Kapitel 7

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Tatsächlich. Arran blieb den ganzen Tag über lieb. Er half fleißig mit. Redete nett mit den Patienten des Heimes. Räumte eigenständig Müll weg. Es war, als lagen Welten zwischen dem wütenden Arran in der Schule und dem aufmerksamen Arran hier ihm Heim. Doch es war ein und dieselbe Person. Als es endlich Abend wurde und er mit seiner Mam das Heim verließ, blickte er auf. Summer spürte den Blick. Lächelte nur und Arran schluckte seinen ungeduldigen Kommentar herunter. Würden sie im Cafe halten? Er hatte sich doch Mühe gegeben! „Mam.." Fing er langsam an und sie blickte mit ihren blauen Augen endlich zu ihm herunter. „Weißt du Arran. Du hast das heute super gemacht. Wir halten am Cafe." Seine Augen wurden riesig, ehe er auch schon loseilte. „Na los Mam. Damit wir den Bus noch erwischen!" Sie rückte ihre Tasche zurecht, ehe sie ihm folgte. Kurz glitten ihre Augen über die Umgebung und fast instinktiv tat Arran das selbe. Eigentlich war es noch hell und die Straßen gut gefüllt. Als Weißhäutige in solch einer Gegend konnte man nicht vorsichtig genug sein. Doch es schien sicher und so gesellten sie sich zur restlichen Meute an die Bushaltestelle. Es war der selbe Bus, mit der selben Temperatur, dem selben Geruch und der selben Fülle, doch diesmal störte es Arran nicht. Stattdessen grinste er. Freute sich. Drückte sich aus der Menge wieder heraus und durch die noch immer warmen Gassen. Sie hatten gerade Sommer und es würde erst spät dunkel werden. So sah er noch immer viele Menschen, die ihres eigenen Weges gingen. Kinder, die zusammen spielten. „Arran, jetzt renn doch nicht so." Hörte Arran seine Mutter und wurde langsamer. Er war die Straße fast entlanggeeilt und endlich sah er den großen Platz und die Plastikstühle. Er blickte über die Schulter und sah das Lächeln seiner Mutter. „Schon gut. Lauf." Das war das Startsignal und schon war er fort. Huschte zu der Eingangstür. Die Tür stand weit offen und als er eintrat, empfing ihn der Geruch von Kuchen und er hörte die Schwätzchen der Leute. Menschen, die im Kaffee rührten und über den neuesten Klatsch und Tratsch erzählten. Seine Augen suchten den Tisch ab, an dem sie das letzte Mal gemalt hatten, doch Naia war nicht zu sehen. Stattdessen erklang eine überraschte Stimme. „Mi Nino!" Er sah hoch und Nana blickte über den Tresen hinweg zu ihm herunter. Schenkte ihm ein aufrichtiges Lächeln. „Na Mi Nino? Naia war besorgt. Du warst nicht in der Escola. Aber scheint, als es geht es dir muy bueno! Sehr gut." Wieder streiften Arrans Augen das Cafe, als blonde Haare hinter dem Tresen zum Vorschein kamen. Einen Teller mit Kuchen in den Händen. „Arran!" Rief sie laut und strahlte breit. „Warte kurz!" Sie eilte zu einem Platz und reichte jemandem den Kuchen, der sich herzlich bedankte, dann eilte sie zu Arran und nahm beide seiner Hände in ihre. „Geht es dir gut?" Hinter Arran trat Summer ein, doch sie mischte sich nicht ein. Stattdessen gesellte sie sich an den Tresen und lächelte. „Hey Josefa. Einen Kaffee?" „Aber natürlich!" Das die beiden Frauen sich ein warmes Lächeln zuwarfen, das sahen die beiden Kinder nicht. Sie sahen nur einander an. „Natürlich gehts mir gut. Ich durfte nur nicht in die Schule! Und du? Wie war es allein in der Schule?" Kurz blickte Naia zu Boden, dann lächelte sie schief. „Du musst bald wieder kommen." „Das werd ich. Dann lass dich solange nicht hänseln. Sonst verklopp ich die anderen." „Aber dann darfst du wieder nicht kommen!" Erkannte Naia traurig und Arran verzog das Gesicht. „Darauf hab ich auch keine Lust. Ich musste mit ins Altersheim. Da stinkts..." Naia ließ eine Hand von Arran los, nur um ihn mit sich zu ‚ihrem' Tisch zu ziehen und Arran ließ es einfach zu. Es begann schon zur Gewohnheit zu werden, obwohl sie sich kaum kannten. „Ist das weit weg?" Fragte Naia endlich, als sie ihren Platz erreichten. Innerlich ging Arran den Weg wieder entlang. „Wir müssen mit dem Bus fahren. Das mag ich auch nicht. Da stinkts auch." Naia lachte. „Bei dir stinkts überall." „Ja kann ich doch nichts dafür, wenn es überall stinkt." „Na hier stinkts nicht!" Sagte Naia bestimmt und Arran sah sich um. „Stimmt. Hier riechts gut." Sie grinsten sich zu, als Naia ein Spielbrett hervorzog. „Schau Mal. Das hat mir Cesco geschenkt." „Mensch ärger dich nicht!" Erkannte Arran laut. „Du kennst es?" „Ja klar! Cool. Ich wollte heute eh nicht malen!" Naia sah sehr glücklich aus, als sie auch die Figuren hervorzog. Sie waren in einer kleinen abgegriffenen Tüte, von der die Oberfläche bereits völlig zerknittert war. „Dann spielen wir das?" Fragte das blonde Kind und der rothaarige Junge nickte eifrig. „Sag mal Naia. Magst du Fußball?" Fragte Arran überraschend und Naia sah verwirrt auf, weil sie eigentlich gerade konzentriert die Figuren aufgestellt hatte. „Fußball? Was ist denn mit Fußball?" „Naja magst du es?" „Ich weiß nicht. Ich hab es nie gespielt. Muss man es nicht ausprobieren um zu wissen, ob man was mag?" Arran beobachtete, wie Naia weiter die Figuren aufstellte. Sie war schon fast fertig während ihre Worte noch durch seinen Kopf geisterten. „Jemand hat gefragt, ob ich Fußball spielen will." Plötzlich blickte Naia auf und ihre Augen wurden groß. „Dann musst du es probieren!" Arran war von der Reaktion völlig überrumpelt. „Und warum?" „Na, da spielen auch andere Kinder. Dann findest du mehr Freunde!" Arran zog eine Schnutte. „Wir sind doch schon Freunde." „Ja, aber dann werden wir mehr. Cesco redet oft vom Fußball und das er ihn schaut. Dann schau ich euch zu! Dann find ich auch mehr Freunde." Wieder war Arran imponiert. Davon wie leicht und optimistisch Naia die Welt sah. „Wer ist eigentlich Cesco?" Fragte Arran ausweichend, weil er nicht wusste, ob er diese Freude teilen wollte. Naia nahm ihm das nicht krumm. Sie hob ihre Hand und deutete auf einen schlanken, älteren Herrn. Er trug eine Schiebermütze in einem braungrauen, groben Stoff und ein ebenfalls altes, braungraues Hemd. Arran musterte den Mann neugierig und dieser hatte sie wohl gehört. Denn er hob die Hand um seine Mütze anzuheben. Entblößte dabei seine Halbglatze und trotzdem strahlte er breit. „Angenehm." Arran war das so unangenehm, das er wieder zu Naia blickte ohne was zu sagen. Cesco lachte nur und Naia störte sich auch daran nicht. „Cesco ist jeden Tag hier. Er ist wie Nana Rentner und spielt hier oft Karten. Er hat mir das Spiel geschenkt." Erklärte sie in aller Ruhe und schließlich blickte Arran doch noch einmal zu dem alten Mann. „Danke." Cesco hob noch einmal die Mütze. „Aber gerne doch. Habt viel Spaß damit." „Haben wir!" Rief Naia überzeugt und Arran wandte sich einfach wieder seiner Freundin zu. „Warum kommst du nicht mit?" Fragte Arran plötzlich, als Naia ihm den Würfel reichte. „Wohin?" „Na zum Fußball Training." Naia sah Arran so auffordernd an, das er würfelte und genervt zischte. Keine 6. „Das geht nicht." Es war ein so kurzer Satz, in dem etwas sehr trauriges steckte. So traurig, das Arran aufblickte und in ebenfalls traurige Augen blickte. „Bei dem Unfall meiner Eltern, war ich mit im Auto. Meine Lunge wurde verletzt. Ich darf keinen Sport machen." Arran sackte einfach die Kinnlade herunter. „Warte so gar nicht?" „Erstmal nicht." Sagte die Blonde kleinlaut und löste den Blick um aufs Spielbrett zu blicken. „Meine Lunge verheilt, aber es dauert noch etwas." Stille. Eine seltsame Schwere lag in der Luft und mit einem Mal kamen Arran die Gespräch unerträglich laut vor. Unpassend. Hatten sie alle nicht Naias trauriges Schicksal gehört? „Und der Sportunterricht?" Fragte Arran plötzlich. Er sah auf, aber Naia nicht. „Ich darf nicht teilnehmen." Es war eine so tragische Geschichte, denn Arran sah es Naia an. Sie würde zu gerne. Sie würde gern ins Fußball oder in den Sportunterricht gehen und so Freunde finden. Es gäbe so vieles, das Erwachsene in so einer Situation gefragt hätten. Die alles genauer gewusst haben wollen würden. Doch Kinder waren anders. Plötzlich griff Arran vor und berührte Naias Hand. „Ich gehe für uns Beide in das Fußballtraining. Du begleitest mich und feuerst mich an. Und dann finden wir dort zusammen neue Freunde!" Sagte er bestimmt und endlich blickte Naia auf. „Wirklich?" Sie wirkte noch immer traurig, doch seine Worte schenkten ihr trotzdem ein Lächeln. „Ja! Ich rede mit meiner Mama damit sie es erlaubt! Und du mit Nana damit sie erlaubt, das du mitkommst! Und dann gehen wir zusammen Fußball spielen!" Arran konnte regelrecht beobachten wie Naias Augen sich mit Tränen füllten, ehe sie wild nickte. Obwohl eine Träne über ihre Wangen lief, lächelte sie. Waren das Tränen der Freude? „Und du bist dran!" Erkannte er nun und Naia nickte erneut. Er ließ ihre Hand los und sie wischte sich die Tränen aus dem Gesicht nur um direkt zu Würfeln. Sie spielten weiterhin Mensch ärger dich nicht. Doch das war nur Nebensächlichkeit. In Wirklichkeit planten sie, wie cool das Fußball werden würde. Was sie alles erleben würden. Alberten herum.

Sein roter Himmel - Su Cielo RojoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt