Metronom (Teil III)

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... hui, schon wieder fast sechs Monate. 

Jedenfalls! Hier ist Teil III, Teil IV folgt bis spätestens Mitte August, damit dann bis Ende August noch der Epilog kommen kann und wir die Geschichte beenden können.

Viel Spaß!



Einen Moment lang war alles in Stille gehüllt. Da war nicht einmal das Ticken einer Uhr, weil ich keine besaß, nur blindes Rauschen irgendwo im Hintergrund und mein eigener Puls, der von innen gegen meine Schläfen drückte.

Noah war noch nie so ausgerastet.

Langsam ließ ich meine Hände sinken. Sie fühlten sich schwer an, genauso wie der Rest meines Körpers, außer meinen Augen, die schon wieder so nervig zu brennen begannen. Vielleicht brauchte ich eine Brille. Vielleicht-

D-du ...!" Noah fuhr auf halbem Weg den Flur entlang wieder zu mir herum. Seine Hände waren zu Fäusten geballt, sein Gesicht verzerrt – und dann war es das plötzlich nicht mehr, kaum hatte er den Türrahmen zur Küche erreicht. Dann war die Wut einfach wie weggeblasen, als wäre sie nie dagewesen.

Ich blinzelte mehrfach. Ein durchsichtiger Film schob sich vor meine Lider, wie Eiter bei einer Bindehautentzündung. Er ließ Noah vor meinen Augen verschwimmen. „Was ich?"

Jetzt war es nicht nur sein Gesicht, dass jegliche Anspannung verlor, sondern auch seine Hände. Er streckte die Finger aus, hob einen Arm – und ließ ihn wieder fallen, bevor er beide Hände zum siebenundzwanzigsten Mal heute in meinem T-Shirt an seinem Leib vergrub. „G-gehen wir ins Schlafzimmer?"

Schlafzimmer? Was wollte er denn plötzlich im Schlafzimmer? Dort stand mein Bett und laut seiner Logik waren Betten bösartig. Außerdem war er doch gerade drauf und dran gewesen, meine Wohnung zu verlassen. Das ergab keinen Sinn. Wenn er mich unbedingt verlassen wollte, weil ich so ein verfickt grenzdebiler, miserabler Mensch war, dann sollte er mich gefälligst auch endlich verlassen!

„Wozu?" Ich wischte mir übers Gesicht. Meine Fingerspitzen wurden feucht. „Wozu sollen wir ins Schlafzimmer?"

„P-Paul, bitte."

„Ja, aber warum? Ich meine, du willst ja wohl mit Sicherheit nicht mit mir-"

Ins Schlafzimmer!"

Ich zuckte. Noah war nicht lauter geworden und er klang auch nicht wütend, aber dafür resolut. Regelrecht befehlshaberisch und er gab mir nie Befehle, zumindest nicht normalerweise, und es hatte den gleichen Effekt wie damals, als mein Vater mich nach dem Streit mit meiner Mutter nach oben in mein Zimmer geschleift hatte: ich folgte. Und stieg dabei über die Glassplitter, wie ein Lemming, der all seine Selbstbestimmtheit verloren hatte.

„D-danke." Noah drückte sich an den Türrahmen, um mich vorbeizulassen. Ich antwortete ihm nicht, lief tonlos weiter, hinter mir das dumpfe Aufkommen seiner nackten Füße, während mir immer mehr Zeug über die Wangen lief, als hätte ich einen spontanen Schweißausbruch. Vielleicht war das etwas Stressabhängiges, immerhin hatte ich mich seit Wochen nicht mehr richtig entspannen können.

„S-Setzt du dich aufs Bett?"

Ne, ich setz' mich auf den Boden.

Ich schnaubte und stapfte die letzte paar Meter Richtung Schlafzimmer, um mich dort breitbeinig und mich verschränkten Armen auf den Rand der Matratze fallen zu lassen. Und mit laufender Nase, weil die sich jetzt scheinbar auch noch dazu entschieden hatte, bei der Flüssigkeitsabsonderung mitzumachen.

In meinem AbgrundWo Geschichten leben. Entdecke jetzt