Kapitel 2.1

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Er stolperte ihr regelrecht hinterher während sie unbekümmert ihres Weges ging. Es dauerte wirklich nur ein paar Minuten und das obwohl sie kurz an der Apotheke gehalten hatten, dann standen sie vor einem winzigen Cafe. An der Tür war das Schild auf Geschlossen umgedreht und einfache billige Plastikstühle standen auf einer kleinen Fläche vor dem Haus. Als Josefa die Tür öffnete, war dort links eine kleine Theke mit der Kuchenauswahl, einer Kaffeemaschine und Geschirr. Rechts standen vier kleine Tische mit Stühlen. Sie waren aus Holz, aber sahen noch immer aus wie billige Gartenstühle. Kleine, selbst gehäkelte Deckchen lagen auf den kleinen Holztischen. Naia zog Arran hinter sich her, bis sie bei einem Tisch mit vier Stühlen hielt. Erst dort ließ sie seine Hand los und setzte sich auf einen der Stühle. Überfordert tat er es ihr gleich, als auch seine Mam sich hinsetzte. „Du musst es abkochen." Sagte Summer laut zu Nana und diese nickte. Wenig später tauchte vor Naia eine dampfende Tasse Wasser mit einem Pulver darin auf. „Bitte trink das ja?" Bat Summer sanft und neugierig roch Naia an der Tasse. Sie verzog das Gesicht und Arran musste grinsen. „So schau ich auch immer wenn Mama mir Medizin hinstellt." Naia grinste kurz und Summer lachte. „Du bist wirklich nicht oft krank, aber wehe er ist es. Weltuntergang. Du trinkst es nicht so tapfer." „Tu ich wohl!" Wehrte sich Arran während Naia das Wasser trank. Keines der Kinder hinterfragte, was Naia hier zu trinken bekam. Es war ein Urvertrauen, das alle Kinder einte. Viel wichtiger war, das Nana zurückkam. Mit drei Tellern in den Händen, auf jedem ein dickes Stück Kirschkuchen mit Streußeln und einem Klecks Sahne. „Kaffee kommt gleich Summer." „Danke dir." Arran wollte schon die Gabel greifen und sich den ersten Happen in den Mund stopfen, als ihn der Arm seiner Mam traf. „Benimm dich Arran!" Zischte sie. Sofort stockte Arran und verzog das Gesicht. „Jahaaa..." Er ließ die Gabel wieder sinken. Seine Mam legte viel wert darauf, das man erst anfing zu essen, wenn alle saßen. Da er noch zu warten hatte, blickte er sich in dem Cafe weiter um. Nun fiel ihm die Deko auf. Fotos von Josefa und ihrer Enkelin. Gemalte Bilder von Naia. Wenigstens sahen sie sehr kindlich aus. Abbildungen von Jesus, ein Kreuz, ein Rosenkranz. Er ahnte es und kaum das Josefa saß, hob sie die Hände und die anderen mit ihr. Widerwillig tat er es auch. Nana sprach ein kurzes Gebet und endlich. Endlich. Durfte Arran seine Gabel ergreifen. „Guten! Lasst es euch schmecken!" Rief Nana, doch da hatte Arran sich schon das erste Stück in den Mund gestopft. „Gott Arran!" Beschwerte sich Summer, weil ihr Sohn schon wieder wie ein Bauer fraß, doch Nana lachte einfach nur. „Lass ihn. No Problemo. Das schönste Kompliment von Kindern ist, wenn sie nicht aufhören können zu essen. No, Mi Cielo?" Aus den Augenwinkeln sah Arran, wie auch das blonde Mädchen kurz ertappt stoppte. Sie schenkte ihnen ein schiefes Grinsen, dann schluckte sie hastig herunter und nickte. „Ich hab auch den Rest der Klasse eingeladen. Meinst du sie kommen?" Nana hob eine Hand und strich der Blonden durch ihr glattes Haar. „Das werden sie. Gib ihnen etwas Zeit. Zeit heilt alle Wunden und dann werden sie erkennen was für ein wunderbarer Mensch du bist. Ihr. Du auch mi nino!" Arran verzog das Gesicht. „Ich heiße Arran!" Er hatte es nicht verstanden, bis Nana lachte. „Ah mi nino." Und Naia kicherte. „Das heißt Junge. Sie nennt dich ihren Jungen." Arran lief rot an und stopfte sich peinlich berührt das letzte Stück Kuchen in den Mund, während seine Mutter auf die Uhr blickte. „Ich muss los. Komm Schatz. Iss auf." Wieder verzog Arran das Gesicht. „Ich will aber nicht mit ins Altersheim! Da stinkts!" Diesmal konnte Summer sich das Seufzen nicht verkneifen. „Arran. Bitte. Das ist das Desinfektionsmittel." „Es stinkt trotzdem!" Er verschränkte demonstrativ die Arme vor der Brust und Summer hob die Hand um sich durch ihr Haar zu fahren. „Schatz bitte. Du kannst nicht den ganzen Tag allein sein!" „Kann ich wohl!" „Und wenn Nino hier bleibt?" Warf Josefa einfach dazwischen. Arran und seine Mam blickten auf. „Wirklich?" Sie sagten es gleichzeitig und bestätigten was ihr Aussehen längst verriet. Sie waren definitiv Mutter und Sohn. „Si Si natürlich. Mi Cielo ist auch viel zu oft allein und die Beiden verstehen sich." „Aber du musst doch selbst arbeiten Nana." Wieder war dort das herzliche Lachen der älteren Dame. „Mira Alrededor, schau dich um. Meine Gäste sterben nicht weg, wenn sie kurz warten müssen. Mi Nino kann gern hier bleiben, wenn er möchte. Die Gegend ist sicher. Hol ihn, wenn du heim kommst." Er konnte hier bleiben? Sein Blick glitt zu Naia und sie blickte im selben Moment zu ihm. Kinder waren dort unkompliziert. Sie brauchten keine langen Gespräche oder eine Checkliste. Sie hatten geredet. Sie hatten zusammengehalten. Sie waren Freunde. Fertig. Ihrer beider Augen wurden riesig. Allein die Vorstellung sie könnten hier zusammen spielen, als das er wieder im Altersheim hockte, ließ sein Herz vorfreudig springen. „Ja Mam darf ich?" Fragte er sofort hoffnungsvoll. „Bitteeeee." Bettelte er und von dem trotzigen Jungen aus der Schule war nichts mehr übrig. Es zeigte umso mehr, das es die Umgebung war. Das er eigentlich umgänglich war und gutherzig. „Wir können eine Gastfreundschaft nicht so ausnutzen Schatz!" Diesmal war es Naia. „Bitte! Wir sind auch artig! Er kann mit mir malen!" Zwei leuchtende Augenpaare legten sich auf Summer und eine sanft dreinblickende Nana bis die Rothaarige schließlich seufzte. „Ok. Aber wenn irgendetwas sein sollte, lass ich dir die Nummer da. Ich hol ihn dann sofort ab. Ich möchte wirklich keine Belastung für euch sein." „No no. Ich bin froh das mi Cielo endlich jemanden zum spielen hat." Es war das Lächeln einer reifen Frau, die das Leben mit einer Gewissen Ruhe betrachten konnte. Und obwohl das Leben Summer und Arran schon hart mitgespielt hatte, vertraute Arrans Mam der alten Dame. Genauso wie es Arran tat. Er hegte nicht den geringsten Zweifel das Naia, Nana und er eine schöne Zeit haben würden. „Wir sind beide alleinerziehend. Wir sollten zusammen halten wie una familia!" Selbst Arran hatte dieses Wort verstanden. Familie. Schon in der Schule hatte Naia davon gesprochen und es drückte Arran die Kehle zu. Er hatte eine Familie gehabt. Eine vollständige, bis... Seine Mutter schien es zu spüren, denn sie legte ihm sanft eine Hand auf die Schulter. „Nun gut. Du weißt die Nummer vom Altersheim, Schatz?" Arran sah halb verloren halb Sicherheit suchend zu seiner Mutter hoch. Hoch in ein liebendes Gesicht. „Ja. 93416." Sagte er also tapfer und sie beugte sich herab und drückte ihm einen Kuss aufs Haar. „Wir schaffen das." Flüsterte Summer sanft und Arran nickte.


Sein roter Himmel - Su Cielo RojoWhere stories live. Discover now