.", sagt sie und drückt sich von ihrem Stuhl. Phil nickt und stützt sie nach oben. Wir essen noch zu Ende und räumen dann das Geschirr weg.

Danach sitzen wir alle gemütlich auf der Couch und lassen den Abend entspannt ausklingen. Phil ist wieder runter gekommen und hat uns gebeten, Paula einfach schlafen zu lassen und ihr die Zeit zu geben, die sie brauch. Wir nehmen das natürlich so hin, da wir ja nicht wollen, dass sie sich hier bedrängt fühlt.
„Alex? Wir hatten doch was vor.", sage ich und deute auf den Fernseher. Er schmunzelt und versteckt sich hinter seinen Händen. „Was denn?", fragt Phil verwundert und auch Papa sieht sehr verwirrt aus. Ich nehme die Fernbedienung und mache YouTube an. „Wieso willst du denn jetzt deinen Po trainieren?", fragt Phil verwirrt. Ich stehe lachend auf und stelle mich vor den Fernseher. „Alex macht das für Tabea und meinte, dass das sehr anstrengend ist. Ich glaube ihn aber nicht.", sage ich und stehe wartend vor dem Fernseher. „W-was?", fragt Papa und prustet los. Phil tut es ihm gleich. Alex wird das anscheinend zu unangenehm, weshalb er aufsteht und das Video anmacht. „Let's go.", sagt er motiviert und drückt den hintern in Richtung Papa und Phil. Ich mache es genauso und dann beginnt das Workout. Die ersten Übungen sind ziemlich einfach, doch zum Ende hin wird es anstrengender. „Doch nicht so einfach, was?", bemerkt Phil, der mit Papa auf der Couch Chips isst. „Geht schon.", winke ich zähneknirschend ab und lasse mich auf den Boden fallen. „Oh Gott Mira, du kannst doch nicht einfach so umkippen.", sagt Alex und kniet sich zu mir. „Tut mir leid Herr Hetkamp aber mein Gluteus Maximus schmerzt extrem. Ich glaube der ist frakturiert (gebrochen).", sage ich und Rolle mich auf den Bauch, da das sitzen starken Muskelkater verursacht. Papa, Phil und Alex kommen gar nicht mehr aus dem Lachen raus. „Mira, dein Po kann nicht brechen.", sagt Phil lachend. Ich lache auch, doch als Alex mich plötzlich hoch hebt übertönt mein erschrockener Schrei das Lachen. „Alex, du willst mich umbringen oder? Heute morgen der Herzinfarkt und jetzt noch einer.", sage ich erschrocken, als er mich auf der Couch absetzt. „Ne aber macht Spaß, dich zu erschrecken.", bemerkt er lachend und setzt sich zu mir. Irgendwie vernehme ich einen beißenden Geruch, weshalb ich Alex angeekelt angucke. „Was ist denn jetzt schon wieder?", seufzt er und trinkt einen kräftigen Schluck. „Du stinkst.", knurre ich. „Du auch Mira.", kommt von Papa, der auf meiner anderen Seite sitzt und sich die Nase zuhält. „Ich geh ja schon duschen. Und danach du Alex.", sage ich und stehe auf.

Im Flur steht plötzlich Paula da. „Hey.", sage ich ruhig, da ich sie nicht beängstigen will. „Mira.", sagt sie traurig und ich sehe, wie ihr eine Träne über die Wange läuft. Sofort gehe ich näher an sie dran und Schlinge langsam meine Arme um sie, was sie sofort erwidert. „Alles gut? Willst du reden?", frage ich vorsichtig. Sie löst sich von mir und wischt sich mit dem Ärmel die Tränen weg. Danach nickt sie und öffnet die Tür von ihrem und Phil's Zimmer. Zusammen lassen wir uns auf ihrem Bett nieder. „Wieso standest du im Flur? Du wolltest doch schlafen.", frage ich verwirrt. „Es ging nicht. Sofort hatte ich alle Bilder vor Augen.", sagt sie und spielt nervös mit dem Saum ihres Oberteils.

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Die arme Paula. Denkt ihr, Mira kann ihr helfen?

Btw wollte ich noch sagen, dass meine medizinischen Angaben nicht zu 100% richtig sein müssen.

Man liest sich im nächsten Teil:)

Zwischen Himmel und HölleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt