Kapitel 45.1

3 3 0
                                    

Arran hielt wirklich nicht viel von Brook. Doch eines musste er dem Grauhaarigen lassen. Er erledigte seine Aufgaben vorbildlich. Es hatte alles, was nützlich oder bedeutend war, mitgebracht. Von Bildern zu wichtigen Figuren bis hin zu jedem Kleidungsstück, das dieses Schwein wohl finden konnte. Allein das Brook ihre Unterwäsche angefasst hatte.. Doch es war alles da und schließlich stand er mit Rico und Leo in Naias Zimmer. Die letzten Kisten in den Händen. Sie hatten eine Zimmerecke mit den Kartons vollgestellt. Leo setzte als Letzter seine zu dem kleinen Haufen, dann standen er und Rico irgendwie unbeholfen ihm Raum herum. Arran öffnete den Mund, doch da stand Naia einfach vor Rico und Leo. „Rico. Wir haben uns lange nicht gesehen. Du hast dich wirklich verändert. Du siehst erwachsener aus." Sie musterte Rico von oben bis unten, ehe ihre Augen zu Leo glitten. „Und du musst Leo sein. Jacobs Bruder. Freut mich." Kurz schluckte Arran. Naia musste Leo von den Bildern in Jacobs Wohnung kennen. Sicher hatten sie darüber geredet. Doch er schob diesen Gedanken einfach von sich fort. „Naia.. ich..." Fing Rico an, doch Naia schüttelte den Kopf. Es war also nicht nur Arran unangenehm an die Vergangenheit und an alles was man zurückgelassen hatte, erinnert zu werden. „Ich bin froh, das ihr hier nicht alleine wart." Rico blickte verloren fort und Leo rieb sich den Hinterkopf. „Freut mich Naia." Sagte Leo leise. Er wirkte unbeholfen. So unbeholfen, das Naia kurz lächelte. Sie schien das Eis brechen zu wollen. „Es geht ihnen gut. Dank denen, die für Sunburn gekämpft haben." Rico und Leo richteten schlagartig ihre Blicke auf und starrten zu Naia. Ihre Augen weit geöffnet. Arran hätten diese Worte sicher auch getroffen, hätte er sie nicht in ähnlicher Form bereits gehört. So sah er stattdessen zu seinen Kumpels. Leo schien sich schneller zu sammeln. Kurz war er aufgelöst, doch dann nickte er. Rico dagegen ertrug diese sanften Worte nicht, als wusste auch er, das er sie nicht verdient hatte. „Naia! Nein.." Dann folgten Worte, die Arran so noch nie von Rico gehört hatte. „Wäre ich an diesem einen Abend nicht vorbei gekommen. Rojo. Er hätte sicher einen anderen Weg gewählt. Es tut mir leid Naia. Wenn ich gewusst hätte..." Rico senkte getroffen den Blick und schluckte schwer. Das waren Worte, die ihm schon lange auf dem Seele gebrannt hatten und die Arran, trotzdem noch nie gehört hatte. Es war doch seine eigene Entscheidung gewesen. Nicht Ricos. „Folgst du ihm deswegen? Du versuchst ihn zu beschützen. Rico. Du bist ein Idiot, aber du warst für Arran da. Deswegen. Danke." „Nein!" Rico riss den Kopf hoch und trat einen entschiedenen Schritt vor. „Naia das darfst du nicht sagen! Das.." -hatte er nicht verdient? Es klang für Arran so vertraut. Rico war also an Arrans Seite gekommen und ihm später als Untergebener gefolgt, weil er ihn beschützen wollte? Stimmte das wirklich? Wieso wusste er davon nichts? Ihre Fähigkeit war beängstigend. „Ich sage aber danke." Widersprach die Blonde Rico entschieden. Rico wirkte fast schon desorientiert als er sich umblickte. Nach Hilfe suchte um verachtet zu werden. Er fand Arrans Augen, doch dieser sah ihn noch immer überrascht an. „Es war allein meine Entscheidung." Sagte Arran plötzlich. Vielleicht stimmte es. Vielleicht hätte Arran einen anderen Weg gewählt, hätte er nicht mit Rico sondern mit Jacob geredet. Doch es wäre verlogen Rico dafür die Schuld zu geben, wenn die Entscheidung, ganz bei ihm alleine gelegen hatte. Er hatte Rico nie auch nur einen Moment die Schuld gegeben. Er wusste immer das es sein eigener Fehler war. Naia sah zu Arran herüber und lächelte sanft. „Ihr Drei seit euch sehr ähnlich. Sonst hättet ihr wohl nicht alle, die selbe dumme Entscheidung getroffen." Leo sah verlegen fort, Rico zu Boden und Arran schnaubte kurz ungläubig. Nicht nur, darüber wie sie die Dinge sah. Sondern auch was sie sah. Während sie bei Brook zurückgewichen war, ging sie dagegen auf Rico und Leo zu. Es bestärkte sein eigenes Gefühl. Brook, Rico, Leo und er selbst taten ähnliche Dinge, und doch waren sie noch nicht so verkommen wie Brook. Naia schien Rico und Leo genauso eine Chance geben zu wollen, wie sie es bei Rojo tat. Hatte er den richtigen Menschen sein Vertrauen in dieser scheiß Welt geschenkt? Naia wenigstens, schien davon überzeugt zu sein. Er vertraute ihrer Fähigkeit und ihrer Menschenkenntnis. Das hier war auch eine Chance. Er hatte vor ihr Teile von Rojo zu zeigen, doch er war nicht bereit dazu, sie alles sehen zu lassen. Sie hatte einmal gesehen wie er jemanden anschoss und war in Panik geraten. All das andere, würde sie anwidern. Er konnte sich einfach nicht vorstellen, das sie diesen Teil wirklich Lieben lernen würde. Das bedeutete es gab einiges, das er ihr nicht zeigen konnte und wollte. Und damit musste er sie nicht nur allein lassen, wenn er das Hotel verließ, sondern auch wenn er plante. Doch Naia hier ungeschützt zu lassen. Da konnte ein Bodyguard stehen wie er wollte. Arran traute ihm keinen Meter weit. Es war keiner seiner Männer. „Naia. Ich kann nicht immer hier sein, aber du wirst nicht allein sein. Entweder Rico oder Leo werden da sein." Er entschied ihrem und seinem Gefühl zu vertrauen und ehrlich vor Rico und Leo zu sein. Er klang deutlich bestimmender, als ohne seine Freunde. Naia blickte auf und zu Arran. Sie wirkte so unglaublich traurig. Ihre Augen sprachen bände. >Du willst ihn vor mir verstecken. Du vertraust mir nicht.< Dort lag etwas so enttäuschtes, das er am liebsten weggeblickt hätte, doch vor seinen Jungs war er zu stolz dafür. Er ertrug lieber den Blick. „Alles ist besser, als hier allein sein zu müssen." Sagte sie statt allem was sie sagen wollte. Signalisierte wenigstens, das sie nichts dagegen hatte. Arran nickte regelrecht erleichtert. „Boss." Leo sah auf. „Was das angeht. Es blieb einiges liegen und bald-" Leos Augen glitten zu Naia. „-steht wieder etwas an. Es darf nicht schief gehen." Arran nickte. Binnen Sekunden wurde sein Blick ernst. „Alles klar. Ich habe einiges verpasst. Es wird wohl Zeit, das ich mich damit beschäftigte." „Rojo." Warf Rico ein und alle Blicke richteten sich auf ihn. „Naia, wenn es ok ist, bin ich heute dein Gast. Ich denke, Leo kann Rojo da allein helfen. Was sagst du Rojo?" Arran musterte Rico und dann Naia. Würden sie in ein Nest müssen und es ausräuchern, er würde Rico ohne zu zögern sein Leben anvertrauen und damit seinen Rücken. Doch ihr Leben bedeutete ihm deutlich mehr als sein eigenes. Er zögerte, obwohl er gar keine Wahl hatte. Blanco hatte ihm gedroht. Er müsse sich auf seine Männer verlassen können. Anders gesagt. Rojo hatte seine Arbeit zu erledigen und das ging nicht, wenn er für immer in diesem Hotelzimmer blieb. „Naia?" Er sah zu ihr und sie nickte und lächelte. „Für mich ist das ok. Rico hat mir sicher viel zu erzählen." Sie grinste. >Über dich.< Es stand ihr breit ins Gesicht geschrieben. „Gut. Rico. Ich verlass mich auf dich." Er warf Rico einen finsteren Blick zu. Arran gab ihm keine Schuld an seiner eigenen dummen Entscheidung, doch wenn Naia etwas passierte, während er weg war. Er wäre zu allem bereit. „Und erzähl ihr nichts falsches." „Geht klar. Ich werde Rojos Cielo mit meinem Leben verteidigen." Rico hatte es gehört. Sicher hatte nicht nur jeder im Hotel, sondern auch jeder in der Stadt, davon gehört. Rojos Cielo. Sie begann eine ungewollte Berühmtheit zu werden. „Noch so ein Spruch und ich lass dich die Kisten nach abgelagerter Munition absuchen." Er warf Rico einen strengen Blick zu, dem etwas frechen anhaftete. Rico verstand. „Ok Leo. Gehn wir. Erklär mir das Gröbste auf dem Weg zu meinem Zimmer." „Nicht grad ein weiter weg." Erkannte Rico amüsiert und auch Rojo grinste kurz. „Wenigstens nicht so kurz wie dein verdammter Sch-" Sein Blick traf Naia und er schluckte den Begriff einfach herunter. „Es wäre ein Wunder, wenn Leo es in mehr als drei Sätzen berichtet." Fügte Arran einfach an, ehe er sich abwandte. „Du wolltest Schwanz sagen." Warf Naia einfach in den Raum. Arran erstarrte, Leo grinste entgegen seines Charakters und Rico schluckte um das Lachen zu unterdrücken. Arran redete schon eine ganze Weile so. Es gehörte einfach zu seinem Leben dazu. Gehörte zum Umgangston. Es war ihm nie peinlich. Jetzt in diesem Moment war es ihm peinlich. Eigentlich eher unangenehm. Er kam sich einfältig vor. Doch ihr Satz sagte ihm auch noch etwas anderes. Sie wollte noch immer Rojo kennen lernen. So wie er nun wirklich war und er hatte sich vorgenommen ihr wenigstens einen Teil zu zeigen. Sein ursprüngliches >Bis später< um es zu überspielen, schluckte er herunter, wie Rico sein Lachen. Er überlegte ernsthaft, ob er ihr zuwarf was er einem Fremden sagen würde, wenn er sowas hören würde. >Misch dich noch einmal ein und du lernst mich kennen.< Doch das brachte er nicht über sich. Er wollte so nicht mit ihr sprechen und so wählte er einen Satz, den er Rico geantwortet hätte. Er sah auf und genau in ihre Augen. „Und du es wohl hören. Hast dus nötig? Ich kann ihn dir heute Nacht zeigen." Ihre Gesichtsfarbe wechselte in einem Wimpernschlag auf knallrot. Scheinbar hatte sie damit nicht gerechnet. Sicher hatte sie solche Sätze schon oft auf der Straße gehört, doch von ihm? Sie sahen sich zuletzt mit 16. Damals hatte er sich für was besseres gehalten und bei dem Gerede der Fußballclique nicht mitgeredet. Erst recht nicht mit Naia. Sie hatten sich höchstens über die Dauer im Bad oder der besetzte Fernseher gestritten und so wie Arran Jacob kannte, war er auch nicht der Typ für solche Sprüche. Dann lernte er, das nicht nur er keine 16 Jahre mehr war. Das sie die letzten Tage verängstigt und traurig war, doch auch sie hatte sich verändert. Etwas, das er nicht in Betracht gezogen hatte, bis sie den Mund öffnete. „Das traust du dich gar nicht." Sie sah ihn entschlossen an. Auch sie hatte sich verändert. Etwas, das ihre Bilder nicht gezeigt hatten. Er konnte dem Impuls nicht widerstehen. Mit wenigen Schritten war er vor ihr. Baute sich regelrecht vor ihr auf und grinste finster. „Du wärst überrascht, was ich mich alles traue." Er raunte es halb. Berührte mit seinen Fingern ihr Kinn und hob es an. Kaum das er sie berührte, pochte sein Herz und er sah wie sich ihre Pupillen weiteten und ihr Atem flacher wurde. Sie schluckte. Es waren nicht die Worte. Es war die Art, wie er es gesagt hatte. Das tiefe in seiner Stimme. Er wusste welche Wirkung er erzielte, wenn er wollte. Doch es war seltsam zu sehen, das sie darauf reagierte. „Leo, wir gehen." Damit wandte sich einfach ab und lief los. Das hatte er gar nicht erreichen wollen. Oder doch? Vielleicht war er ja noch 16. Denn er reagierte auf sein pochendes Herz noch immer, wie ein verdammter Feigling.


Sein roter Himmel - Su Cielo RojoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt