Metronom (Teil II)

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Noch nicht der letzte Teil des Kapitels, aber das letzte Update ist schon wieder neun Monate her und ... ja. 

TW: erwähnter (Schlaf-)Tablettenmissbrauch und Folgen.



„Gebrochen." Ich rutschte etwas tiefer. Mein Steißbein würde es mir danken nach den letzten Stunden, die ich im Sitzen verbracht hatte. Draußen vor dem Fenster war es schon längst stockfinster, eingeschlafen war ich bei Tageslicht. „Ich weiß, dass du geweint hast." Und dass ich ihm die Kapuze heruntergezogen hatte, um sie mir ansehen zu können, die rot geränderten Augen, die zitternde Unterlippe. Der Rest allerdings fehlte. „Worüber haben wir uns damals unterhalten?"

Und das war's dann wieder mit dem Blickkontakt. „Ü-über nichts Besonderes."

Noah."

„Was? Du willst mir d-doch auch nichts verraten." War er frustriert? Gut, war ich nämlich auch. Vor allem, weil ich nicht verstand, weshalb mich diese Geheimniskrämerei dermaßen wahnsinnig machte. Seit vier verdammten Monaten.

Ich meine, was hatte ich getan, um ihn so von mir zu überzeugen?

Und könnte ich ihn noch einmal so überzeugen?

Ich seufzte und bettete meinen Hinterkopf für eine Sekunde auf die Matratze, den Blick gegen die Decke gerichtet, bevor ich wieder zu ihm schaute. „Und wenn ich dir erzähle, was zuhause los war, sagst du es mir dann?" Dass er natürlich nur die zensierte Kurzfassung bekommen würde, behielt ich für mich.

Er fasste sich an die Knöchel, als würde er sich an sich selbst klammern wollen. „V-vielleicht. Wenn du anfängst."

Ich brummte. „Ein Vielleicht reicht mir nicht."

„M-mehr kriegst du aber nicht."

Wieso war er jetzt schon wieder so pampig zu mir? Ich hatte ihm nichts getan. Er war bei mir eingebrochen und störte mich beim Gereizt-Sein. Ich sollte ihn anmotzen und nicht umgekehrt!

Ich winkelte die Knie an, verzog das Gesicht. „Du könntest ruhig netter sein. Mein Tag war auch so schon beschissen genug."

Er musterte mich einfach nur, die Mimik unleserlich, und meine Hand ganz plötzlich viel zu warm.

Weil er sie festhielt. Mit seinen kleinen, schmalen Fingern.

Ich hob besagte Hand an, sah zu, wie seine folgte, miteinander verflochten. Es war nicht, dass ich etwas dagegen einzuwenden hatte, mit absoluter Sicherheit nicht, aber es verwirrte mich.

Wie hatte ich das jetzt bitte hinbekommen, ohne ihn auch nur mit einem einzigen Wort dazu gedrängt zu haben?

Noah schien meine Irritation zu bemerken. „I-ich tröste dich. W-wie du mich am See." Und dann lächelte er und der Fremdkörper kehrte zurück in meinen Hals, nachdem es Stunden an Schlaf gedauert hatte, ihn überhaupt erst loszuwerden.

Ich verlor noch meinem verdammten Verstand.

„N-nicht gut?" Das Lächeln versiegte und mit ihm der Druck seiner Finger – er wollte mich loslassen.

Aber ich ließ ihn nicht. „Habe ich gesagt, dass es nicht gut ist? Ich meine nur, gehört zu haben, dass Umarmungen sehr viel tröstender sein sollen."

„D-du bist blöd." Er zögerte. „Bist du w-wirklich so traurig?"

„Rate mal. Meine Mutter dachte, es wäre ein super Geburtstagsgeschenk, mir zu sagen, dass sie niemals dazu in der Lage war, mich zu lieben, und es übrigens auch niemals sein wird."

In meinem AbgrundWo Geschichten leben. Entdecke jetzt