Vor- und Nachteile eines Trockners

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Noah war reichlich grün, als er wacklig aus meinem Auto stieg und zur Haustür torkelte.

„Man ... man sollte betrunken nicht fahren."

„Das kommt jetzt ein bisschen spät, meinst du nicht?", schmunzelte ich und legte ihm einen Arm um die Hüfte. „Außerdem macht das Leben keinen Spaß, wenn man sich immerzu nur an Regel hält."

„Aber-"

„Nein, sei nicht prüde. Wir sind doch ohne Kratzer angekommen, oder?"

Er sah mich unsicher an. „Ja?"

„Na also. Dann keine Beschwerden bitte."

Ich schloss auf und schubste ihn ins Innere. Er zog sich sofort die Schuhe aus.

„Wohin ...?"

„Lass sie einfach da liegen. Meine Mutter kümmert sich morgen darum." Als er nicht spurte, nahm ich sie ihm ab und schmiss sie mit meinen zusammen vor den Schuhschrank, der in einer kleinen Nische im Flur parkte.

„Wird sie nicht böse sein, wenn wir so eine Unordnung hinterlassen?"

„Passt schon." Ich setzte ein freundliches Lächeln auf. „Komm mit, der Trockner ist unten."

Aber er kam nicht.

Ich hob eine Braue. „Worauf wartest du?"

„Wenn ich meine Sachen in den Trockner gebe, dann ..." Er zupfte ein bisschen an seinem Sweatshirt herum.

Mir ging ein Lichtlein auf. Wenn er sich jetzt auszog, war er nackig. Vielleicht keine gute Idee, ihn im Adamskostüm durchs Haus tanzen zu lassen, wo doch jederzeit jemand wach werden konnte.

„Das ist ein Argument", murmelte ich und steuerte nun die Treppe zum Obergeschoss an. „Ich leihe dir was."

„Danke." Nervös folgte er mir hoch. Seine Augen huschten hin und her, sogen alle Einzelheiten auf.

Spinner.

Ich musterte ihn. Er war mal wieder am Zittern. Dieses Mal vermutlich vor Kälte. „Willst du dich davor vielleicht heiß abduschen?"

Sein Kopf ruckelte zu mir. „Was?"

„Geh ins Bad und heiz' dich etwas auf. Aber lass die Tür offen, dann lege ich dir frische Sachen rein." Ich deutete den Gang entlang. „Einfach geradeaus durch."

Er schluckte hart. „Tür offen lassen?"

„Anders kann ich dir nichts bringen, oder?"

„Stimmt ..." Langsam schritt er an mir vorbei. Dadurch, dass seine Kleidung komplett vor Nässe triefte, klebte sie wie eine zweite Haut an ihm.

Er war wirklich, wirklich dürr.

Schulterzuckend wandte ich mich ab und schlenderte in mein Zimmer, suchte im Schrank nach einem Oberteil, das ich nicht so gerne selbst anhatte, und fand schließlich ein unbedrucktes in Lila. Die gleiche Farbe, die damals seine Schultüte gehabt hatte.

Wenn das nicht Schicksal war.

Amüsiert zog ich es heraus. Jetzt brauchte ich nur noch Boxer und vielleicht noch ein Pyjamaunterteil darüber.

Ich hielt inne, eine Baumwolljogginghose zwischen den Fingern.

Oder ich gab ihm nur die Shorts und durfte zusehen, wie er sich schämte.

Hm.

Ja, das klang um Einiges besser.

Grinsend lief ich nur mit den beiden Kleidungsstücken zum Badezimmer und drückte die Klinke runter. Nicht abgeschlossen.

In meinem AbgrundМесто, где живут истории. Откройте их для себя