Hunde und Spinnen

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Ich war wach. Viel zu früh.

Wir hatten erst fünf Uhr morgens. Das wäre jetzt die Uhrzeit gewesen, zu der ich hätte aufstehen müssen, würde ein weiterer Frühdienst für mich anstehen. Glücklicherweise hatte ich frei. Unglücklicherweise half mir das nicht beim Einschlafen. Dabei hatte ich so einen angenehmen Traum gehabt, bis ich von einem merkwürdigen Druckgefühl auf meiner Brust wach geworden war.

Buddy hatte sich einfach auf meinem Oberkörper zusammengerollt. So nah an meinem Hals, dass ich ihn gar nicht richtig sehen konnte. Aber ich spürte ihn zucken, seinen Schwanz in unregelmäßigen Abständen gegen meine Rippen schlagen.

Ich konnte mich nicht bewegen.

Mir war warm und kalt gleichzeitig und irgendwie schwitzten meine Füße und meine Pumpe fühlte sich an, als würde sie bersten. Ich musste einen Blutdruck haben, der gerade die Decke sprengte.

Der Hund musste weg.

Aber ich wollte ihn nicht anfassen.

Unruhig drehte ich das Gesicht zur Seite. Noah schlief selig vor sich hin, grunzte ab und an.

Oh nein, die Blöße würde ich mir nicht geben. Ich würde ihn mit Sicherheit nicht wecken. Ganz bestimmt nicht.

Meine Aufmerksamkeit wurde zurück zu dem eigentlich schlummernden Hund gerissen, als seine Bewegungen zunahmen. Und prompt durfte ich feststellen, dass er überhaupt nicht mehr vor sich hin döste.

Stattdessen verweilte er mit allen vier Pfoten auf meinem Brustbein und sah zu mir runter. In dem wenigen Licht, das durchs Fenster fiel, wirkte es, als hätte er keine richtige Schnauze, nur einen verwischten Fleck mit reflektierenden Knopfaugen. Die immer näher rückten.

Meine Hand verselbstständigte sich, packte Noah an der Schulter und riss ihn unsanft aus dem Traumland.

„Hm?" Er gähnte verhalten, ließ sich so unfassbar viel Zeit beim Wachwerden.

Ich zwickte ihn in den Arm, damit er schneller machte. „Augen auf, verfluchte Scheiße!", zischte ich und sah, wie er sich mit fragendem Blick aufrichtete.

„W-was ist l-los?"

„Siehst du das nicht? Nimm dieses Stück Dreck von mir runter!"

Er tat es, ohne nachzufragen, scheinbar immer noch total verschlafen.

Ich atmete laut aus, wischte mir über die Visage. Meine Stirn war feucht, schweißig. Vielleicht bekam ich Fieber.

„Musst du arbeiten gehen?"

„Was?"

„W-weil du willst, dass ich aufstehe."

„Ich will nicht, dass du aufstehst, ich will nur, dass der Hund vom Bett fernbleibt."

„O-okay." Er krabbelte über meine Knie und setzte Buddy auf dem Boden ab, der sofort lautstark bellte.

Wie ich dieses Geräusch verabscheute.

„Er ist unten." Noah kroch zurück an meine Seite. „K-können wir jetzt ...?"

Ich wusste nicht, was er sagte, bekam den letzten Teil der Frage nicht mehr mit, weil Buddy in genau dem Moment mit Anlauf zurück zu uns auf die Matratze sprang.

Mein Körper gehorchte mir nicht. Ich hörte mich nach Luft schnappen und keine Sekunde später fand ich mich am Bettende wieder, die Knie abwehrend an die Brust gezogen.

„A-alles gut?"

War er über sein Nickerchen hinweg etwa blind geworden, oder was?

Ich schnaubte, starrte mit zusammengekniffenen Augen auf Buddy, der seine wiederum auf mich gerichtet hielt und erneut bellte. Einmal. Zweimal.

In meinem AbgrundWhere stories live. Discover now