Wichser (Teil I)

243 35 92
                                    


RosaGoldhamster: Welche Tiere magst du?

Ich war zufrieden. Meine Schulter war gefühlt schon blau, so oft hatte ich mir selbst auf sie draufgeklopft, weil meine bescheuerte Frage von gestern scheinbar genau ins Schwarze getroffen hatte.

Worüber hatte ich mir eigentlich Sorgen gemacht? Es lief doch wie geschmiert. Es würde gar keine zwei Wochen, sondern allerhöchstens eine dauern, bis der Zwerg sich wieder in mein Bettchen verirrte.

„Was grinst du so dämlich? Hat dein fast-beinahe-in-zwei-Wochen-vielleicht-Stalker-Boyfriend dir geschrieben?"

„Du meinst meinen auf-jeden-Fall-ganz-sicher-morgen-wieder-Stalker-Boyfriend?" Ich warf ihr einen pikierten Blick zu. „Gut möglich."

Kichern folgte, bevor sie ihren linken Ellbogen auf der Tischkante abstützte und ihr Kinn in die Handfläche legte. Ihr Kopf lag dadurch leicht schief und eine vorwitzige Strähne schummelte sich vor ihre Augen. Sie war hübsch – und es irritierte mich, dass es meinem Schwanz egal war, weil ich mich unweigerlich fragte, wie Emma wohl in zehn Jahren aussehen würde. Irgendwie konnte ich mir nicht vorstellen, dass sie in ferner Zukunft männlichen Besuch nach Hause bringen könnte. Ich meine, im Moment waren Jungen noch bäh.

„Du siehst mich ziemlich seltsam an? Spielen deine Hormone verrückt?"

Ich wandte mich ab. „Eventuell. Ich male mir gerade aus, wie Emma in deinem Alter aussehen könnte."

„Aw!" Ihre Handfläche verzerrte das breite Grinsen, das sich in ihrer Visage festgesetzt hatte. „Ist da jemand ein bisschen overprotective? Angst, dass sie einen Typen mit heimbringt, der nicht gut genug für sie ist?"

„Nein." Ich lehnte mich in meinem Stuhl zurück, öffnete meine Handytastatur. „Ich komme nur nicht damit klar, dass meine achtjährige Giftspritze von Schwester jemals Sex haben könnte. Das ist echt widerlich."

„Woah, Moment!" Sie richtete sich schlagartig auf. „Hast du am Dienstag nicht gesagt, ich erinnere dich an sie?"

Ich brummte, lenkte mein Gehirn zum eigentlichen Thema zurück.

Welche Tiere mochte ich? Affen schonmal nicht, von denen kannte ich bereits drei Exemplare, die mir nicht zusagten. Ansonsten waren Papageien ganz witzig. Mit sechs war ich öfter bei einem Klassenkameraden gewesen, der einen Ara besessen hatte. Das Mistviech hatte immer, wenn sein Vater die Küche betreten hatte, lautstark Feuer, Feuer! gerufen, weil es wohl mal einen kleinen Brand mit ihm als Verantwortlichen gegeben hatte.

„Wieso erinnere ich dich bitte an eine Achtjährige?" Sie schien beleidigt.

Ich beachtete sie kaum. „Ihr besitzt denselben Bildungsgrad. Sag mal", ich senkte mein Handy, „ist ein Mammut ein gesellschaftlich akzeptables Lieblingstier?"

„Was ...?" Kopfschütteln. „Was ist das denn für ein bescheuerter Themenwechsel?"

„Ja oder nein?"

„Mammuts sind ausgestorben." Sie versuchte, einen Blick auf mein Smartphone zu erhaschen, aber ich ließ sie nicht. In letzter Zeit waren schon genügend Leute ohne Zustimmung in meine Privatsphäre abgetaucht.

„Und deswegen sind es keine Tiere mehr? Das ist generationenübergreifende Diskriminierung."

KingPaulus: Mammuts

RosaGoldhamster: Aber es gibt doch gar keine Mammuts mehr

Da würde sich aber einer gut mit Ronja verstehen. Sie waren sogar ähnlich neugierig. Je weiter ich mich von der Frau entfernte, desto näher rückte ihr Stuhl wieder an mich heran.

In meinem AbgrundWhere stories live. Discover now