Im Café

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Am nächsten Morgen weckt mich mein geliebter Wecker. Seufzend stehe ich auf, strecke mich und ziehe mich an. Als ich gerade die Tür öffne, läuft Alex an meinem Zimmer vorbei. Perfekt gestylt und schon in Uniform. Ich rolle mit den Augen und gehe ins Badezimmer. Wieso ist Alex morgens so motiviert, um sich so fertig zu machen? Ich bin froh, wenn ich überhaupt aus dem Bett komme. Doch meine Laune wird sofort besser an den heutigen Tag, weil ich heute Jonas treffe. Ich hoffe nur, Melissa bekommt davon nichts mit.
Unten sitzen Papa und Alex am Tisch und reden über irgendetwas. „Guten Morgen.", begrüße ich die beiden und setze mich zu ihnen. „Guten Morgen.", antworten sie mir und reden dann über die Arbeit.
Irgendwann mache ich mich endlich auf den Weg zur Haustür und gehe dann doch nochmal ein paar Schritte in die Küche zurück. „Habt ihr zusammen Dienst?", frage ich, woraufhin beide nicken. „Oh Gott sei dank arbeitet Papa nicht mit Phil. Du gehörst wenigstens zu der vernünftigen Sorte.", sage ich zu Alex und gehe nach draußen. Ich meine, wenn Papa und Phil Dienst haben, ist es immer spannend, da sie nur Blödsinn im Kopf haben. Mit Alex hat Papa bessere Chancen, anständig seinen Dienst anzutreten.

Der Schultag verlief, wie an den meisten Tagen, ereignislos. Sogar Melissa hat mich heute in Ruhe gelassen.
Vor dem Schulgelände warte ich auf Jonas, da wir gemeinsam zum Café gehen wollen. Als ich ihn endlich aus dem Gebäude kommen sehe, verformen sich meine Lippen zu einem Lächeln. Er sieht mich und kommt ebenfalls lächelnd in meine Richtung. Seine Freunde biegen ab und lassen uns alleine. „Hey.", begrüßt er mich und gibt mir einen Kuss auf die Wange. Dabei hält er seine Hand an meinem Rücken. „Hey.", antworte ich und versuche zu verhindern, dass mein Gesicht rot anläuft. „Wollen wir dann?", fragt er und macht eine Handbewegung in Richtung Straße. Ich nicke und laufe los. Seine Hand liegt den ganzen Weg über, auf meinem Rücken. Da der Weg zum Café nicht so lange ist, hält dieses schöne Gefühl nicht so lange an.
Wir setzen uns an einen Tisch und bestellen jeweils einen Kaffee. Während wir auf die Bestellung warten, beobachtet er mich die ganze Zeit. „Wo kommst du eigentlich her?", frage ich, um die peinliche Stille zu unterbrechen. „Gebürtig komme ich aus Dortmund. Jetzt wohne ich in Köln-Mülheim. Und du?", antwortet er mir. Dann kommt die Bedienung mit unseren Kaffees. Ich schütte etwas Milch und Zucker rein, da ich Kaffee sonst nicht so gerne mag. „Also ich komme aus München. Vor einem halben Jahr bin ich hier nach Köln gezogen, zu einigen Kollegen von meinem Papa. Wir wohnen auch in Mülheim.", erkläre ich ihm und nippe einmal an meinem Kaffee. Er fängt an zu lachen und wischt mit seinem Finger über meine Lippe. „Du hattest da Milch.", sagt er lachend und zeigt auf meine Lippe. Ich fange auch an zu lachen und wische mir den Mund mit einer Serviette ab. „Wieso seit ihr nach Köln gekommen?", fragt er nach einigen Sekunden. „Meine Mutter ist vor einem halben Jahr gestorben. Danach ging es meinem Papa überhaupt nicht gut und seine Kollegen haben ihn angeboten, dass wir zu ihnen ziehen. Er hat das als einen Neuanfang gesehen und ja, deswegen sind wir hierher gekommen. Und wieso seit ihr aus Dortmund hergekommen?", stelle ich ihn nun die Gegenfrage. Er schaut in seine Tasse und wartet einige Zeit. „Erstmal, mein herzliches Beileid. Als ich fünf Jahre alt war, sind wir hierhergezogen, weil mein Vater ein Schläger war und meine Mutter von ihm weg wollte. Sie hat aber schnell einen neuen kennengelernt, der mich großgezogen hat und wie ein Vater für mich ist. Was arbeitet deine Familie?", antwortet er. Okay, er will echt viel von mir wissen. Das bin ich gar nicht gewohnt, jedoch mag ich ihn und möchte ja auch viel von ihm wissen. „Mein Papa ist Sanitäter und seine Kollegen, also drei andere, mit denen wir zusammen wohnen, sind Ärzte.", antworte ich und trinke den letzten Schluck aus meiner Tasse. „Ah Ärztetochter also.", sagt er lachend. Ich lache auch und schüttle mit dem Kopf. „Nein, Papas Kollegen sind eher wie Onkel für mich. Die Freundin von einem Kollegen, ist wie eine Mutter, da ich meine ja nicht mehr habe."
So sitzen wir noch eine Weile dort und reden. Ich habe erfahren, dass seine Mutter Anwältin ist und einen Richter geheiratet hat. Nach etwa zwei Stunden, werden wir von seiner Mutter abgeholt und nach Hause gebracht. Ich hab den anderen natürlich erzählt, dass ich mich mit Lina treffe, weil mein Vater sonst ausgerastet wäre, wenn er erfahren hätte, dass ich mich mit Jonas getroffen habe. Er denkt nämlich immer noch, dass er etwas mit den K.O. Tropfen zutun hat.

Als ich durch die Tür laufe, sitzen alle gemeinsam im Wohnzimmer. Selbst Papa und Alex sind wieder da und schon wieder in Alltagsklamotten. „Hey, wie war's bei Lina?", fragt Papa, als er mich bemerkt. Ich stelle meine Tasche ab und mache einige Schritte auf ihn zu. „Sehr schön.", antworte ich wahrheitsgemäß. „Und wie war eure Schicht? Hat Alex dir endlich mal was von seinem Anstand gegeben?", frage ich lachend und setze mich auf den freien Sessel. „Oh Mira.", lacht Papa und kramt sein Handy raus. Nein, das kann nichts gutes bedeutet. Hat Papa Alex wirklich angesteckt? Ich hoffe nicht. „Wenn du nur wüsstest.", nuschelt Papa und scrollt im Handy rum. „Ah hier ist es!", sagt er aufgeregt und dreht sein Handy um.

Ah ja

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Ah ja. Ich meine wir haben November und die chillen mit Sonnenbrille im NEF? „Ihr wisst schon, dass wir Winter haben?", ich schaue skeptisch auf den Bildschirm und hebe eine Augenbraue. „Ja aber gegen eine Sonnenbrille spricht doch nichts.", kontert Papa und zeigt Phil und Paula das Bild. Ich bin trotzdem beruhigt, dass es noch so harmlos ist. Ich hatte echt mit schlimmeren gerechnet.
„Ja gut, ich muss Hausaufgaben machen. Ich bin dann oben.", sage ich und verschwinde in mein Zimmer. Von wegen Hausaufgaben. Ich will mit Jonas schreiben.
Dies mache ich auch eine ganze Zeit lang, bis es ans Abendessen geht. Wirklich Appetit habe ich nicht und die Schmerzen im Bauch und in den Rippen sind immer noch nicht ganz weg. Trotz dessen entscheide ich mich nach unten zu gehen und keine Aufmerksamkeit zu erregen.
Als ich mich setze, ist mein Teller schon mit einer guten Portion Lasagne belegt. Weil wir heute kein Mittag hatten, essen wir jetzt warm. Na toll, ich hatte auf Brot gehofft, was nicht so schwer im Magen liegt. Seufzend schiebe ich die Gabel in den Mund und lausche den Gesprächen. Ich verstehe nur Wörter, wie „Thoraxdrainage", „Polytrauma" und „Fraktur". Da mich das gerade er weniger interessiert, höre ich weg und schwebe in meinen eigenen Gedanken. Wie es wohl wäre, wenn Jonas und ich ein paar wären. Oder wenn er meine Hand halten und küssen würde. Das sind echt schöne Vorstellungen, von denen ich hoffe, dass sie zur Realität werden. „Hallo Mira!?", schnippst mich Phil aus den Gedanken. „Was? Was ist los?", frage ich verwirrt. „Ist alles gut? Plötzlich hast du nur in die Leere gestarrt und dich nicht mehr bewegt.", fragt er mich besorgt. „Ah ja alles gut.", winke ich ab und stopfe meinen Mund voll, damit ich auf keine Fragen antworten muss. Doch natürlich sehen die vier mich allesamt besorgt an, weshalb ich meine Daumen nach oben strecke und lächle. Ist es denn so schlimm, dass man mal in Tagträume gerät? Passiert doch jedem mal, also kein Grund sich Sorgen machen zu müssen. Naja, so denke ich als normaler Mensch. Ärzte ticken da ja anders. Ich hoffe nur, dass sie keinen Verdacht schöpfen, dass es mir momentan eher nicht so gut geht, wegen den Schlägen von Melissa und den Drohungen, die sie macht.
„Wer hat morgen Dienst?", frage ich, als die Blicke sich immer noch nicht geändert haben. „Wir.", sagt Phil und zeigt auf sich und Alex. „Ich bin morgen in Dortmund. Muss dort zu Mamas Schwester.", mischt Papa sich ein. Ah super, Alex und Phil arbeiten-was echt ungewöhnlich ist, da sie nur selten Dienst zusammen haben-und papa ist nicht da, also alleine mit Paula. Nicht, dass ich sie nicht mag aber wenn die echt Verdacht schöpfen, wird sie morgen die Gelegenheit nutzen, um mich auszufragen. Gott sei dank, habe ich morgen Reitstunde.

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Man liest sich im nächsten Teil:)

Zwischen Himmel und HölleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt