Kapitel 54

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Nach orientierungslosem Warten hielt der Transporter, der ihn fortgeschafft hatte. Man öffnete die Türen und zerrte ihn auf die Beine. Dann die Ladefläche herunter. Er hatte Mühe das Gleichgewicht dabei nicht zu verlieren. Man schleifte ihn Gänge entlang, ohne auch nur daran zu denken ihm den Sack vom Kopf zu nehmen. Er spürte Waffen im Rücken, doch er hätte sich auch ohne diese nicht gewehrt. Plötzlich stoppten sie. „Ist er sauber?" Fragte jemand vor ihnen. „Ja." Mehr hörte er nicht, dann zog man wieder an ihm. Er hörte, wie sich eine Tür öffnete und dann eine Stimme, die sein Herz höher schlagen ließ. „Arran!" Erklang Naias besorgte Stimme. Jemand erlöste Arran endlich von dem Sack auf seinem Kopf. Alles was er sah, war erst einmal blendendes Licht und dann einen riesigen Sicherheitsraum. Es wirkte wie ein Verhör des FBI. Nur größer. Dort war ein länglicher Tisch. Auf der einen Seite saß ein Mann, den Arran nur ein einziges Mal gesehen hatte. Er besaß eine Glatze und braune Augen. Dazu trug er einen teuren grauen Anzug. Diesmal versteckte er seine Augen nicht hinter einer Sonnenbrille. Der Mann vom Friedhof. Naias Onkel. Naia, saß auf einem Stuhl ihm gegenüber. Man hatte sie nicht festgebunden, doch eine Waffe auf sie gerichtet. Ihr Kopf war zu ihm gedreht. In ihren Augen waren Tränen. Er versuchte sanft dreinzublicken. Ihr ohne Worte zu sagen, das alles gut werden würde. Während man ihn zu einem Stuhl stieß und darauf niederzwang, betrachtete er die Wachen. In einer Ecke stand Azul mit verschränkten Armen und lächelte zufrieden. Arran musste die Zähne zusammenbeißen. Er wollte diesen Kerl qualvoll töten, doch dazu waren ihm eindeutig die Hände gebunden. Noch zusätzlich wurde er an dem Stuhl fixiert. Als ob das irgendetwas an seinem Verhalten ändern würde. Sein Blick streifte zu einer Frau in einer anderen Ecke. Auch sie hatte Arran bereits kennen gelernt. Scheinbar hatte sie seinen Anschlag am Friedhof überlebt. Ihr Kopf war noch immer in Verbände gehüllt, doch sie wirkte recht gesund. Ihr Gesicht wurde sofort hasserfüllt und sie unterdrückte ganz offensichtlich den Impuls ihn ihrerseits mit voller Wucht gegen eine Wand zu schmettern. „Ah da haben wir ihn ja. Rojo. Schön das du hergefunden hast. Ich bin Tomás und für heute dein Gastgeber." Es waren wenige Worte und schon hatte Arran das Gefühl niemand anderem als Blanco gegenüber zu sitzen und doch war es ein völlig fremder Mann. Er musste ein Anführer sein. Er musste der jemand sein, der Blanco so gut kannte. Mortes Anführer und jemand, der einst Teil von Las Floras war. Tomás. >Die Freude kann ich nicht teilen.< Der Satz lag Arran auf der Zunge, doch hier ging es nicht allein um ihn. Hier ging es auch um Naia und ein frecher Spruch könnte sie in Gefahr bringen. Mehr als sie eh schon war. „Was wollt ihr?" Fragte er also direkt und Tomás lächelte kurz. „So kalt und berechnend wie erwartet. Du hast nicht übertrieben Azul." Für einen Moment drehte Mortes Boss Arran den Hinterkopf zu, als dieser zu Azul blickte. Dort war eine alte Narbe an seinem Kopf. Eine Schusswunde. Der Mann hatte einen Schuss in seinen Hinterkopf überlebt. Langsam weiteten sich Arrans Augen und wanderten zu Naia. Sie hatte eine Schusswunde nahe ihres Herzens. Waren es nicht Leos Worte gewesen? Die Anführer von La Rosa und El Tulipán waren erschossen worden. „Er hat es bemerkt, Boss." Erkannte Azul, der Arran nicht aus den Augen ließ. Der Glatzkopf löste seine Augen von Azul und sah wieder zu Arran. „Ah die Narbe. Nicht wahr?" Er wirkte freundlich. Fast väterlich und damit genau wie Blanco. Sie waren sich so ähnlich. Gefährlich ähnlich. So ähnlich, das Arran besorgt schluckte und sofort von Naia wegsah. Es war zu spät. Der Mann stand auf und lief langsam um den Tisch herum. Trat zu Naia und diesmal konnte Arran sich nicht zurückhalten. Er zuckte um zu Naia zu gehen, doch er fand einfach nur die einengenden Ketten und Waffe richteten sich auf ihn, während Tomás Naia eine Hand auf die Schulter legte. Naia zuckte sofort zusammen. Wich instinktiv ein Stück zurück. Der Mann wirkte fast getroffen. „Celestia. Wir haben Rojo hier. Wie wäre es, wenn du endlich mit mir redest?" Sie hatte geschwiegen? Hatte sie versucht ihn zu schützen? Nichts zu verraten was ihn, was Rojo, gefährden könnte. Aber Celestia? Verwechselte der Mann Naia? „Rede mit ihm. Es ist ok." Brachte Arran sanft von sich. Eine Waffe drückte sich an seine Schläfe. Arran schluckte, doch es wurde nicht geschossen. Tomás sah auf und wedelte mit seiner Hand. Sofort verschwand die Waffe von Arrans Kopf. Naia sah auf und langsam zu Arran herüber. Ihr Blick brach Arran das Herz. Sie hatte all das hier nicht verdient. Konnten sie ihn nicht einfach erschießen und sie in Ruhe lassen? „Er hat Recht. Rede mit mir. Ich habe nicht vor dir wehzutun Celestia." „Ich heiße Naia." Damit brach Naia ihr Schweigen. Arrans Herz blieb stehen, doch der Glatzkopf lächelte fast schon verständnisvoll. „Ist es das, was meine Mutter dir erzählt hat?" Er schüttelte den Kopf und lief langsam zu seinem Platz zurück. Er schien zu verstehen, das er so Naia zu sehr bedrängte. „Sag mir – Naia -" Er betonte das Wort, als wäre es für ihn nicht mehr als ein schlechter Witz. „Wusstest du das ich eine Nichte habe?" Fing er an und sein Blick wirkte seltsam fern. „Ihr Name ist Celestia. Das bedeutet himmlisch oder himmelsblau." Nicht nur Naias Augen weiteten sich langsam. Auch Arrans. Himmelsblau? Cielo. Himmel. „Vor 18 Jahren war sie gerade 5, als mein Bruder und ich verraten wurden. Als sie uns die Auftragsmörder schickten, war ich allein, doch Marco war es nicht." Kurz wirkte sein Blick liebevoll und dann hasserfüllt. „Sie töteten nicht nur meinen Bruder, sondern löschten seine gesamte Familie aus. Holly, seine schöne Frau und ihre 5 jährige Tochter Celestia. Schüsse ins Herz. Als ich wieder zu mir kam, fand ich nicht mehr als ihre Grabsteine. Sag mir – Naia - hast du eine Narbe nahe deines Herzens?" Schweigen. Arran schluckte schwer. Das konnte nur ein dummer Traum oder Scherz sein. Naia hatte eine Schusswunde. Wer wusste das besser als Arran. Er hatte sie so oft gesehen. Beim Baden am Fluss, beim rumalbern als Kinder. Dieser Mann stellte die Frage nicht, um Antworten zu finden, sondern um seinen Standpunkt zu beweisen. Er kannte die Antworten. Woher, wusste wohl nur er. Würde er es offenbaren? Was ging hier vor sich? Jetzt wünschte sich Arran, er hätte die Zeitungsartikel gelesen. Sicher hätten sie mehr von dem erklärt, was hier gerade vor sich ging. „Ich fand nicht nur ihre Gräber. Auch meine Mutter – Josefa – war beerdigt worden. Mit einem Schlag war ich meiner geliebten Familie beraubt. Und dann, so wollte es Dios, so wollte es Gott. Fand einer meiner Männer ein Bild auf Instagram. Ein Bild meiner Mutter. Josefa, wie sie lächelnd mit einer blonden jungen Frau Arm in Arm in die Kamera blickte. Meine Mutter, die ich für Tod geglaubt hatte." Für einen Moment schwieg er. Wirkte getroffen als erinnerte er sich an diesen Schock zurück. Der Moment, wenn man glaubte von Geistern eingeholt zu werden. Doch weder Naia noch Arran reagierten und so kehrte er aus seinem Schmierentheater zurück, als hätte er es nie versucht. „Und ich war überrascht. Vor allem als ich die junge Frau sah. Blonde Haare und das in Milestone. Wusstet ihr, das Celestia blond ist. Sie hat ihr blondes Haar von Holly geerbt." Er blickte Naia an, als wollte er beweisen, das sie blond war. Als würde das alles beweisen, doch was bewies es? Es konnte alles eine Lüge sein. Eine, die er warum auch immer aufbaute. Was könnte er sich davon erhoffen? Wollte er Naias Vertrauen? Wollte er diese Celestia in Naia sehen? „Ihr könnt euch vorstellen, das ich das nicht glauben konnte. Ich musste das mit meinen eigenen Augen sehen. Also ging ich zu dem Cafe und ich traf Josefa. Versteckt tief im Gebiet von El Lirio. Ich muss gestehen, das war ein gerissener Schachzug von ihr." Nana. Wie nur hatte Arran das vergessen können? Ihre Worte damals bestätigten im Grunde alles, was dieser Kerl von sich gab. Es schien sich in ein Bild zu fügen, das nur eine Frage übrig ließ. Josefa hatte verhindern wollen, das Naia ihren Onkel traf. Warum. Zum ersten Mal sah Naia auf und dort waren Tränen in ihren Augen. „Das hat sie umgebracht." Arran war sprachlos, auch ohne die ganze Situation. Er hatte Naia noch nie jemanden so anklagen gehört. Nicht einmal ihn selbst, weil er sie in all das hineingezogen hatte. Oder die Schüler in ihrer Klasse, die sie unfair behandelten, weil sie weiß war. >Das hat sie umgebracht.< Es schwang so klar in den Worten mit. >Du hast sie umgebracht.< Im Grunde wäre Naia nie bei El Lirio gelandet, wäre dieser Mann nicht bei ihr aufgetaucht. Arran war überrascht, wie stark Naia wirkte. Bei Blanco war sie völlig verstummt. Hier wagte sie es etwas zu sagen. Was sah Naia in Tomás? War er wirklich weniger verdorben? Arran bezweifelte das. Dazu hatte er zu sehr das Gefühl als säße er Blanco gegenüber. „Auch ich bin deswegen untröstlich. Da finde ich meine Mutter und dann-" Tomás schluckte und schüttelte den Kopf, dann wanderten seine Augen langsam zu Arran. Dort lag etwas gefährliches in dem Braun. Es jagte eine Gänsehaut über Arrans Körper. Seine Nackenhaare stellten sich auf. Nein Tomás war nicht besser als Blanco. Naia schien nur überzeugt zu sein, das dieser Kerl ihr nichts tat und Arran wusste, es würde ihm nicht gefallen warum. „-stirbt sie und als ich ihr meine Ehre erweisen wollte, wird ihre Beerdigung zerstört und die letzte Überlebende meiner Familie nach El Lirio geschleift." Tomás löste sich wieder von seinem Platz und lief langsam zu Arran heran. Als er Arran erreichte, starrte er einige Augenblicke wie ein Raubtier zu ihm hinab, ehe er in Arrans rotes Haar griff und ihm den Kopf in den Nacken zog. „Rojo." Tomás begann zu flüstern und seine Augen verengten sich, während Arran die Faust ballte. Es würde ihm nichts nützen, doch er hatte nicht vor seinen Kopf wegzuziehen. Er konnte sich nicht wehren. Weder physisch noch psychisch. „Ich habe mehr als einen Grund um dich umzubringen. Eine Farbe El Lirios. Die entweihte Beerdigung. Shiras Kopfverletzung." Shira. Hieß so die Frau, die er gegen die Wand geschleudert hatte? „Und Rojos Cielo. Ein Himmel sollte strahlend blau sein und einen von Freiheit träumen lassen und nicht rot gefärbt den Untergang der Sonne verkünden." Tomás Griff in Arrans Haare wurde immer fester, als wollte er ihm den Kopf abreißen. Arran spürte, wie sein Nacken kurz davor war überdehnt zu werden. Ein falscher Zug und sein Nacken war Geschichte. Trotzdem löste er den Blickkontakt nicht. Er fühlte sich für vieles schuldig, aber diesen Himmel rot zu färben. Dafür würde er niemals Schuld empfinden. Arran überlegte etwas bissiges zu antworten, doch er fürchtete sich davor vor Naia getötet zu werden. Nicht das es ihn um sich selbst ging. Er wollte nicht das sie es sehen musste. Doch wieder einmal bewies sie ihm, das sie stärker war, als er es jemals sein konnte. Obwohl all die Waffen hier waren, fand sie den Mut aufzustehen. Sie trat mit Überzeugung vor und griff nach Tomás Hand. Tomás löste den Blick von Arran und sah überrascht zu Naia. So überrascht, wie es Arran war. Man konnte das Zittern ihres Körpers sehen, Tomás musste es fühlen, trotzdem öffnete sich ihren Mund. Und das obwohl mehrere der Wachen vortraten und auf sie zielten. „Arran.. Rojo.. Er ist meine Familie." Diese Worte lagen im Raum und Arran schluckte. So sehr er sich über diese Worte freute desto mehr fürchtete er sich davor. Davor was sie in Tomás bewirken würden. Tatsächlich war Tomás still. Löste die angespannte Situation nicht auf. „Ich bin deine Familie Celestia. Er ist ein Ungeziefer, das dich beschmutzt. Unserer Familie nicht würdig ist." Naia ließ noch immer nicht die Hand des Mannes los. Zitterte noch immer. Ihr Blick wirkte so unsicher und genau das ließ sie so stark wirken. Sie tat es, obwohl sie fürchterliche Angst davor hatte. „Soy su cielo rojo." Sagte sie auf spanisch und mit Überzeugung. Ich bin sein roter Himmel. Das war sie. Mit jedem Wort mehr. „Deswegen hast du ihn herbringen lassen." Sie hielt Tomás Blick stand, bis er plötzlich Arrans Haare losließ. Im selben Moment ließ auch Naia seine Hand los und trat zurück. Ein ganzer Raum voll Menschen entspannten sich und die Waffen auf Naia senkten sich. Zu Arrans Überraschung begann Tomás zu Lächeln. „Ich heiße deine Entscheidung nicht gut Celestia. Aber du bist ihm wirklich ähnlich." Auf ihren verwirrten Blick wandte er sich ab. Die Augen auf die Vergangenheit gerichtet. „Deinem Vater Celestia. Auch für ihn gab es nichts wichtigeres als die Familie, die er sich selbst gewählt hatte. Schau wohin es ihn geführt hat." Tomás schüttelte den Kopf, ehe er sich wieder an seinen Platz setzte. Er hob die Hände und stützte sie auf dem Tisch ab um über seine verschränkten Finger hinweg zu blicken. „Und das führt mich zu meiner wichtigsten Frage. Wie ähnlich bist du ihm, meine liebe Nichte." Kurz blickte er zu Azul. Dieser löste sich endlich von seinem Platz in der Ecke. Lief einfach um den Tisch herum und zu Arran heran nur um ihm wieder den Kopf zurückzuziehen. Doch er brach Arran nicht das Genick. Er setzte ein Messer an seinem Hals an. Arran konnte bereits die kühle Klinge fühlen. Dort war kein Platz mehr zwischen seiner Haut und dem Metall. In den Augenwinkeln sah er, wie Naia bleich wurde. Arran versuchte ihr zuzulächeln. Ihr die Angst zu nehmen. Alles war ok, war es was in seinem Kopf flüsterte. „Früher, war es, als blicktest du jedem in die Seele. Und auch hier wirkst du, als weißt du, ob du reden kannst. Celestia." Tomás ließ seine Nichte nicht aus den Augen, während Naia ihren Blick von Arran nicht lösen konnte. „Wenn du es noch immer kannst. Wenn du deinem Vater ähnlich bist, dann wirst du wissen, das ich es ernst meine und wenn Rojo dir etwas bedeutet, dann solltest du beten, das ich deine Antwort glaube. Hast du sie nicht, verliert Rojo jeden Wert für mich." Er verlor seinen Wert? Arrans Augen weiteten sich langsam. Er war nicht hier um verhört zu werden? Er war hier um für Naia ein Druckmittel zu sein? Warum? Warum kamen sie hier her, nur um wieder benutzt zu werden. Nur anders herum. Arran konnte nur eines hoffen. Lüg Naia. Sag es ihm nicht. Lass sie mich töten. „Naia-" Begann Arran, doch er stoppte als ein Schmerz an seinem Hals ansetzte. Ein Schmerz, als würde man sich die Hand am Papier aufschneiden. Leicht und ertragbar, aber gleichzeitig unangenehm. „Kscchh Rojo. Du bist lieber ruhig." Wütend auf die Welt und auf sich, biss Arran die Zähne zusammen, während er zu Naia sah. Sie nicht aus den Augen ließ, als würde das irgendetwas ändern. Sie schluckte. Knetete ihre Finger, ehe sie aufblickte und zu Tomás sah. „Ich habe eine gute Menschenkenntnis." Brachte sie endlich über die Lippen. Arran wusste, das war eine Untertreibung. Tomás nickte langsam, als hatte er gar nichts anderes erwartet. „Eine gute Menschenkenntnis, mh? Beweise es mir." Beweise mir deinen Wert, schwang in Tomás Worten mit. „Nur dann, werde ich ihn verschonen." Fügte Tomás noch hinzu, während sich in Naias Augen Tränen bildeten. „TUS NIC-" Versuchte Arran verzweifelt, doch Azul hielt ihm einfach den Mund zu. Zog seinen Kopf weiter nach hinten, bis seine Sehnen schmerzten. Naia drehte langsam den Blick. Sie sah direkt in Arrans Augen, als suchte sie dort die Kraft. Arran hatte nicht Naias Menschenkenntnis und doch sah er, wie sie sich selbst aufgab und schließlich vortrat. Vortrat um ihre unwürdige Familie zu retten. Um ihn zu retten. Arran ertrug es nicht und wollte die Augen schließen, doch er tat es nicht. Zwang sich dazu zuzusehen. Wenigstens das sollte er tun. Naias Augen wanderten durch den Raum. Sie beobachtete jeden einzelnen, ehe ihre Augen an Azul hängen blieben. Sie schien etwas in ihm zu sehen. Langsam trat sie näher mit einem Blick voll Weltschmerz. „Du lächelst, doch du bist nicht glücklich." Brachte sie endlich hervor. „Du willst Arran in Schmerzen sehen, weil er etwas hat, das du nicht hast." Azuls Lachen war zu hören. „Was sollte das sein, mh?" „Eine Familie?" Fragte Naia, doch Azul lachte weiter. „Ist das alles, was du ihn mir siehst?" „Du weichst dem Thema aus." Erkannte Naia. „Du wurdest von deiner Familie im Stich gelassen, nicht wahr? Ich habe dich bei Blanco gesehen." Ihr Blick glitt fort, als sie an den Moment zurück dachte. „Deine Augen klebten an Blanco. Ist er die Familie, die dich im Stich gelassen hat?" Ihre Augen wanderten zu Azul zurück, während das Messer sich ein unauffälliges Stückchen tiefer in Arrans Hals drückte. Er spürte bereits wie etwas nasses an seiner Haut hinab glitt. „Er hat dich kaum beachtet." Sprach sie weiter. „Er hat dich gleichgültig, wie die anderen Farben, behandelt. Er weiß nicht, das du sein Sohn bist. Hat dich nicht erkannt. Das du bei Mortes bist und ihn hintergehst, ist deine Rache." Arran spürte, wie Azul ihm fester den Mund zudrückte, als wollte er ihn zerquetschen. Das Lachen war verschwunden. „Deine Mutter-" Begann Naia und plötzlich ließ Azul Arran los und trat auf Naia zu. Das Messer auf sie gerichtet, als wollte er sie erdolchen. Sie hatte einen Nerv bei dem blauhaarigen Mann getroffen. Es war Shira, die vorsprang und Azul zurück hielt. „Du hast keine Ahnung!" Brüllte Azul aufgebracht. „Du wirst sie nicht erwähnen!" Brummte er wütend. Fast schon hasserfüllt. Naia sah Azul an, während Tränen ihre Wangen hinabglitten. Sie hatte nichts davon gewollt, doch noch immer hatte Tomás sie nicht aufgehalten. Ihr nicht gesagt, das es genug war. „Mein Beileid Azul. Du hast sie geliebt." Azul verlor endgültig seine Gleichgültigkeit. Er wollte das Messer werfen, doch Shira bekam seine Hand zu fassen. Zwei weitere kamen ihr zur Hilfe. Mit vollem Körpereinsatz und all ihrer Kraft zerrten sie den Blauhaarigen aus dem Raum. Erst als die Tür ins Schloss fiel und von Azul nichts mehr zu hören war, klatschte Tomás in seine Hände. „Sehr gut. Das war fabelhaft. Einfach fabelhaft. Du bist es. Ohne jeden Zweifel. Du hast sein Talent." Er nickte, während Naia sich verloren auf ihren Stuhl setzte. Die Augen schloss und tief ein und ausatmete. Arran wollte zu ihr. Doch der Stuhl und die Fesseln hielten ihn noch immer zurück. Das hier hatten sie immer verhindern wollen. Sie hatten immer gewollt das Naias Talent ein Geheimnis blieb. Naia hatte es nur ihm gegenüber erwähnt. Sicher wusste es auch Nana und nach dieser Vorstellung begriff Arran endlich das Offensichtliche. Genau davor hatte Nana Angst. Darum hatte sie ihre Enkelin regelrecht entführt und versteckt. Es hatte nur ein Bild gebraucht. Ein unbedachtes Bild in dem Moment, wenn man nach Jahren unvorsichtig wird und Naia war gefunden worden. Durch vermutlich den einen Menschen, der sie nicht finden durfte. Jetzt hatte er sie und alles was er brauchte, um sie unter Kontrolle zu halten.


Sein roter Himmel - Su Cielo RojoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt