Kapitel 48.1

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War die Stimmung in diesem Raum davor schon angespannt, so war sie jetzt zum zerreißen gespannt. Sie wurde noch zermürbender, als auch der Bodyguard auf Brook zielte. Selbst Arran war klar, das er Brook damit in eine gefährliche Ecke trieb. Dem Kerl war alles zuzutrauen. „Ich habs bis jetzt nicht erzählt. Ich tus auch weiter nicht. Solange du dich von ihr fern hältst." Zähflüssige Sekunden glitten dahin. Erst jetzt begriff Arran, das jemand die Musik ausgemacht hatte. Nur noch das Ticken einer Uhr war übriggeblieben. Keiner rührte sich bis Brook seine Waffe sinken ließ. „Das war ein Fehler Rojo." Flüsterte der Grauhaarige mit bedrohlichen schwarzen Augen, als wäre seine Seele nur noch ein schwarzer Abgrund. „Ein großer Fehler. Sei nur eine Minute unachtsam und ich werde dich töten. Dich und dann sie. Ganz langsam und qualvoll. Wenn sie dich dann in der Hölle wiederfindet, wird sie nicht nur Angst vor dir haben. Sie wird dich hassen für alles was sie wegen dir ertragen musste." Mit diesen Worten steckte er seine Waffe zurück in den Gürtel und wandte sich ab. Auch Arran und der Bodyguard ließen ihre Waffen sinken. Arran atmete fast schon erleichtert aus, doch er unterdrückte den Impuls um seine Schwäche zu verstecken. Das war ein gefährliches Spiel, doch er wusste das Brook Naia nicht im Hotel angreifen würde. Nein er würde sie erst versuchen zu töten, wenn Arran gestorben war und sie keinen Wert mehr für Blanco hatte. Brook war wahnsinnig, aber nicht dumm. Nicht so dumm. Langsam steckte auch Arran seine Waffe weg. „Barkeeper. Einen Gintonic." Sagte Arran voller Ruhe und beendete damit die nervenzerreibende Situation. Er beendete damit für sie alle den Moment. Sagte, wenn niemand scheiße baute, war es jetzt erstmal vorbei. Plötzlich erklang die Musik wieder. Jemand schlug seinen Kö auf eine Billardkugel. Gläser wurden gehoben und getrunken. Es war eine angespannte Situation gewesen, doch sie war vorbei und bis auf Naia, war jeder hier drin sowas gewöhnt. Es war vorbei. Man machte weiter. So lief das hier. Auch zwei Putzfrauen huschten im Hintergrund in den Raum und begannen den Blutfleck wegzuwischen, während Arran sich an die Bar setzte. Wie von Zauberhand hatte ihm jemand den Platz freigemacht. Leo setzte sich auf den Platz neben ihm. Auch Rico löste sich aus der Meute. Selbst der Bodyguard stellte sich gleichgültig wieder neben die Tür um den Raum zu überblicken. Einzig Naia stand noch verloren im Raum herum. Arran konnte sie durch die verspiegelte Wand des Barbereiches sehen. Sie wirkte als hätte man ihr gerade das Leben ausgehaucht. Ihre Hand zitterte leicht. Ihr Gesicht war kreidebleich. Fast unscheinbar ballten sich ihre Hände. Sie war nicht bereit dazu gewesen. Arran hatte es gewusst. Kurz schloss er die Augen. Es war zu viel gewesen. Er hatte ihr zu viel gezeigt. „Ich heiße Naia!" Sagte sie unerwartet und Arran öffnete wieder seine Augen. Sah durch den Spiegel, wie eine völlig verunsicherte Person mit fest geballten Händen dastand und kurz vor einem Weinkrampf in die Menge blickte. „Nicht Cielo. Nicht für euch." Sie schluckte. Noch immer zitterte sie leicht. Die Kerle sahen verwirrt herum. Sahen von einem zum anderen, als suchten sie ein Beispiel, wie sie reagieren sollten. Naia nahm ihnen die Entscheidung ab. Sie wirbelte herum und lief mit stampfenden Schritten zur Bar. Den selben Schritten, wie sie sich alleine auf den Gang wagen wollte. Ihre eigene Angst bekämpfend. Die Angst vor ihm. Sie hob sogar den Blick und blickte in den Spiegel hinein, als wusste sie wie er sie beobachtete. Ihre Augen trafen sich und er sah die pure Panik darin. Trotzdem setzte sie sich auf den Platz neben ihm. Rico setzte sich einfach zu ihr. „Einen Tequila!" Brachte sie hastig hervor. Es stand kaum Arrans Gin Tonic, da tauchte der Shot vor Naia auf. Als wollte sie all ihre Sorgen einfach wegschütten, exte sie den Shot weg, stellte das Glas wieder auf den Tisch und schob es dem Barkeeper zu. „Noch einen!" Der Mann warf erst Arran einen unauffälligen Blick zu, doch als dieser nicht reagierte, schenkte er der Blonden nach. Das wiederholte sie fast fünf Mal. Arran nahm es stumm zur Kenntnis. So schwer es ihm fiel. So sehr es ihm das Herz brach. Er durfte hier nicht reagieren. Wenn er Schwäche zeigte, wenn jemand glaubte die Situation ausnutzen zu können. Wenn er durch eine Unachtsamkeit fiel, dann war das auch ihr Todesurteil. Es war diese Gewissheit, die ihn Naias Angst vor ihm ertragen ließ. Lieber sollte sie ihn hassen, als zu sterben. Angst vor ihm haben. Man sollte Angst vor ihm haben. Er war nicht grundlos auf diesem Posten gelandet. Mit einem Schlag wirbelte Naia auf ihrem Barhocker herum. Rutschte vorsichtig davon herab und lief in die Menge hinein. Der Bodyguard an der Tür zuckte in Richtung seiner Waffe. Auch Arran hob den Blick. Sah seine Männer mit Entschiedenheit an. Sie machten ihr Platz und sie zielte genau auf den Billardtisch. „Darf ich... nein ich meine.. Ich will eine Runde mitspielen." Sie lallte leicht. Doch sie stand überraschend gerade. Die Jungs sahen einander an, ehe jemand ihr einfach den Kö überließ und zurücktrat. Sie stoppten einfach ihr laufendes Match und bauten die Kugeln neu auf. „Danke.. Glaub ich." Sagte sie, ehe sie mit ihrem Kö bewaffnet vor das Kugeldreieck Stellung bezog. Arran beobachtete alles aus den Augenwinkeln, während er an seinem Gin Tonic nippte. Er sah, wie sich ihre Backe nach ihnen wölbte und er kannte sie noch immer gut genug um zu wissen warum. Sie biss sich von ihnen auf die Wange. Es war der Schmerz, der ihr half trotz ihrer Angst und allem was sie beschäftigte, den Kö anzusetzen und die weiße Kugel zu spielen. Es war ein lautes Geräusch, ehe die Kugeln in alle Himmelsrichtungen davonschossen. Es war eine Halbe, die ins Loch fiel und kurz grinste Naia. „Halb sind meine." Mit jedem Satz begann sie etwas sicherer zu klingen. Sie überblickte konzentriert die Kugeln, ehe sie zufrieden in eine Richtung los lief. Als alle ihr sofort aus dem Weg gingen, sah sie verwirrt auf. Wirkte überfordert, doch dann nickte sie unnützerweise. „Danke." Und lief weiter. Und wieder. Wieder war er von ihr beeindruckt. Genauso, wie er sich vor dem Moment fürchtete, wenn sie diese Bar verlassen würden. Naia. Wie würde sie reagieren, wenn sie alleine waren. Wollte sie ihn überhaupt noch in ihrem Zimmer haben? Würde sie sich mehr vor ihm fürchten, als vor der Einsamkeit? Leise nippte er an seinem Gin Tonic, während die Vorstellung ihn zu erdrücken begann.

Sein roter Himmel - Su Cielo RojoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt