Lust zu feiern

513 19 0
                                    

Im Auto benimmt Alex sich immer noch seltsam. Er ist irgendwie verträumt, wirkt aber auch etwas besorgt. „Los erzähl, was ist los?", frage ich ihn erneut. Er klopft mit den Fingern auf dem Lenkrad rum und wartet, dass die Ampel auf grün schaltet, um dann voll durchzustarten. „Wow ganz ruhig. Ich will noch nicht sterben.", sage ich und halte mir die Brust, als wir wieder etwas langsamer werden. So ist er sonst nie drauf. „Alex?!", mache ich ihn aufmerksam. „Hallo?!", versuche ich es immer wieder, doch keine Reaktion. Der ist in einer komplett anderen Welt. Das geht etwa die ganze Fahrt so, bis wir in unsere Straße einbiegen und ich Jonas sehe, der auf unser Haus zusteuert. Noch während Alex fährt, schnalle ich mich ab und reiße die Tür auf. „Mira?!", brüllt er erschrocken. Naja wenigstens bemerkt er mich jetzt mal. Ich sprinte auf Jonas zu und falle ihm um den Hals. „Was machst du hier?", frage ich, immer noch mit den Armen in seinem Nacken. „Dich sehen.", flüstert er und legt seine Hände an meine Taille. „Ich habe von Lina gehört, dass du entlassen wirst und dachte, ich komme dich mal besuchen.", sagt er. Stimmt, ich hatte Lina heute morgen geschrieben, dass ich heute wieder gehen darf. „Wie schön, dann komm mit.", antworte ich und laufe, Hand in Hand, mit ihm zum Haus. Dort steht Alex wartend an seinem Auto. „Nächstes mal warnst du mich vor. Das hätte auch schief gehen können.", meckert er und schließt die Haustür auf. „Tut mir leid aber du hast mir ja keine Aufmerksamkeit geschenkt.", kontere ich und gehe wütend an ihn vorbei, gefolgt von Jonas.
Phil, der in der Küche steht und einen Kuchen backt, warum auch immer, guckt total erschrocken, als er mein Geschrei hört. „Schön dich wieder zuhause zu haben Mira und hallo Jonas.", begrüßt er uns. „Hey Phil.", sagt Jonas, doch ich stehe nur wütend daneben. „Was ist los?", fragt er, als er nun auch Alex sieht, der denselben Gesichtsausdruck hat, wie ich. „Nichts.", kommt es gleichzeitig von uns, bis ich Jonas schnappe und mit ihm nach oben verschwinde. Ich weiß selber nicht, wieso ich mich so krass aufrege aber mich nervt es irgendwie, dass Alex im Moment alles und jeden ignoriert und nicht einmal sagt, warum er das tut.

Ich Knalle mit voller Wucht die Tür hinter mir zu und setze mich zu Jonas aufs Bett. „Ist alles okay zwischen euch?", fragt er, weil er mich so auch noch nie erlebt hat. „Ja!", antworte ich knapp und gehe dann zu meinem Schrank. Dort suche ich ein enges schwarzes Kleid und hohe Schuhe raus. „Gibst du mir mal mein Handy?", frage ich Jonas, da es direkt neben ihn liegt. Er gibt es mir und sieht etwas verwirrt aus, als ich auch noch Schmuck aus meinem Schreibtisch suche. „Was hast du vor?", fragt er mich verwirrt. „Hey Lina. Ja, hast du heute Zeit? Jetzt vielleicht? Ja trotzdem. Ja okay. Bis gleich. Tschüssi.", so beende ich das Telefonat mit meiner besten Freundin. „Äh okay was machst du jetzt?", fragt er mich erneut. „Ich werde mich jetzt fertig machen, dann zu Lina gehen, dann eine Bar suchen, die um diese Uhrzeit schon auf hat und Alkohol an 16-jährige verkauft und dann werde ich das erste mal in meinem Leben Alkohol trinken. Willst du mit?", frage ich ihn voller Euphorie. „Mira, du kannst dich doch jetzt nicht betrinken gehen. 1. ist es zehn Uhr morgens, fast elf. 2. sollst du nicht trinken, nur weil Alex und du Stress habt und 3. mache ich da nicht mit.", antwortet er mir, wie es mein Vater machen würde. „Na gut, dann bleib halt hier oder geh.", sage ich gleichgültig und ziehe meine Klamotten aus. Es ist mir so Schnulze, dass er da sitzt. „Oh. Mein. Gott.", sagt er, als ich da halbnackt vor ihm stehe. „Was denn? Noch nie einen Körper gesehen?", frage ich genervt. „Doch, aber...", beginnt er und schüttelt dann mit dem Kopf. Wieso sind denn alle so komisch drauf. „Ich lasse nicht zu, dass du jetzt trinken gehst. Du kommst gerade aus dem Krankenhaus Mira. Wer weiß, ob es sich mit den Medikamenten verträgt, die du noch im Blut hast. Wenn du gehst, dann...", beginnt er und spannt den Kiefer an. „Was dann?", frage ich und ziehe mein Kleid an. „Dann sag ich es Phil und Alex."
Warte was? Will der mich echt verpetzen? „Hau ab. Los. Geh!", knurre ich und zeige zur Tür. „Und wenn du nur ein verdammtes Wort verlierst, dann hörst du nie wieder was von mir.", sage ich wütend. „Dann ist das eben so. Ich will nicht, dass du deine Gesundheit riskierst, weil du etwas Stress hast.", antwortet er und geht zur Tür, Richtung Treppe. „Du mieses Ars*****h!", schreie ich und knalle die Tür zu. Was bildet der sich ein? Denkt der, Alex wäre mein einziges Problem? Da hat er sich aber mächtig geschnitten. Es gibt da momentan deutlich mehr, als Alex, nur das muss ja niemand wissen.
Einige Sekunden später höre ich schon gepolter auf den Treppen und dann klopfen an meiner Tür. „Mira, mach sofort die Tür auf!" Das war Alex. Dann klopft es noch ein paar mal stark. „Mira bitte, lass uns rein.", kommt von Phil. „Nö haut ab!", knurre ich und schaue nach, was ich zerstören kann. Ich bin im Moment so voller Wut, dass ich es irgendwo rauslassen muss. Da fällt mir glatt eine Strategie ein. Zwar keine besonders gute, jedoch hilfreich.
TRIGGERWARNUNG: ab jetzt kommen Inhalte, die triggern können.
Irgendwo muss doch hier mein Anspitzer rumliegen. Da ist er ja. Schnell baue ich die Klinge aus und ignoriere dieses nervtötende Gehämmer an der Tür. Plötzlich ist da eine Frauenstimme, die ich noch nicht zuordnen kann. „Hallo Mira. Hier ist die Polizei. Machst du mal bitte die Tür auf?", irgendwoher kenne ich diese Frauenstimme, kann sie jedoch noch keiner Person zuordnen. Jetzt ist die Klinge endlich einsatzbereit, sodass ich sie an meinen linken Unterarm ansetze und ein paar mal schneide. Echt befreiend. Damit nichts auffällt, ziehe ich mir schnell einen schwarzen Pullover und eine Jogginghose an. Gerade rechtzeitig, denn die Polizistin, die sich als Hannah Becker rausstellt, hat meine Tür aufgebrochen. „Mira.", seufzt Phil erleichtert, als er sieht, dass ich „normal" auf meinem Bett sitze. „Was habt ihr denn?", frage ich und lache ironisch. „Habt ihr ernsthaft die Polizei gerufen?", füge ich noch hinzu und komme aus dem Lachen nicht mehr raus. Was mir jedoch auffällt ist, dass Hannah und Stephan, der gerade dazu kam, nicht in Dienstkleidung sind. „Ich habe die Polizei nicht gerufen, sie sind zu Besuch hier.", erklärt Phil wegen meinem verwirrten Gesicht. „Sag mal, Jonas hat gesagt, dass du dich betrinken gehen willst? Und schon in Partykleidung bist?", fragt Phil und mustert mich dann einmal fragend. „Na da hat der gute Jonas wohl gelogen. Wie ihr seht sitze ich hier nicht in Partykleidung und habe auch nirgendwo Alkohol.", antworte ich und stehe dann auf. „Wenn ich bitten darf, ich hätte gerne meine Ruhe.", sage ich und will die Tür schließen. „Ja, das ist auch schön und gut aber wir wollen in einer Stunde, wenn die anderen kommen, zusammen Kuchen essen.", sagt Phil noch, was ich mit einem Nicken beantworte und dann ganz die Tür schließe. Scheisse, brennt mein Arm. Seufzend ziehe ich meinen Ärmel hoch und sehe das Kunstwerk an, welches ich gerade kreiert habe. Echt schön, würde es nicht so weh tun. Jetzt heißt es nur, aufpassen, dass niemand es merkt, solange bis es verheilt ist. Leichter gesagt, als getan, wenn man in einer Ärzte WG wohnt.

———————————————————————

Oh je wieder ein Rückfall. Was denkt ihr, belastet Mira momentan so stark, dass sie sich betrinken will und sich selbst verletzt? Wer etwas richtig errät, wird unter dem nächsten Kapitel erwähnt, welches morgen kommt:)
PS: es sind mehrere Sachen

Man liest sich morgen:)

Zwischen Himmel und HölleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt