Trost spenden

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Es war vermutlich gesund, dass mein Körper mich nicht einfach jede Nacht durchmachen ließ und sich sein Mindestmaß an Schlaf einfach gegen meinen Willen einholte. Heute hatte ich sogar nicht einmal etwas dagegen, weil mein Traum absolut nichts mit Noah oder meiner Familie zu tun gehabt hatte. Dafür mit einem rotzfrechen Pelikan, der aus irgendeinem Grund in meiner Küche ein Nest gebaut und meine Cornflakes an seine Baby-Pelikane verfüttert hatte. Gut möglich, dass mein Unterbewusstsein mir durch die Blume mitteilen wollte, dass ich dringend wieder einkaufen gehen sollte. Am Donnerstag hatte ich den geplanten Supermarkt-Trip nämlich sausen lassen.

Ich gähnte ausgiebig, setzte mich auf und strubbelte mir durchs Haar. Bald war wieder ein Besuch beim Friseur fällig, bevor die Seiten so lang wurden, dass man den eigentlichen Schnitt nicht mehr erkennen konnte. Aber noch war Zeit. Außerdem machte mein übriges Aussehen meinen eventuell etwas unordentlich gewordenen Schopf wieder wett.

Okay.

Mein Nacken knackte, als ich den Kopf zur Seite fallen ließ.

Es wurde Zeit. In knapp drei Stunden hatten Noah und ich unser Date. Und danach würden wir endlich wieder ein Paar sein und ich könnte in der folgenden Woche herausfinden, was genau mit mir nicht stimmte.

Halbwach tastete ich auf dem Boden neben dem Bett nach meinem Smartphone. Besser ich überprüfte, ob der Wicht nicht doch versuchte, sich davor zu drücken. Ganz dezent natürlich.

KingPaulus: ich hole dich dann nachher ab

Ich schaffte es nicht einmal, mir mein Pyjamaoberteil, ein einfaches, graues T-Shirt, über den Kopf zu zerren, als mein Handy schon Laut gab.

Das hatte ja nicht gerade lange gedauert.

RosaGoldhamster: Ich laufe

Ich blickte die zwei Wörter tonlos an, bevor ich lautstark ausatmete. Musste er alles unbedingt verkomplizieren? Das war furchtbar umständlich, zumal es für mich überhaupt keinen Umweg bedeutete, bei ihm vorbeizufahren. Sein Haus befand sich quasi auf der Strecke zum See.

KingPaulus: sei nicht albern

KingPaulus: der Weiher ist zu Fuß über fünfzig Minuten von deinem Haus entfernt

RosaGoldhamster: Dann fahre ich mit dem Bus

Ich schnalzte mit der Zunge und wollte ihm gerade erklären, wie starrsinnig er sich verhielt, als eine erneute Nachricht einging.

RosaGoldhamster: Wir treffen uns um zwölf dort

RosaGoldhamster: Ich bringe eine Decke mit

Und weg war er, der plötzlich so selbstbestimmte und unabhängige Junge, dem ich nur zu gerne mal etwas deswegen gehustet hätte – müsste ich ihn nicht davon überzeugen, dass eine Beziehung mit mir eine super Idee war.

Frustriert schmiss ich mein Smartphone auf die Matratze und stiefelte in die Küche. Zu einem äußerst leeren Kühlschrank. Sogar die Milch war nach letzter Nacht alle.

Super.

Ich rümpfte die Nase und griff nach dem Leib Brot, der seit meinem Einzug auf der Herdplatte wohnte. Und der mittlerweile irgendwie sehr flauschig wirkte. Fast staubig.

Langsam entknotete ich die Plastikfolie um die übriggebliebenen Scheiben herum und linste mit einem Auge hinein.

Definitiv angeschimmelt. Definitiv nicht mehr essbar. Ehrlich, wieso bitte verfaulte der Mist innerhalb von keinen sechs Tagen? Zuhause war das nie passiert. Wobei, da waren wir auch vier Mäuler gewesen und eine Packung Brot hatte keine anderthalb Tage überlebt.

In meinem AbgrundOnde histórias criam vida. Descubra agora