Phil lässt nicht locker

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Wir sitzen immer noch im Wartezimmer und meine Übelkeit lässt einfach nicht nach. „Immer noch übel?", fragt Paula, die meine Stille bemerkt. Ich nicke vorsichtig, damit nichts rauskommt. „Oh süße.", sagt sie und nimmt mich dann in den Arm. Ihre Wärme behütet mich komplett, sodass ich entspannen kann und nicht mehr an die Übelkeit denken muss. „Mira Fabiano bitte in die 5", sagt eine Stimme, woraufhin Paula mich hochzieht und hinter Papa und Phil in das Behandlungszimmer schiebt. Ohne zu zögern, lege ich mich auf die Liege. Papa setzt sich zu mir und streichelt meine Hand, während Paula und Phil sich auf die freien Stühle setzen. Während der gesamten Wartezeit bin ich still und starre an die Decke. „So, guten Tag.", höre ich die Stimme von meinem Arzt und schaue zur Tür. Sofort springt Phil auf und erklärt ihm die Lage. „Alles klar, dann lass mich mal schlauen.", antwortet der Arzt darauf und kommt dann zu mir an die Liege. Er zieht mein Oberteil hoch und drückt dann genau an die Stelle, wo es schmerzt. „Aua.", schreie ich und zucke zusammen. Er antwortet nicht wirklich darauf und horcht dann mit dem Stethoskop ab. „Also ich konnte nichts finden. Wird wohl ein einfacher Magen-Darm-Infekt sein. Ich verschreibe ihr was dagegen.", sagt mein Arzt und lässt sich hinter seinem Computer nieder. „Entschuldigen sie mal, ich und meine Frau sind Ärzte und haben sie schon untersucht. Die Symptome weisen deutlich auf eine chronische Magenschleimhautentzündung hin. Würden Sie ihren Patienten mal besser zuhören, dann würden sie bessere Diagnosen stellen.", sagt Phil wütend. Wow, so kenne ich ihn ja gar nicht und hat er Paula gerade als „seine Frau" bezeichnet? Wie süß ist das denn? Die sind ja noch nicht mal verheiratet. „Phil.", brumme ich, da ich sehe, dass er erneut zum reden ansetzen will. „Gleich Mira.", antwortet er nur und nimmt meine Hand. „Ich bitte Sie Kollege. Veranlassen sie eine Endoskopie (Magenspiegelung), damit wir sehen, was sie hat.", bittet er den Arzt, der daraufhin in seinem Computer tippt und Phil dann einen Schein übergibt. „Danke.", stöhnt Phil und nimmt uns dann mit raus. „Was ein Idiot.", höre ich Phil leise nuscheln, als wir die Praxis verlassen. Ich muss etwas kichern, da ich ihn noch nie so genervt erlebt habe. Auch Papa und Paula lachen etwas.
Mit dem Auto halten wir vor der Klinik am Südring, wo Phil und Papa kurz reingehen und Paula und ich warten im Auto. Da der Parkplatz nahe der Notaufnahme ist, sehen wir regelmäßig Krankenwagen einfahren. „Phil war echt sauer oder?", sagt Paula lachend. Ich lache auch und nicke dann. Da sie neben mir sitzt, sieht sie das und muss wieder schmunzeln. „Der setzt sich ganz schön ein, für diese Endoskopie.", sagt sie stolz. „Ja das stimmt. Wie läuft sowas eigentlich ab?", frage ich interessiert, da mich das ja bald erwartet. „Also zuerst hast du ein Arztgespräch mit dem behandelnden Arzt und dem Anästhesisten. Dort wird alles über den Eingriff besprochen. Viele machen das ohne Narkose aber du machst das besser mit, glaube mir, das ist angenehmer. Ich hatte das auch mal, jedoch ohne Narkose und seit da an Rate ich jeden, das mit Narkose zu machen. Wenn es dann los geht, wirst du in einen Einleitungsraum gebracht, wo du dann die Narkose bekommst und schläfst. Während du schläfst, untersucht der Arzt deine Speiseröhre und den Magen mithilfe eines langen Schlauches, wo eine Kamera dran ist. Davon merkst du aber gar nichts. Irgendwann wirst du wach, dann wird alles besprochen und du kannst gehen. Danach solltest du viel trinken, damit deine Speiseröhre befeuchtet bleibt.", erklärt Paula mir die Prozedur. „Ekelig.", antworte ich kichernd. Sie schmunzelt ebenfalls. Dann kommen auch schon die Jungs wieder. „Also, du hast morgen um 10 Uhr einen Termin zur Besprechung und übermorgen dann für den Eingriff.", sagt Papa. Dann fahren wir entspannt nach Hause, wo ich mich auf die Couch lege, da es mir immer noch nicht besonders gut geht. Plötzlich fällt mir ein, was Paula heute morgen gesagt hat. Wenn ich morgen nicht zum Training gehe, werde ich aus dem Reitverein geschmissen. Besorgt springe ich auf und sprinte in die Küche. „Hey, ganz ruhig.", kommt von Phil, der ebenfalls in die Küche gekommen ist. „Ich muss morgen zum reiten, sonst war's das für immer.", hechle ich traurig. „Süße, deine Gesundheit geht vor. Ich weiß, dass du lange nicht mehr da warst aber du kannst nicht zum reiten gehen, wenn du krank bist. Ich rufe eben bei deiner Reitlehrerin an.", sagt Papa und zückt das Telefon. Wir alle sitzen am Tisch und lauschen den Telefonat. „Und was sagt sie?", frage ich aufgeregt, als Papa das Handy weglegt. „Also, sie sagt, dass sie noch eine Ausnahme macht. Jetzt sind ja bald Weihnachtsferien, wo eh kein Training ist und danach sollst du wieder kommen.", erklärt Papa, woraufhin ich glücklich aufspringe. „Vorsichtig.", brummt Phil neben mir. Ich lasse mich wieder in den Stuhl sinken und hole mein Handy raus, welches ich in letzter Zeit echt vernachlässigt habe. Lina hat mein WhatsApp zum explodieren gebracht:

Lina: Hey wie geht's?
Lina: Hallo, lebst du noch? Ich mache mir Sorgen
Lina: Halloooooo
Lina: Miraaaaa
Lina: wie gehts dir? Antworte bitte
Lina: Juhuuuuuu antworte mal

Das sind nur einige von wenigen Nachrichten. Außerdem noch dreißig unbeantwortete Anrufe.

Ich: Hey Lina, ja es geht mir soweit gut. Bin bis zu den Weihnachtsferien krankgeschrieben und habe was mit dem Magen:( hoffe das ist bald besser. Müssen uns echt mal in den Ferien treffen.
Lina: Omg du lebst noch. Ich hatte echt Angst um dich. Mach das nie wieder. Dann wünsche ich dir gute Besserung und melde dich mal bei Jonas, der ist total down
Ich: Alles klar mache ich, danke:) bis bald

Puhhh ich habe Jonas echt mies behandelt in der letzten Zeit. Ich werde ihn heute Abend mal anrufen.
„Moin zusammen, ich habe Besuch mitgebracht.", höre ich plötzlich aus der Haustür rufen. Dann sehe ich Alex eintreten und hinter ihm Tabea. „Tabea.", sagt Paula glücklich und läuft auf sie zu. Ich weiß, dass die beiden gut befreundet sind. „Na, schon was erlebt heute?", fragt Alex und kommt in die Küche. Paula unterhält sich noch mit Tabea. „Joa, waren beim Arzt mit Mira.", sagt Papa. Sofort liegt Alex Blick auf mir. „Und? Was hat er gesagt?", fragt er. „Phil hat voll die Szene gemacht und jetzt habe ich morgen einen Termin zur Vorbesprechung und übermorgen zur Magenspiegelung.", erkläre ich ihm, was Sache ist. „Ah okay. Phil hat eine Szene gemacht? Wie das denn?", fragt er lachend. Dann kommen Paula und Tabea zu uns, die erstmal hin allen begrüßt wird. „Naja Phil und der Arzt hatten eine Meinungsverschiedenheit und das wollte Phil nicht so auf sich sitzen lassen. Und außerdem hat Phil Paula seine Frau genannt.", sage ich. Alex fängt an zu lachen und haut Phil auf die Schulter. „Phil mein Freund wird erwachsen.", stellt er lachend fest.
Nach einigen Minuten sitzen wir alle zusammen am Küchentisch und spielen Mensch ärgere dich nicht.

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Man liest sich im nächsten Teil:)

Zwischen Himmel und HölleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt