Kapitel Siebzig ✔️

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Ich seufzte und kroch in mein Bett auf der Station. Phil war gleich zu Dr. Frank um das mit ihm zu klären. Ich überlegte kurz und stand dann nochmal auf. Im Schrank hing meine andere Jacke und ich wühlte kurz in der Tasche. Bingo. Ich hielt den Zettel mit Marius Nummer in der Hand. Ich ging zurück zum Bett und gab die Nummer in mein Handy ein.

Hey Marius. Hier ist Jana. Danke für die Nummer.

Ich seufzte und wollte mein Handy grade wieder weg legen als Nadja mir schrieb.

Wir wissen jetzt wo Vince im Heim ist. Wir gehen nachher hin. Dieser elendige Drecksack denkt echt er kommt einfach so davon.

Ich musste lachen. Phil kam rein.

"Was ist so lustig?" "Nichts.", kicherte ich und schickte Nadja ein Lachemoji.

Dann wurde ich wieder ernst.

"Wann kann ich hier raus?" "In neun Tagen." "Das..." "Beschwer dich ja nicht. Normalerweise müsstest du noch mindenstens drei Wochen hier bleiben."

Ich nickte.

"Ist ja gut." "Ich muss dann jetzt auch heim. Ich hab später Dienst." "Viel Spaß." "Danke."

Und auch diese neun Tage verbrachte ich nur mit viel schlafen, Netflix und etlichen Besuchen. Dr. Frank kam jeden Tag zu mir und checkte meine Werte. Diese waren soweit auch ganz gut, es gab nur einen Haken. Ich konnte nicht essen. Jegliches Essen das ich aß kam nach kurzer Zeit wieder raus. Das einzige dass ich Essen konnte war Suppe da es nichts festes war.

Ich schrieb mit Marius, Nadja, Carola, Vince und natürlich auch mit Fiona. Fiona war aber eher distanziert. Ihr hatten die Wochen anscheinend doch mehr zugesetzt als erst erwartet und sie befand sich nun auch in Behandlung. Nadja war eigentlich gut darüber weg und auch Carola war nur ein paar mal beim Psychiater gewesen. Vince verdrängte die Sache und wollte nie darüber reden.

Und ich? Ja. Ich verarbeitete alles in ziemlich intensiven Albträumen und Panikattacken. Phil hatte mich dazu verdonnert, auch eine Psychiaterin zu bekommen. Aber so sehr ich mich auch anstrengte, all das erlebte zu verarbeiten, die intensive meiner Albträume schwand nicht.

Die letzte Nacht in Krankenhaus war eigentlich die schlimmste.

Ich erwachte durch laute Rufe. Ich riss meine Augen auf. Verdammt wo war ich?! Krankenhaus, so viel war klar. Vor mir standen zwei Ärzte und mindenstens drei Schwestern. Ich sah mich panisch um und begriff. Ich war im Schwesternzimmer! Aber wie war ich her gekommen?

"Geht weg!", fauchte ich.

"Jana bleib ruhig. Wir tun dir nichts."

Dr. Frank war vorgetreten. Marko blitzte vor meinem inneren Auge auf.

"NEIN!"

Ich wich zurück. Mein Atem ging flach und mein Rücken tat weh. Die Schwestern kamen langsam näher.

"Kein Schritt weiter!", knurrte ich.
Ich fühlte mich wie eine Katze die in die Enge getrieben worden war.

"Jana bitte. Es war nur wieder ein Traum. Nur dass du diesesmal geschlafwandelt bist." "Ihr lügt!"

Ich spannte mich an und rannte los. Ich wollte mich an den Ärzten und Schwestern vorbei quetschen aber ich wurde fest gehalten. Ich befreite mich mit zwei gekonnten Handgriffen und rannte los. Weit kam ich aber nicht. Phil kam den Gang in Dienstkleidung entlang gelaufen. Ich machte eine Vollbremsung. Von hinten kamen die Ärzte angelaufen.

"Verdammt warum lasst ihr mich nicht alle in Ruhe?!"

Ich flüchtete in eine kleine Kammer links von mir. Dem Putzraum wie ich jetzt feststellte.

"Jana was soll dass?" kam es leise von Phil. Ich lehnte mich gegen die Tür.

"Geht weg. Alle."

Phil seufzte. „Nicht ohne dich."

"Was ist denn überhaupt passiert?", hörte ich ihn leiser fragen. "Sie hatte wieder einen Albtraum. Schlimmer als die andern. Sie ist geschlafwandelt. Als wir sie geweckt haben ist sie total panisch geworden. Wir wollten sie zurück auf Zimmer bringen aber nun ja... Sie ist entkommen."

Phil seufzte nochmal. Nur tiefer.

„Jana komm schon. Es war wieder nur ein Traum gewesen. Marko ist weg und dass weißt du auch."
Ich lehnte meinen Kopf gegen die kühle Wand. Er hatte ja Recht. Marko war tot. Für immer.

Ist da jemand? (ASDS)Where stories live. Discover now