Nutzlose Blumen

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Ich war nicht besorgt, dass Noah seine Meinung ändern und mir doch nicht verzeihen würde. Ich ging lediglich auf Nummer sicher, um weiteren Unannehmlichkeiten vorzeitig aus dem Weg zu gehen. Außerdem tat die frische Luft meinem verkaterten Schädel gut.

„Eine bestimmte Farbzusammenstellung?"

„Irgendeine, die sagt Es tut mir leid." Ich hielt inne, runzelte die Stirn. „Oder lieber etwas Fröhliches. Er mag fröhliche Farben."

Die Verkäuferin bedachte mich mit einem mitfühlenden Lächeln, das vollkommen fehl am Platze war.

„Noch ein bisschen Grün dazwischen?"

„Ich vertraue da voll auf Ihre Erfahrung."

Sie nickte und machte sich ans Werk, ich sah mich derweilen etwas in dem Laden um. Er wirkte behaglich. Die Decke war in einem warmen Blau gestrichen, an den Wänden zogen sich Kletterpflanzen von einer Seite zur anderen und überall herrschte ein buntes Treiben aus allerlei verschiedenen Arten von Blumen. Es gab kaum einen Fleck, der nicht bewachsen war. Und in der Mitte führte eine Wendeltreppe in ein weiteres Stockwerk, in dem vermutlich noch mehr Auswahl auf einen wartete. Apropos warten.

„Fertig! Gefallen sie Ihnen?" Die Florafachexpertin hielt mir einen Straus Chrysanthemen in gelb und weiß hin, ich nahm sie stumm entgegen. Keine Ahnung, ob mir die zusagten, ich kannte mich mit Gewächsen nicht aus und mit Ästhetik umso weniger.

„Soll ich eine schöne Schleife um die Stiele herumbinden?"

„Eine Vase wäre mir lieber. Dann kann ich sie ihm einfach hinstellen." Ich war ehrlich nicht der Typ dafür, jemandem mit viel Tamtam Geschenke zu überreichen. Am Valentinstag mal die eine oder andere Rose, wenn ich dazu genötigt wurde, aber von allzu großem Kitsch hielt ich mich fern. Normalerweise.

„Haben Sie eine bestimmte im Sinn?" Sie deutete auf ein Regal, auf dem viel zu viele Arten von Töpfen und Glasgefäßen dicht an dicht standen.

„Irgendeine, von der Sie denken, dass sie passt."

Es dauerte ungefähr fünf Minuten, dann drückte sie mir eine durchsichtige Vase in die Hand, die am Hals mit einem roten Band verziert war. Ganz vorne prangte ein geschwungenes Herz.

So viel dazu, dass ich keine Gefühlsduseleien mochte.

Ich bezahlte den überraschend hohen Preis und lief mit dem Präsent zurück zum Haus der Balz'. Es war kein langer Weg, keine zwanzig Minuten zu Fuß, und die Zeit reichte nicht mal aus, um mir selbst die Frage zu beantworten, ob der gemütliche Blumenladen eines von Noahs Bewerbungszielen war. Auf jeden Fall würde die Umgebung zu ihm passen. In einem großen Betrieb würde er sich vermutlich selbst verlieren.

Weil er so unfassbar hilflos ist.

Ich summte ein bisschen vor mich hin, grinste einem Mädchen zu, das ziemlich sehnsüchtig zu mir herüberblickte. Vermutlich bekam sie nicht oft solche Aufmerksamkeiten überreicht. Aber wahrscheinlich wurde sie auch nicht beleidigt, bis Krokodiltränen flossen. Hässliche Krokodiltränen. Keine Ahnung, warum es mir so derb auf den Geist ging, wenn der Freak losheulte. Wenn die Flüssigkeit in seinen Augen allerdings davon rührte, dass er würgen musste, weil ich ihm meinen Schwanz tief in den Rachen rammte, dann-

Mein Handy vibrierte, riss mich aus meinen Fantasien, bevor ich es bewerkstelligen konnte, mitten auf offener Straße hart zu werden. Das war mir schon in der Pubertät oft genug passiert. Ich brauchte ehrlich keine Erinnerung daran, wie seltsam es war, wenn jemand einem in einer völlig verqueren Situation penetrant in den Schritt starrte. Vorzugsweise, wenn man an der Tafel stand und die gesamte Klasse vor sich hatte. Front row boner-time.

In meinem AbgrundOpowieści tętniące życiem. Odkryj je teraz