Ausflug in die Stadt

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Freitag nach der Schule

Der letzte Gong ertönte und wir wollten gerade das Klassenzimmer verlassen, als Mrs Shaw mich aufhielt.
"Kadlin. Ich würde sie gerne noch sprechen bevor sie gehen" entmutigt sah ich zu den Mädels.
"Geht schon mal vor ich treffe euch dann beim Café" Sie nickten und verschwanden mit besorgten Blicken aus dem Raum. Zögerlich lief ich auf meine Lehrerin zu, die es die letzten Tage eh schon auf mich abgesehen hatte.
"Setzen sie sich" Schweigend nahm ich Platz und sah zu Boden. Ich rieb mir auch meine Hände, etwas das ich bei solchen Gesprächen immer tat, da ich nicht etwas Gutes erwartete, wenn Lehrer mit mir sprechen wollten.
"Sie sind in letzter Zeit sehr abwesend, ihre Noten sind passabel aber nicht gut genug um sich kurz vor dem Abschluss abzukapseln" Erklärte sie streng aber besorgt.
"Ich weiß, es tut mir leid... ich habe einfach viel um die Ohren gerade... ich bemühe mich mehr" versuchte ich ehrlich zu sagen. Schon immer hatten Lehrer ein besonderes Auge auf mich, dauernd wollen sie mich Sprechen und fragten mich aus. Ich war nur froh das mich die Lehrer von dieser Schule nicht zum Psychologen schicken wollten so wie die anderen in meiner vorherigen Schule. Die Lehrerin gab sich mit meiner Aussage erst mal Zufrieden und ließ mich gehen.

Die anderen waren sicher schon im Café, der Weg in die Innenstadt war nicht weit. Also machte ich meine Musik an und lief ihnen nach. Ich achtete nicht wirklich auf meine Umgebung, völlig Autonom lief ich auf die Bahnunterführung zu. Dort blieb ich kurz stehen und sah mich um, da ich dachte ich hätte jemanden im Augenwinkel gesehen. Eine dunkle Gestalt die sich schnell hinter einer Wand versteckte, als ich nachsah.
Da ist die Paraneuer wieder.
Kopfschüttelnd lief ich weiter, bis ich die Treppe nach der Unterführung hinaufstieg und an der Ampel stehen blieb. Rasch schrieb ich Abby eine Nachricht in der stand, dass ich gleich da war. Meine Musik hatte ich auf angemessener Lautstärke, um auf den Verkehr achten zu können. In der Ferne hörte ich ein Motorrad, es hätte ein beliebiges Motorrad sein können, doch der Gänsehaut an meinem Körper nach zu urteilen, war es das Motorrad das in meinem Ort aus dem Wald kam. Mein Körper war gut darin Geräusche und Bilder abzuspeichern, die ich mit etwas negativen verband. Genau wie die Geräusche beim Zahnarzt oder Schritte mehrerer Leute die hinter mir liefen, dieses Gefühl in mir auslösten. Darin war ich experte. Nur kurz sah ich auf, nur kurz sah ich den Motorradfahrer auf mich zu rasen. Er holte etwas aus seiner Lederjacke und im nächsten Moment stieß mich jemand zu Boden und ich hörte mehrere Laute Schüsse. Ich lag auf dem Bauch, meine Handgelenke hatte ich mir beim Aufprall auf den Bürgersteig aufgeschürft.
Was zum Henker war das gerade? Hat jemand auf mich geschossen? Wer hat mich umgeworfen?
Tausende Gedanken schwirrten binnen Sekunden in meinem Gehirn umher. Eine starke Hand auf meinem Rücken hielt mich davon ab wieder aufzustehen, den Bewegungen der Person nach zu urteilen sah er sich noch um.
"Er ist weg"
Diese Stimme!
Schlagartig drehte ich mich auf den Rücken.
"Dean!?" schrie ich fast, weil der Schock mir noch tief in den Knochen saß, er hielt mir seine Hand hin, ich nahm sie und er zog mich wieder auf die Beine. Als er mein Handgelenk berührte zog ich scharf Luft in, er bemerkte es.
"Lass mich mal sehen" forderte er mich auf und sah sich meine aufgeschürften Handgelenke an.
"Ist zum Glück nur Oberflächlich, das wird schon wieder" sagte er ruhig, bis er bemerkte das meine Hände zitterten und er in mein aufgelöstes Gesicht sah.
"Was machst du hier?" fragte ich mit zitternder Stimme.
"Ich hab die letzten Tage nichts von dir gehört und wollte sehen ob es dir gut geht... gerade rechtzeitig wie mir scheint" erklärte er. Doch das Ganze kam mir mehr als nur verdächtig vor.
"Ein sehr merkwürdiger Zufall, wenn du mich fragst" sagte ich wieder ernster und zog meine Hände von ihm weg. Ich wischte mir die Tränen aus dem Gesicht. Das Ganze überforderte mich so sehr, dass ich meine Soziale Phobie und meine Unfähigkeit ganze Sätze in Gegenwart eines Mannes zu sprechen vergaß.
"Kadlin ich versichere dir, es ist nicht so wie du denkst"
"Ach ja? Wie sieht es in meinem Kopf denn aus, wenn du immer alles besser weißt! Dann sag es mir doch!" Ich stand immer noch unter Schock und konnte nicht kontrollieren was aus meinem Mund kam.
Das werde ich in ein paar Stunden oder Tagen sicher bereuen.
Im Augenwinkel sah ich das die Fußgängerampel Grün wurde. Mit einem leisen.
"Ich muss los" Stürmte ich los und verschwand in der Menschenmenge, ich hörte noch wie Dean mir nachrief.

Fight for the TruthWhere stories live. Discover now