Kapitel 39

8 2 0
                                    

Es war ein seltsamer Augenblick. Naia hatte die ganze Nacht durchgemacht und war irgendwann einfach eingeschlafen. Arran war froh darum, denn so sehr sie sich auch zusammenriss. Sie hatte Nanas Tod nicht einfach verkraftet. Doch jetzt saß er allein mit Jacob da und stellte seine leere Kaffeetasse weg. Ihm gingen die Dinge aus, mit denen er einem Gespräch ausweichen könnte ohne unhöflich zu sein. Er wollte nicht das sie sich wieder stritten und Naia weckten.. „Also. Warum bist du hier?" Fragte Jacob jene Frage, die Arran befürchtet hatte. „Wenn du wieder laut wirst und sie weckst." Kurz glitten Arrans blaue Augen zu seiner alten Freundin, ehe er zu Jacob blickte. Auch dieser hatte kurz zu der Schlafenden geblickt. „Werd ich nicht. Ich hab mich beruhigt." Arran nickte aus Reflex. Jacobs erster Schock musste vorbei sein. Der Schock eine verhasste Person hier plötzlich vor zu finden. Arran konnte Jacob verstehen. Er hatte selbst viele Freunde verprügelt in der Hoffnung es würde etwas ändern. Schlussendlich war er feige den selben Weg gegangen. „Du weichst meiner Frage aus." Erkannte Jacob. Sein Blick war intensiv, als versuchte er die Wahrheit an Arrans Bewegungen zu erkennen. „Das alles hier war nicht wegen mir." Begann Arran endlich. Was sollte er erzählen? „Sondern?" Hakte Jacob unerbittlich nach bis Arran schwer schnaufte. „Naias Onkel sucht nach ihr. Er tauchte auf um Naia zu suchen. Der Schock war zu viel Nana. Sie bat mich Naia zu beschützen. Scheinbar denkt Nana, er könnte wiederkommen um Naia zu holen." Jacob nickte, als hätte das alles erklärt, doch Arran wusste das es mehr Fragen als Antworteten aufwarf. „Naia war gestern unterwegs. Er hat sie also nicht getroffen." Erkannte Jacob und setzte damit ein Baustein zusammen, den auch Arran bis jetzt nicht hatte. Naia war also unterwegs gewesen und war nicht auf ihren Onkel getroffen. „Du scheinst ja gut über sie informiert zu sein." Es rutschte Arran heraus, bevor er nachgedacht hatte und Jacob lachte finster. Leise, um Naia nicht zu wecken. „Wenn wir von Informationen sprechen. Warum bist du hier?" „Ich hab meine Quellen." „Und die willst du nicht mit mir teilen?" „Wir kommen vom Thema ab." Erkannte Arran um den Namen nicht preisgeben zu müssen. Jacob brauchte nicht zu wissen, von wem Arran all die Informationen hatte. Nicht einmal Rico oder Leo wussten von dem Kontaktmann oder seinen Namen und das war gut so. „Das heißt er wird wiederkommen?" Fragte Jacob einlenkend und Arran zuckte mit den Schultern. Sein Blick klebte am Tisch, doch eigentlich blickte er nur leer dorthin. Er dachte nach. „Das weiß nur Nana. Ich weiß nicht, was sie geredet haben. Nana hat uns vor ihrem Tod nur noch gesagt das Naia wie ihr Vater sei und das ich sie beschützen müsse. Was Nana damit gesagt hat war-" „-Naia soll Milestone verlassen." Beendete Jacob das offensichtlich und Arran nickte. „Genau." Als Jacob die Hand hob und sich durchs Haar fuhr, da blickte Arran doch auf. Dort lag etwas bitteres auf Jacobs Gesicht. „Wird sie nicht." Arrans Augen weiteten sich. „Dann müssen wir sie überreden. Ich habe Geld. Sie will nicht allein gehen. Ich werde euch beide aus der Stadt bringen lassen. Nimm sie Jacob und tu was ich nicht tun kann." Jacob hatte seine Ellbogen auf seinen Oberschenkeln locker abgelegt und sah hinab. „Du verstehst es nicht oder?" Fragte Jacob und die Bitterkeit schwang auch in seiner Stimme mit. „Ich weiß sie will das Viertel nicht verlassen." „Nein sie will dich nicht verlassen." Jacob fuhr sich übers Gesicht, als müsste er sich eine Last davon abwischen, dann glitt sein Blick zu der Schlafenden. Etwas sehnsüchtiges lag darin. Arran konnte es verstehen und doch nicht ausstehen. „Sie bereut jedes einzelne Wort, das sie dir vor dem Abschied sagte. Sie gibt sich die Schuld. Das sie sagte sie würde bleiben. Sie weiß das du deswegen gegangen bist. Deswegen hasse ich dich Arran. Genau deswegen. Du bist nicht nur gegangen, du hast ihr klar gemacht wieso. Solange du nicht gehst, wird sie Milestone nicht verlassen." Arrans Augen wurden groß und für einen Moment stoppte sein Herz. Es war, wie er es in all den Bilderstories gesehen hatte. Er hatte es gewusst und einfach hingenommen. Gehofft das sie weitermachte und gehofft das sie aufhörte. „Dann müssen wir sie reinlegen." Erkannte er endlich. „Ich kann hier nicht weg. Wenn, dann schwebt sie mit mir in größerer Gefahr, als wenn sie hier bleibt und ihren Onkel trifft." Plötzlich sah Jacob auf und direkt in Arrans Augen. Dort lag eine Kälte in seinem Blick, die man mit Hass schon gar nicht mehr beschreiben konnte. „Wenn sie stirbt Arran. Dann nur wegen dir. Sie hätte längst weg sein können. Nichtmal dazu konnte ich sie überreden." Arran wusste, das er das verdient hatte, aber.. „Zu was überreden?" Die Worte waren wie Messerstiche und Arran wusste, das er das jetzt nicht hören wollte und doch sollte. „Ich habe sie ein Jahr später heimlich noch einmal bei einer Uni angemeldet. Sie wurde angenommen." „Was?" Arran sprang auf, sodass Naia zu murren begann. Beide Jungs erstarrten völlig, bis Naia sich tiefer in ihre Decke kuschelte und weiterschlief. Erst da setzte sich Arran. Ruhiger als noch vor dem Moment. Sie war genommen worden? „Ihre neue Kamera, die Bilder, die sie damit schoss überzeugten das Gremium. Sie hätten sie genommen, aber Naia lehnte ab. Stattdessen blieb sie und schoss Bilder für Geburtstag und Hochzeiten. Half in Nanas Cafe aus. Das weißt du ja sicher mit deiner Quelle." Ja das wusste er. Das hätte er auch ohne seine Quelle gewusst. Naia hatte das alles auf Instagram offen gelegt. Warum verdammt nochmal hatte sie diese Chance nicht genutzt? Hatte sie damals gelogen, als sie sagte sie wolle gar nicht gehen? War es nicht wegen Nana gewesen? War sie wegen ihm geblieben? „Hättest du einfach mit ihr gewartet und hättest dich weiter beworben. Selbst wenn nur sie ein Stipendium bekommen hätte. Sie wäre gegangen, wärst du mit ihr mit. Egal, ob im Zelt oder wo auch immer ihr gewohnt hättet. Sie wäre gegangen Arran. Aber sie ging nicht, weil du stattdessen die Hoffnung aufgibst und hier zu Rojo wirst. Also wenn sie jetzt in Gefahr gerät und von ihrem Onkel gefunden wird. Wenn sie jetzt in Schwierigkeiten gerät, dann ist das allein deine Schuld. Rojo." Jacob sagte dieses letzte Woche, als wäre es des Teufels Namen persönlich. Spie es fast aus. Das tat weh. Getroffen schloss er die Augen. Nanas Worte kamen ihm in den Sinn. Es war noch nicht zu spät die richtigen Entscheidungen zu treffen. Vor vielen Jahren hatte Mrs Fernández ihm den selben Rat gegeben. Jetzt fragte er sich, ob das die Worte einer romantischen Träumerin gewesen waren. Hatte Josefa wirklich geglaubt, er könnte das hier alles wieder grade biegen? Hatte der Tod seiner Mutter ihn damals so sehr geprägt, das er den Weg der Hoffnung nicht gesehen hatte? Alles was er hatte wollen, war sie zu beschützen und jetzt.. war das alles umsonst gewesen? „Wir könnten sie heimlich von hier fort bringen." Fing Arran verloren an. Er stellte sich vor wie sie einschlief und in Sicherheit aufwachte. Das war der Traum eines Romantikers. „Gegen ihren Willen? Sie würde wieder kommen. Da spricht Rojo aus dir. Ist das die Sprache, die du jetzt sprichst?" War das die Sprache, die er nun sprach? Er dachte an seine Taten und wieder fragte er sich, warum Naia auf ihn warten sollte. „Ich werde ihr von Rojo erzählen. Ich werde ihr sagen wer ich bin." Kurz lachte er verächtlich auf. Es galt ihm selber. „Zu was ich geworden bin. Es wird ihre Meinung ändern. Sie wird merken, das ich es nicht wert bin das man auf mich wartet." Doch auf diese Aussage folgten die Worte, die Arran härter trafen, als alles, was er bis jetzt gehört hatte. Jeder Schlag als Gangster. Jeder Wunde, ob Streifschuss, Durchschuss oder Stichverletzung. Egal was. Nichts war schlimmer. „Sie weiß es. Arran. Sie weiß das du Rojo bist und glaub mir. Sie weiß was Rojo tut. Sie wusste es bereits kaum das du fort warst. Dein Ruf eilt dir voraus. Jeden Morgen ließt sie als aller erstes die Todesanzeigen, dann die Polizeieinsätze der vergangenen Nacht. Sie wusste immer, wo du bist und wie man dich findet. Sie weiß sehr genau, wer Rojo ist." Mit einem Schlag wurde Arran fast schlecht. Er hatte Dinge getan, die er selbst vor sich selbst verheimlichte. Die er sich hier und dort mit Hilfsmitteln schöner zauberte. Es war als hatte man jede einzelne seiner Taten mit ihm an den Pranger gestellt und die einzige Person, die all das nicht sehen sollte, sah ihn. Aus seiner vermeintlichen Anonymität war mit einem Schlag vollkommene Transparenz geworden. Jeder Mensch hatte seine kleinen dunklen Geheimnisse, die er niemals jemanden anvertraute. Ein jeder konnte wohl verstehen was es bedeutete, wenn all diese Geheimnisse vor der einen Person gelüftet wurden, der man sie niemals zeigen wollte. „Wieso sollte sie auf so jemanden warten." Fragte er verloren und leise und er bekam eine genauso leise Antwort zurück. „Ich habe keine Ahnung." Jacob wirkte geknickt, als er nach seiner leeren Kaffeetasse griff, nur um zu erkennen, das sie leer warm, sodass er sie wieder wegstellte. Automatisch stand Arran auf und lief zur Küche um Jacob neuen aufzusetzen. „Ich habe mich das oft gefragt Arran. Wirklich oft. Ich hasse alles daran. Weil du es nicht verdienst. Weil du ein Arschloch bist. Aber es ist so. Sie weiß es und sie wird nicht gehen, bevor du nicht mit ihr gehst." Wie hatte Nana ihn mit einem Lächeln begegnen können. Hatte sie das alles auch gewusst und sich trotzdem gefreut jemand verdorbenes wie ihn zu sehen? Arran konnte keinen Gedanken mehr fassen. Er war zu überwältig von dem was er hörte. So sprach er laut, was sein Herz ihm zuzuschreien schien. „War es das was Nana wollte. War das die richtige Entscheidung? Das ich endlich gehe?" Zwei sich fremdgewordene junge Männer saßen sich gegenüber und doch gab es da dieses eine Thema das sie einte. In dem sie sich einig waren. Naia musste gerettet werden. Die Frage war nur wie. Wenigstens für Jacob war diese Frage beantwortet. „Geh, oder du reißt sie mit in den Tod." Erkannte der Braunhaarige und Arran lächelte bitter. Jetzt konnte er die Bitterkeit fühlen, die er zuvor an Jacob gesehen hatte. „Gehe ich, reiße ich sie mit in den Tod." Erkannte er und sie beide starrten auf das Mädchen. Liebten sie sie beide? „Dann solltest du dein verdammtes Hirn endlich mal zum denken benutzen. Finde einen Weg Arran. Finde einen Weg. Du hast es wirklich nicht verdient, aber Naia wünscht es sich. Sie hat es verdient. Findet einen Weg aus der Scheiße und fangt neu an. Irgendwo. Das bist du ihr schuldig."


Sein roter Himmel - Su Cielo RojoWhere stories live. Discover now