Kapitel 41.1

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Für einen Moment schloss er die Augen, dann drückte er ab. Drei Schüsse lösten sich aus seiner Pistole. Er hatte seinen Schalldämpfer entfernt. Der Gesang stoppte sofort und an seiner Stelle setzte Geschrei ein. Die Trauernden, eben noch Tränen vergossen, sprangen wie in einer Explosion auseinander und rannten los. Zerstreuten sich. Scheinbar wollte Los Mortes keine Unschuldigen erschießen. Der Schütze zog sich zurück. Pures Chaos brach aus. Das halbe Viertel hatte sich hier versammelt um Nana die letzte Ehre zu erweisen. Nur Atemzüge vergingen, bis ein Menschenstrom an ihm vorbeizog. Erst da löste er sich aus seinem Versteck. Er ließ die Verletzte einfach zurück und drückte sich durch die Menge. Für einen Moment suchten seine Augen den Anzugmann. Nicht weit entfernt zogen ihn Männer fort. Er war also wirklich jemand wichtiges. Hier waren noch mehr als die Fünf, die er schon entdeckt hatte. Naia! Er trat dem Strom entgegen, bis er Naia entdeckte. Jacob zog sie mit sich, während diese weinend zurückzog. Sie wollte Nana nicht so verabschieden. In diesem Moment hasste Arran sich, doch sein Wille zu funktionieren war stärker. Kaum das er Naia erreichte, packte er sie und warf sie über die Schulter. Seiner und Jacobs Blick trafen sich. Er sah den selben Hass, den er auch für sich selbst empfand. „Wo ist deine Verkleidung?" Rief ihm Jacob wütend zu. Shit. Er beging so viele Fehler. Erst jetzt realisierte er, das ihm bei dem kurzen Kampf die Kapuze heruntergerutscht war und die Capi noch immer dort herumlag. Er trug nur noch seine Sonnenbrille und damit leuchtete sein feuerrotes Haar im Schein der Sonne. „ROJO!" Brüllte jemand. Es war zu spät. Jacob hatte sein bestes getan, doch Mortes war hier und nichtmal Jacob könnte Naia jetzt noch verstecken. Dort stand die Frage im Raum, wer dieser Kerl war, doch es gab wichtigeres. So schnell Arran konnte, rannte er los. Er ließ Jacob und Cesco einfach zurück, als wären sie unwichtig. Nur so würden sie für Mortes wirklich so wirken. „Lass mich runter!" Rief ihm Naia endlich zu. Er wollte nicht, doch sie waren zu langsam. Das war auch ihm klar. Einige der Schützen pressten sich nun ihrerseits durch die Menge. Genau auf ihn zu. Vor ihm waren weitere vier, die mit gezogener Waffe direkt auf ihn zustürmten. Er huschte hinter einen Baum. „Bleib und schließ die Augen." Er hatte keine Wahl. Entweder die oder er und er bevorzugte die. Er konnte ein besserer Mensch werden, sobald er überlebt hatte. Er setzte Naia auf den Boden ab, dann sah er einen Schützen. Sie sollte es nicht sehen. Er hob eine Hand und hielt sie vor ihre Augen. Zog sie so ein Stück zurück. „Arran." Erklang ihre schwache Stimme und er schoss. Ein Schrei war zu hören. Der Kerl fiel im Laufen einfach um. Schrie auf vor Schmerz, weil er nun ein Loch in seinem Fuß hatte. Arran hätte auch anders zielen können. Er hatte im letzten Moment vom Herz auf das Bein gewechselt. Wegen ihr. Weitere Schüsse entweihten den Friedhof. Arran erwartete, das sie neben ihm in die Erde krachten. Doch jemand begann aufzuschreien. Er hielt Naia noch fester. Eine Hand über ihren Augen, schütze sie mit seinem Körper, während er um die Ecke blickte. Naia rührte sich nicht, doch zu seiner Überraschung fielen zwei der Mortes Tod um. „Rojo. Jetzt!" Rico. Arran zögerte keinen Moment. Er senkte die Hand und ergriff stattdessen ihre. Nur um los zu rennen und sie folgte ihm ohne Widerstand. Tatsächlich. Dort waren Rico und Leo am Eingang. Sie schossen in Richtung der Mortes. Kurz grinsten sie, als sie ihren Boss erkannten. „Es wimmelt hier von Mortes!" Rief ihm Rico zu und Arran hätte am liebsten bitter gelacht. Das war ihm nun auch schmerzlich klar geworden. Mortes im Herzen Sunburns. Im Gebiet der El Lirio. Er hatte sich zu sicher gefühlt. Doch was ihn wirklich beschäftigte war, das er instinktiv zu ihr gerannt war. Tausende Zeugen und mehrere Mortes hatten gesehen, wie er sie schützte und mit sich nahm. Er verstand Jacobs Hass. Ab jetzt war sie eine Zielscheibe. Eine Möglichkeit um dem sonst so unnahbaren Rojo zu Fall zu bringen. Mit nur einer unüberlegten Tat, hatte er sie tief in seine Welt gezogen, in der er sie niemals sehen wollte. Rico nickte mit dem Kopf in eine Richtung, dann schoss er ein letztes Mal, ehe er den Beiden folgte. Leo dicht hinter ihm. „Der Wagen!" Rief Rico laut. Sie hörten keine Schüsse und Arran kniff kurz misstrauisch die Augen zusammen. Warum hatte man nicht mehr auf sie geschossen? Die Frage erübrigte sich, als er die Tür aufriss. Er sprang regelrecht mit Naia hinein. Leo und Rico nahmen die beiden vorderen Plätze. „Festhalten!" Rief Rico über die Schulter, während Leo eine Waffe aus dem Fenster hielt. Der Wagen preschte mit quietschenden Reifen los und schoss durch den Vormittagsverkehr davon. Niemand folgte ihn und Leos Waffe blieb unbenutzt. Er zog sie zurück. „Was hattet ihr dort verloren?" Fragte Arran ernst, während sein Blick über die Schulter zurück glitt. Doch dort war niemand. Kein Wagen raste ihnen hinterher. Was ging hier vor sich? Für einen Moment war Ricos Lachen zu hören. „Du wirst es nicht glauben. Aber ich kann Zeitung lesen." Die Todesanzeige von Nana. Rico hatte es gelesen? Scheinbar hatte Naia recht. Er war leicht zu durchschauen, wenn man nur richtig hinsah. „Also wohin Boss?" Fragte Rico endlich. Arrans Gedanken überschlugen sich. Sollte er jetzt einfach direkt zum Bahnhof und das Weite suchen? Er konnte Naia hier nirgends in der Stadt verstecken. Er könnte sie nur mit zu El Lirio nehmen und dort wollte er sie nicht sehen. Seine Augen glitten zu ihr herüber und da sah er es. Sie hatte die Augen zusammen gekniffen und weinte stumm. Die Hand geballt. Er hatte Adrenalin verspürt, doch für sie muss es Todesangst gewesen sein. „Naia..." Fing er langsam an. Vergaß Rico einfach zu antworten. Naia war stark, doch auch ihre Stärke hatte Grenzen. Verloren schüttelte sie den Kopf, ehe sie ihr Gesicht in ihren Händen versteckte. „Naia. Bitte schau mich an." Er langte nach ihrer Hand, doch sie zog ihre Hand fort. Wich zurück. Eine Geste, die ihn erstarren ließ. Eine Geste, schlimmer als jeder Schuss. „Du.. wolltest ihn erschießen." Brachte sie leise hervor. Offenbarte, das sie es auch ohne zu sehen, gesehen hatte. Er hatte die Waffe nur wegen ihr zur Seite gezogen. Er hätte ihn erschossen. Rojo hätte getötet. Seine Hand schwebte ungenutzt in der Luft, während er überlegte was er sagen sollte. Sie hatte Angst vor ihm und seinen Entscheidungen. In diesem Moment verachtete er sich und doch war ein Teil in ihm erleichtert. Wenn er sie jetzt zum Bahnhof brachte. Würde sie in ihrem Ekel den Zug besteigen und von hier verschwinden? Ihm einfach den Rücken kehren? Er zog seine Hand endgültig zurück und sah zu Rico vor. Er konnte seine Augen im Rückspiegel sehen. Rico beobachtete ihn, während er irgendwelche Straßen entlang fuhr. „Fahr zum Bahn-" „Boss..." Fing Rico an und Arran sah sofort aus dem Fenster. Mehrere Motorräder schossen von hinten an. Begannen sie einzukreisen. Es waren nicht Mortes. Es waren Lirios. Einer von ihnen trug, verrückt wie er war, keinen Helm. Stattdessen grinste ihnen Brook ins Auto hinein, ehe er im Fahren sogar noch sein Handy hervorzog. Ein durchtrainierter Kerl mit graugefärbten Haaren. Die Motorräder hatten sie bereits ausgebremst und so hielt Brook ganz entspannt sein Telefon, während Arrans zu Klingeln begann. Mit einem Gefühl, als müsste er jetzt Säure trinken, zog er sein Telefon hervor. Er ließ Brook nicht aus den Augen. Drückte auf annehmen und hielt sich das Telefon ans Ohr. „Rojo mein Freund." Arran hätte fast gelacht. Brook und er, sie waren bei weitem keine Freunde. Er konnte diesen Kerl auf den Tod nicht ausstehen. Sie waren auf einer Seite, doch wo Arran als Rojo einfach nur kalt seine Befehle ausführte, da genoss Brook jeden einzelnen Tod. Er hatte es sogar einmal in der Hotelbar stolz verkündet. Er genoss das Töten. Er war süchtig danach. Wie ein verdammter Abhängiger wurde er ungehalten und launisch bis er endlich zu seinem nächsten Mord berufen wurde. Viele waren wie Brook. Wurden süchtig danach. Waren Stolz darauf. Redeten sich die Welt schön, das sie nur die Bösen töteten. Das sie auf der guten Seite waren. „Was willst du?" Antwortete Arran endlich kalt und mit monotoner Stimme. „Rojo, da komm ich dich abholen und so werde ich empfangen? Wer ist die süße Maus neben dir?" Brook drehte etwas den Kopf und versuchte Naias Gesicht zu sehen, doch Arran rückte ihm ins Sichtfeld. „Geht dich einen Scheiß an. Verpiss dich." Kurz war dort Brooks zufriedenes Lachen. „Rojo, verstehst du nicht? Ich bin im Auftrag Blancos hier. Er will das du endlich nach Hause kommst. Wir haben dich schon vermisst und er hat mich extra geschickt, damit du auch ja sicher ankommst." Für einen Moment vergaß Arran fast seinen kühlen Kopf, doch er unterdrückte den Impuls die Augen aufzureißen. Es gab viele Fragen, die Rojo hatte. Die Erste war, wie Brook ihn gefunden hatte. Doch er wusste das Brook ein genauso großes Arschloch, wie er selbst war. Wenn er Brook wäre, er hätte Rico verfolgt und genau das musste der Freak getan haben. Arran hatte kein gutes Gefühl bei der Sache. Er kannte die Welt der Kartelle genug um zu wissen, das Blanco nicht aus Freundschaft und Liebe nach ihm suchte. „Rico. Folge ihnen." Sprach er ruhig zu seinem Fahrer und legte einfach auf. Brook hatte es ja eh gehört. Es verschaffte Arran Zeit. Zeit, die er jetzt brauchte. Mit Mühe unterdrückte er den Drang zu Naia zu blicken. Er wollte nicht das Brook seine Gefühle für die Blonde sah. Das ging diesen Drecksack nichts an. Während Rico unter Begleitung der Motorräder wendete, dachte Arran scharf nach. Wie könnte er Naia hier raus kriegen? Sollte er einfach irgendwo halten und sie rauswerfen? Er hätte es getan, wenn nicht Mortes jetzt von ihr wüsste. Von ihr und ihm. Warum nur war er in seiner Sorge um sie zu ihr geeilt. Warum hatte er es nicht Jacob überlassen. Arran nutzte die Zeit, doch sie brachte ihm nichts. Er fand keine Lösung. Ohne den Hauch einer Ahnung was er jetzt tun sollte, fuhren sie immer weiter hinein in den Stadtkern. Das Hotel tauchte vor ihnen auf und Arran schluckte schwer. Das hier wurde immer mehr zu einem Alptraum und er hoffte, das er bald aufwachte, denn sonst, gingen ihm die Ideen aus.


Sein roter Himmel - Su Cielo RojoOnde histórias criam vida. Descubra agora