Verfrüht (Teil I)

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Hallo zusammen! Das Kapitel ist ein bisschen lang geworden, also wird's auf drei Teile aufgespalten. Die Enden sind dabei aufgrund der Wörterzahl etwas unglücklich gewählt. Wir hoffen, das stört nicht zu sehr, und wünschen viel Spaß beim Lesen!



Ich wusste bis auf die Toastbrotsorte beim Frühstück, wie ich mir einen perfekten Morgen vorstellte, aber Noah setzte neue Maßstäbe für Dinge, die ich zu unchristlichen Uhrzeiten bitte nicht miterleben wollte. Ziemlich weit oben auf dieser Liste befand sich Lautes Poltern aus dem Bad. Das bedeutete nämlich erfahrungsgemäß niemals etwas Gutes.

Müde schlug ich die Decke zurück und drehte den Kopf auf die Seite. Mittlerweile war es hell im Zimmer und das Sonnenlicht präsentierte mir eine freie rechte Betthälfte.

„Noah?"

Totenstille, bloß das Gebäude hörte man arbeiten. Fenster, die knarzten, und Rohrleitungen, die fröhlich vor sich hin gluckerten. Von etwas weiter weg eine unidentifizierbare Frauenstimme, die mit irgendwem schimpfte – ein weiterer Grund, den mental ich auf meine Weshalb ich niemals heiraten werde-Liste hinzufügte.

„Herzchen?" Darauf reagierte er auch nicht. Es musste also ernst sein. Vielleicht war das Fliegengewicht auf seiner eigenen Kotze ausgerutscht und war dabei hingeflogen, eventuell mit Blechschaden. Oder er hatte sich etwas gebrochen, bei seinen Essgewohnheiten mussten seine Knochen weich wie Margarine sein.

Ich zählte langsam von zehn runter, falls da doch noch eine Antwort kommen sollte, und hievte mich dann auf die Beine, schlurfte auf die Geräuschquelle zu, nur um herauszufinden, dass ich selbstverständlich richtig geraten hatte. Zumindest teilweise.

Kopfschüttelnd blickte ich auf das Häufchen Elend hinunter, das nur mit einem Handtuch bedeckt auf den Fliesen hockte. „Alles unversehrt oder fehlt ein Stück?"

„Uhm." Noah sah etwas überfordert zu mir hoch. „Ich w-weiß nicht?"

Und wie er wusste, sonst würde er sich nicht den Knöchel festhalten, als würde sein Fuß ansonsten einfach abfallen.

„Wie ist es passiert?"

„A-also, ich wollte duschen und ... mir war ein b-bisschen schwindelig, weil das Wasser zu heiß war, d-da wollte ich kurz aus der Kabine raus und habe vergessen, dass da ein k-kleiner Rand ist." Vorsichtig löste er seine Finger und gab den Blick auf ein sich langsam verfärbendes Gelenk preis. „B-bin hängengeblieben und seitlich auf dem F-Fuß gelandet."

Ich begutachtete den Regenbogen. „Damit ist unser Ausflug für heute wohl gelaufen."

„Was?" Noah riss die Augen auf. „Nein! I-ich kann laufen! Ich brauche nur einen M-Moment und dann-"

Er hielt es tatsächlich für eine gute Idee, sich aufzurichten und mir vorzuführen, wie toll er auftreten konnte. Was – oh Wunder – nicht der Fall war.

Ich fing ihn auf, als er jammernd in den Knien einsackte. Idiotie schmerzte eben.

„Mhm, du kannst ganz fantastisch laufen." Schnaubend griff ich unter ihn und hob ihn ruckartig auf meine Arme, ignorierte den quietschenden Protestschrei, den er dabei ausstieß.

„I-ich habe n-nichts an!"

„Ja, und dann fällt auch noch das Handtuch runter. Was für ein blöder Zufall!"

Er grub seine Finger haltsuchend in meine Schultern. „A-aber das H-Handtuch ist doch gar nicht-"

Blitzschnell griff ich mir eines der Enden und zog den Stoff von seinem Unterleib.

In meinem AbgrundWo Geschichten leben. Entdecke jetzt