Der Alptraum

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„Ich glaube, ich gehe ins Bett. Ich bin müde.", seufze ich und löse mich von Phil, der mich den ganzen Abend im Arm hatte. „Jetzt schon? Ist doch noch früh.", fragt er verwundert, doch ich stehe trotzdem auf. Dann nicke ich auf seine Frage und bringe die Wärmflasche in die Küche. „Hab immer noch etwas schmerzen und möchte deshalb lieber schlafen gehen.", sage ich und gehe wieder auf die Ärzte zu. „Soll der Zugang drin bleiben?", frage ich, woraufhin Phil einen Blick zu den anderen wirft und dann wieder zu mir schaut. „Ich würde dir noch eine kleine Dosis geben, damit du ohne Schmerzen schlafen gehen kannst und morgen früh entfernen wir den und gehen zum Frauenarzt. Ich hab dein Papa eben schon Bescheid gesagt.", antwortet Phil und steht auf. „Frauenarzt? Bitte nicht.", stöhne ich genervt. Ich war zwar schon mal wegen Perioden Problemen im Krankenhaus bei einer Frauenärztin aber nochmal muss das echt nicht sein. „Doch, das muss mal abgeklärt werden Mira.", antwortet Alex nun, was Paula ebenfalls durch ein Nicken bestätigt. „Aaaaaber ihr seid auch Ärzte, könntet ihr das nicht machen?", widerspreche ich schüchtern. Phil schüttelt nur mit dem Kopf und nimmt mich dann mit nach oben. „Das geht wirklich nicht Mira. Wir sind Notärzte und keine Frauenärzte. Wir haben zwar studiert und kennen uns damit etwas aus aber eine richtige Frauenärztin kann das besser.", sagt Phil, während wir den Flur entlang gehen, um zum Arztzimmer zu kommen. Seufzend akzeptiere ich es nun und gehe auf die Toilette, während Phil die Infusion raussucht.
„Okay, dann schlaf schön und bis morgen.", sagt er, nachdem er mir eine neue Infusion gegeben hat und die Tür hinter sich schließt. Ich falle relativ schnell in einen Schlaf, doch dieser soll nicht lange anhalten, denn ich wache schweißgebadet auf, weil ich einen schrecklichen Alptraum hatte. „Oh fuck.", brumme ich vor mich hin und wische mir mit meinem Handrücken übers Gesicht. Ich habe geträumt, dass meine ganze Familie ermordet wird und ich nichts tun konnte. Mit tränenverschleierten Augen gehe ich aus meinem Zimmer, Richtung Küche, damit ich was trinken kann. Zu meiner Verwunderung flackert noch der Fernseher und Alex sitzt auf der Couch. Phil und Paula scheinen schon nach oben gegangen zu sein. „Mira? Warum bist du noch wach?", fragt er, als er bemerkt, dass ich in der Küche stehe. „Durst.", antworte ich knapp und bemerke dann, dass sich meine Stimme total verheult anhört. „Hey shhh, was ist los? Hast du schmerzen?", fragt Alex besorgt und nimmt mich in seine Arme. „Nein keine Schmerzen.", schluchze ich. Er führt mich Richtung Couch und setzt mich dort ab. Er kniet sich vor mich und nimmt meine Hände in seine. „Was ist los? Wieso weinst du?", fragt er und streicht mit seinen Fingern die Tränen weg. „Ich habe geträumt, dass ihr alle ermordet werdet.", gestehe ich und kralle mich vor lauter Panik an seinem T-Shirt fest. „Oh süße.", seufzt er nur und streichelt meinen Hinterkopf. „Das war nur ein blöder Traum. Wir sind alle am Leben und es geht uns gut.", sagt er beruhigend. Irgendwann hören die Schluchzer auf und er sagt, dass er mich wieder hoch bringt, doch ich protestiere. „Ich will nicht schlafen. Was wenn ich sowas nochmal träume. Ich habe Angst Alex.", sage ich mit zittriger Stimme und umschlinge kräftig seinen Arm. „Meinst du, du könntest schlafen, wenn ich bei dir bin?", fragt er, was ich durch ein Schulterzucken beantworte. „Okay, dann geh schon mal in dein Bett, ich komme gleich.", antwortet er und schiebt mich in mein Zimmer. Sofort kuschle ich mich unter meine Decke und warte auf ihn. Keine fünf Minuten später betritt er mit seiner Bettwäsche mein Zimmer und kommt zu mir ins Bett. Gott sei dank habe ich ein großes Bett, welches für zwei Personen gemacht ist, sodass es heute Nacht nicht zu eng wird. „Danke Alex.", flüstere ich und kuschle mich fest an ihn. Er legt einen Arm um mich und streichelt sanft meine Hand, bis ich in einen Traumlosen Schlaf verfalle.

Am nächsten morgen werde ich wach, weil ich merke wie Alex aufsteht. „Hey guten Morgen. Willst du weiter schlafen?", fragt er leise. Mein Blick fällt auf die Uhr, die 8:30 anzeigt. ‚Ein Wunder, dass Alex so lange schläft' denke ich mir und schüttle dann mit dem Kopf. Ich muss ja nicht immer bis in die Ewigkeit schlafen. „Ich komm mit nach unten.", sage ich und stehe ebenfalls auf. „Wie geht's dir? Hast du noch gut geschlafen?", fragt er, während wir die Treppen runtergehen. „Mir geht's gut. Ich konnte erstaunlicherweise echt gut schlafen. Danke nochmal.", antworte ich freundlich und sehe dann die ganze Familie in der Küche stehen. „Papa.", rufe ich fröhlich und falle ihm um die Arme. Erleichtert ihn und die anderen zu sehen nach dem Traum, wandere ich in die Küche, um meine Tablette einzunehmen. „Guten Morgen Mäuschen.", antwortet Papa und gibt mir einen Kuss auf den Kopf. Ich bin überglücklich, denn jetzt beginnt die schönste Zeit. In ein paar Tagen ist Weihnachten und meine ganze Familie hat Urlaub, was bedeutet, dass wir die nächste Woche komplett zusammen verbringen werden.
Nach dem Frühstück sind Papa und Tabea schlafen gegangen, da sie eine harte Nachtschicht hatten und sich erstmal erholen müssen. Deshalb stehe ich nun mit Paula, Phil und Alex in der Küche und starre ins nichts. Alex und Phil unterhalten sich, während Paula sich noch einen Kaffee kocht. „Ja gut, dann entfernen wir gleich deinen Zugang und gehen dann mal zum Arzt.", sagt Phil an mich gewandt, was ich durch ein gespieltes Lächeln beantworte. Ich habe da überhaupt keine Lust drauf.

Jetzt ist es soweit. Phil hat mir meinen Zugang entfernt und nun sitzen Paula und ich in der Frauenarztpraxis. Ich habe darauf bestanden, dass Paula und ich alleine fahren. Nicht, dass ich mich bei den Jungs nicht wohl fühle aber unter Frauen ist es nunmal besser. Dieses Mal sind wir übrigens nicht ins Krankenhaus gefahren, sondern zu Paulas Frauenärztin. Diese ist leider keine Kollegin von ihr, weshalb ich noch panischer werde, weil mich gleich eine komplett fremde Frau untersuchen wird. Okay was heißt panisch? Ich bin eher genervt, weil ich da keine Lust zu habe. „Okay Mira, auch wenn du da keine Lust zu hast, würde ich mich freuen, wenn du etwas freundlicher guckst. Deine Mundwinkel hängen ja bis zum Erdkern.", scherzt Paula und fängt an mich zu kitzeln. „Paula hör auf.", lache ich, weil mir das etwas unangenehm ist. Wir sitzen schließlich in einem Wartezimmer voller Patienten und Paula kitzelt mich. „Mira Fabiano bitte in Behandlungszimmer 5.", ertönt eine Stimme aus einem Lautsprecher. Paula und ich erheben uns und sie führt mich zu dem Zimmer. Ab jetzt gibt es kein zurück mehr.

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Man liest sich im nächsten Teil:)

Zwischen Himmel und HölleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt